15.01.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 150 / Tagesordnungspunkt 19

Christian FlisekSPD - Umsetzung der Verwertungsgesellschaften-Richtlinie

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht heute um Verwertungsgesellschaften; das ist mittlerweile klar. Herr Petzold, Sie haben es angesprochen: Was auf Anhieb etwas sperrig klingt, stellt in Wirklichkeit eine große gesetzgeberische Zäsur dar, und zwar eine Zäsur in sehr positivem Sinne. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat die Richtlinienumsetzung zum Anlass genommen, das Recht der Verwertungsgesellschaften komplett neu aufzustellen. Man muss sich nur vor Augen führen, dass das derzeitige Wahrnehmungsgesetz über 50 Jahre gegolten hat, um zu ermessen, wie lange uns wahrscheinlich auch das neue Gesetz begleiten wird.

Es ist kein Geheimnis, dass das Recht der Verwertungsgesellschaften selbst für Juristen, die sich intensiv mit dem Urheberrecht beschäftigen, eine besondere Materie ist, in der sich nur wenige Spezialisten bewegen. Die Existenz der Verwertungsgesellschaften im Verborgenen steht aber in keinem Verhältnis zur ökonomischen Bedeutung der Verwertungsgesellschaften für die Kulturschaffenden und die Kreativwirtschaft in unsrem Land. Zwei Zahlen mögen dies verdeutlichen: Die GEMA als die vielleicht in der Öffentlichkeit bekannteste deutsche Verwertungsgesellschaft verwaltet jedes Jahr treuhänderisch Erlöse über knapp 900 Millionen Euro. Insgesamt verwalten die 13 deutschen Verwertungsgesellschaften als Treuhänder Einnahmen von über 1,3 Milliarden Euro. Damit sind Verwertungsgesellschaften eine wesentliche Säule der kulturellen und kreativen Landschaft in Deutschland, und das – darauf wurde schon hingewiesen –, obwohl sie in der öffentlichen Meinung nicht unbedingt das beste Image haben. Aber das sollte nicht dazu führen, dass wir in parlamentarischen Debatten stereotype Vorurteile bedienen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Verwertungsgesellschaften arbeiten nicht gewinnorientiert. Ihre Einnahmen verwalten sie als Treuhänder. Diese werden an die berechtigten Urheber und Rechteinhaber ausgeschüttet. Diese verlässlichen Ausschüttungen sind für viele Kreative der gerechte Lohn für ihre Arbeit. Diese Ausschüttungen sind wesentlicher Teil der Existenzgrundlage vieler Urheber, und sie sind damit eine wesentliche ökonomische Grundlage für das Kulturschaffen in Deutschland. Verwertungsgesellschaften bündeln Rechte und erleichtern damit den Kreativen, die wirtschaftlichen Früchte ihrer Arbeit zu ernten. Sie tragen aber auch ganz wesentlich dazu bei, dass Verwerter wie beispielsweise Radiosender Rechte effizient und rechtssicher einkaufen können. Um es auf den Punkt zu bringen: Effiziente und gesellschaftlich breit akzeptierte Verwertungsgesellschaften sind unverzichtbar.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Genauso unverzichtbar ist ein verlässlicher und klarer Rechtsrahmen für die Arbeit der Verwertungsgesellschaften. In Zeiten der Digitalisierung und Internationalisierung muss dieser Rechtsrahmen auch wettbewerbsfähig sein. Verwertungsgesellschaften benötigen nicht nur ein attraktives Rechteportfolio, sondern auch faire Wettbewerbsbedingungen. Dafür haben wir als Gesetzgeber zu sorgen, und wir werden es mit diesem Gesetzentwurf auch tun.

Dieser Gesetzentwurf markiert aber auch das Ende der urheberrechtlichen Lethargie in der deutschen Politik.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Urheberrechtspolitik dieser Koalition besteht nicht aus vollmundigen und im Ergebnis ergebnislosen Berliner Reden zum Urheberrecht, sondern sie setzt handwerklich sauber das Urheberrechtsprogramm der Legislaturperiode, das angekündigt wurde, um.

(Beifall bei der SPD)

Das ist ein gutes Signal für die Urheber, die Verwerter und auch für die Nutzer in diesem Land.

Meine Damen und Herren, der Minister hat die Details des Entwurfs bereits vorgestellt. Lassen Sie mich noch zwei Anmerkungen hierzu machen. Dieser Entwurf enthält auch wesentliche Regelungen zur Erhebung und Verteilung derjenigen Gelder, die unter dem Stichwort „Privatkopievergütung“ die urheberrechtlich sensibilisierten Gemüter in der Vergangenheit erregt haben. Auch jetzt kursieren schon wieder zahlreiche Gutachten zu der Frage, was an diesen Regelungen vielleicht verfassungswidrig sein könnte und was nicht.

Ich möchte betonen, dass es uns als SPD in dieser Frage um einen fairen Interessenausgleich geht. Wenn klar ist, dass ein Vergütungsanspruch zu zahlen ist, jedoch keine Einigkeit über die Höhe besteht, dann muss einerseits das Insolvenzrisiko der Zahlungsverpflichteten abgesichert werden, und andererseits muss verhindert werden, dass unnötig Liquidität aus den Unternehmen herausgezogen wird. Wir haben dies im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens deutlich gemacht, und ich persönlich finde, dass der nunmehr vorgeschlagene Weg der Sicherheitsleistung, auch wenn diese nicht kostenlos zu haben ist, hier eine faire Kompromisslinie darstellt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Eine zweite Anmerkung möchte ich machen. Wir werden – es ist bereits erwähnt worden – aus Anlass der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Fall Reprobel und der anstehenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Fall Vogel beobachten müssen, welche Konsequenzen dies für die betroffenen Verwertungsgesellschaften einerseits und insbesondere für die Verlagslandschaft in Deutschland andererseits haben kann. Wir stehen hier für einen konstruktiven Dialog auf nationaler und europäischer Ebene bereit, aber wir werden jetzt erst einmal die höchstrichterliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs abwarten. Das gebietet auch der Respekt vor der Judikative.

Meine Damen und Herren, ich möchte mich zum Schluss bei Herrn Bundesjustizminister Heiko Maas und auch bei seinem Hause für diesen ausgewogenen, komplexen und handwerklich guten Entwurf bedanken. 2016 wird mit Sicherheit das Urheberrechtsjahr dieser Legislaturperiode werden. Es beginnt mit einem großen Wurf zum Recht der Verwertungsgesellschaften.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Marco Wanderwitz für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6424175
Wahlperiode 18
Sitzung 150
Tagesordnungspunkt Umsetzung der Verwertungsgesellschaften-Richtlinie
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