15.01.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 150 / Tagesordnungspunkt 19

Stefan HeckCDU/CSU - Umsetzung der Verwertungsgesellschaften-Richtlinie

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Dieses Video ist in Deutschland nicht verfügbar, da es möglicherweise Musik enthält, für die die erforderlichen Musikrechte von der GEMA nicht eingeräumt wurden.

Diesen Satz kennt wohl – Herr Kollege Petzold, auch Sie haben es angesprochen – jeder YouTube-Nutzer. Vielleicht haben auch Sie sich schon einmal darüber geärgert, dass, wenn Sie ein solches Video aufgerufen hatten, ein schwarzer Bildschirm mit einem traurigen roten Gesicht erschien. Das macht deutlich, dass Urheberrecht zwar manchmal, aber nicht immer Spaß macht. Vor allem ist es verwirrend, dass manche Inhalte zwar in einigen Ländern verfügbar sind, in anderen wiederum nicht.

Herr Minister, Sie haben es gesagt: Mit dem neuen Verwertungsgesellschaftengesetz lösen wir das alte Urheberrechtswahrnehmungsgesetz ab, das diesen Rechtsbereich über viele Jahrzehnte geregelt hat. Wir ändern aber nicht nur den Namen. Wir lösen auch eine ganze Reihe von Rechtsproblemen, die in der Vergangenheit aufgetreten sind, insbesondere das der länderübergreifenden Rechtewahrnehmung. Wir setzen die Vorgaben der EU-Richtlinie um. Was uns ganz wichtig ist: Wir behalten dabei das hohe Urheberrechtsniveau in der Bundesrepublik Deutschland bei, auf das wir zu Recht stolz sein können, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Urheberrecht, das sich schon begrifflich von dem englischen Copyright unterscheidet, stellt die wirtschaftliche Grundlage kreativen Schaffens dar. Es entspringt dem Eigentumsrecht und dem Persönlichkeitsrecht des Urhebers. Er selbst steht im Mittelpunkt. Er selbst entscheidet darüber, was mit dem von ihm geschaffenen Werk am Ende geschieht. Die Verwertungsgesellschaften, die im Mittelpunkt dieses Gesetzentwurfes stehen, unterstützen den kreativen Urheber, der nicht selten damit überfordert ist, seine Rechte selbst wahrzunehmen und durchzusetzen. Diese Aufgabe der Verwertungsgesellschaften kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Deswegen ist das Urheberrecht das Recht auf Eigentum im digitalen Zeitalter.

Auch das ist schon angesprochen worden: Bei der gesamten Diskussion um das Urheberrecht in Deutschland, aber auch in Europa kommt den Verlagen eine ganz wichtige Rolle zu. Sie unterstützen den Urheber in seiner Arbeit. Sie haben eine wichtige Aufgabe bei der Auswahl, Bearbeitung und Betreuung von Werken. Dass es in Deutschland ein so hohes Publikationsniveau gibt, ist am Ende ein gemeinsames Verdienst von Urhebern auf der einen und Verlagen auf der anderen Seite.

Ich glaube, wir alle, die wir uns mit dem Urheberrecht beschäftigen, haben in den letzten Wochen und Monaten sehr aufmerksam die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu diesem Thema verfolgt; auch das ist schon angesprochen worden. Das Urteil in der Rechtssache Reprobel hat deutsche Verlage in eine schwierige und teilweise existenzbedrohende Situation gebracht. Deswegen, finde ich, sollten wir heute das Signal senden: Wir lassen es nicht zu, dass die deutsche Verlagslandschaft von der europäischen Rechtsprechung quasi im Handstreich zerstört wird.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Harmonisierung des hohen Urheberrechtsstandards auf EU-Ebene hat für die Urheber, aber auch für die Nutzer sehr große Vorteile. Künftig gelten EU-weit die gleichen Spielregeln. Für den gesamten EU-Raum wird nun die Möglichkeit bestehen, grenzübergreifende Lizenzen zu erhalten. Die Einholung von 27 Lizenzen der Verwertungsgesellschaften aus 27 Mitgliedstaaten wird künftig der Vergangenheit angehören. Das wird hoffentlich auch dazu führen, dass Sie bei YouTube den eingangs erwähnten Satz „Dieses Video ist in Ihrem Land nicht verfügbar“ auf Ihrem Bildschirm künftig nicht mehr so häufig lesen müssen.

Für die Urheber bietet sich ein weiterer Vorteil. Es gibt nämlich einen größeren Wettbewerb bei den Verwertungsgesellschaften. Ihnen wird es ermöglicht, Verwertungsgesellschaften in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit der Wahrnehmung ihrer Rechte zu beauftragen.

Aber wir bleiben als Koalition nicht bei dem stehen, was uns der europäische Normgeber vorgegeben hat. Wir haben uns im Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, die kollektive Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften zu stärken und die Aufsicht darüber künftig noch effektiver zu gestalten. Dabei möchte ich ein Pro­blem ansprechen, das uns alle beschäftigt hat und das auch zu vielen Diskussionen geführt hat.

Es ist ein gravierendes Problem in der urheberrechtlichen Praxis, dass das Verfahren zur Festsetzung der sogenannten Privatkopievergütung im Moment viel zu lange dauert. Es gibt für Vervielfältigungsgeräte und für Speichermedien in weiten Teilen bislang keine wirksamen Gesamtverträge. Das führt dazu, dass es auch keinerlei Zahlungen seitens der Vergütungsschuldner an die Kreativen und die Urheber gibt. Dadurch haben sich ganz beträchtliche Vergütungsrückstände gebildet. Das ist für die Rechteinhaber mit erheblichen Belastungen verbunden. Es besteht zudem ein zunehmendes Risiko, dass die aufgelaufenen Ansprüche am Ende nicht mehr realisierbar sind.

Hier besteht dringender Verbesserungsbedarf. Deshalb haben wir in der Koalition verabredet, dass die Verhandlungen und Streitigkeiten über die Höhe der Privatkopievergütung künftig noch einfacher und effizienter gestaltet werden sollen.

Zur Sicherung der Vergütungsansprüche im laufenden Verhandlungsverfahren schaffen wir eine Hinterlegungspflicht. Verwertungsgesellschaften können künftig von Vergütungsschuldnern Sicherheitsleistungen verlangen, wenn noch keine Klarheit über den Tarif herrscht.

Wir wollen dabei aber auch die Gerätehersteller nicht unangemessen benachteiligen. Deshalb sieht der Gesetzentwurf vor, dass am Ende die Schiedsstelle als neutrale Instanz über die Höhe des zu hinterlegenden Beitrages entscheidet.

Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetzentwurf soll die Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften transparenter und der Erwerb der Lizenzen künftig einfacher werden – ein weiterer Schritt, um das Urheberrecht für das 21. Jahrhundert und die digitale Welt fitzumachen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Das Wort hat die Kollegin Renate Künast für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6424108
Wahlperiode 18
Sitzung 150
Tagesordnungspunkt Umsetzung der Verwertungsgesellschaften-Richtlinie
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