27.01.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 151 / Zusatzpunkt 1

Antje LeziusCDU/CSU - Aktuelle Stunde

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dieser Aktuellen Stunde reden wir über die jüngsten Studien zur Vermögensverteilung. Die Organisation Oxfam – sie wurde ja schon häufig genannt – hat beispielsweise mit ihrer neuesten Studie viel Aufmerksamkeit erregt. Was in solchen Berichten gemessen wird, ist die Verteilung von Einkommen, aber nicht von Armut.

Eine gerechte Welt ohne Armut: Wer wollte das nicht, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen? Laut Statistischem Bundesamt sind diejenigen in Deutschland von Armut bedroht, die mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der gesamten Bevölkerung auskommen müssen. Die Hilfsorganisation World Vision definiert den Begriff der Armut auf drei Arten: Die absolute Armut ist existenzbedrohend; weltweit sind 1,2 Milliarden Menschen betroffen, weil sie nicht in der Lage sind, ihre lebenswichtigen Grundbedürfnisse zu decken. In Deutschland haben wir es im Regelfall mit den beiden anderen Arten der Armut zu tun. Neben der gefühlten Armut, die sich einstellt, wenn sich Menschen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation diskriminiert fühlen, bezeichnet die relative Armut eine Unterversorgung an materiellen und immateriellen Gütern im Vergleich zum Wohlstand der jeweiligen Gesellschaft, in der sie leben. Wir müssen diese Arten der Armut voneinander unterscheiden, um den Betroffenen gerecht zu werden und angemessen helfen zu können.

Wir haben das große Glück, in Deutschland ein funktionierendes soziales Sicherungssystem zu haben, das garantiert, dass niemand lebensbedrohlicher Armut ausgesetzt ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch in Deutschland sterben Obdachlose!)

Darüber hinaus haben wir eines der besten Gesundheitssysteme der Welt, das die Heilung von Krankheit eben nicht von der individuellen finanziellen Lage abhängig macht.

(Widerspruch bei der LINKEN – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Asylbewerber!)

Darauf können wir stolz sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Unterversorgung kann allerdings auch emotional gegeben sein oder aus kultureller Armut bzw. Bildungsarmut bestehen. Hier ergeben sich Ansatzpunkte, wie wir die am meisten von Armut Betroffenen – Alleinerziehende, Kinder oder Langzeitarbeitslose; das wurde schon angesprochen – erreichen können.

Die beste Armutsbekämpfung ist die Bekämpfung ungleicher Chancen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Alleinerziehende Frauen sind zum Beispiel auf Einkommen angewiesen. Aber auch Frauen mit Partnern und Kindern arbeiten zu 40 Prozent wegen der familiären Verpflichtungen nicht. Hieran müssen wir arbeiten; hier sind Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie entscheidend. Hierzu zählen nicht nur Maßnahmen zur Kinderbetreuung, sondern auch die Arbeitszeitflexibilisierung. Durch den demografischen Wandel wird sich auch die Arbeitswelt verändern. Mit dem Dialog „Arbeiten 4.0“ werden wir in diesem Jahr gemeinsam mit dem BMAS auf politischer Ebene die Leitplanken setzen, um die Rahmenbedingungen für weiterhin gute Arbeit zu schaffen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zur Debatte über Armut und die Bekämpfung von Armut gehört aber auch die Debatte über Reichtum. Das Bild, das die Kolleginnen und Kollegen von den Linken in uns wachrufen wollen, ist das des milliardenschweren Konzernchefs. Darüber werden häufig diejenigen vergessen, die mit ihrer Leistungsbereitschaft und ihrem Unternehmergeist den Wohlstand unseres Landes zu einem großen Teil miterwirtschaften.

(Beifall bei der CDU/CSU – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun auch die Beschäftigten!)

Hierbei handelt es sich nicht um den sprichwörtlichen Krösus mit Konten in den Steuerparadiesen dieser Welt, sondern häufig um mittelständische Unternehmen, die 99,6 Prozent aller privatwirtschaftlichen Unternehmen in Deutschland ausmachen und 59,4 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in diesem Land schaffen. Ohne Arbeitsplätze auch kein Einkommen!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und der Wohlstand dieses Landes hängen außerdem entscheidend von gut ausgebildeten Arbeitnehmern ab. So ist Bildung nicht nur von zentraler Bedeutung, um durch Erwerbstätigkeit Armut zu durchbrechen, sondern auch der Stellenwert von Bildung an sich ist nicht zu unterschätzen; denn je mehr Bildung vorhanden ist, desto mehr sind Menschen in der Lage, für sich selbst zu sorgen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ehrliche, verantwortungsbewusste Politik ist das Gegenteil von Sozialfolklore. Sie kümmert sich um die Menschen, die Hilfe benötigen. In unserer Gesellschaft ist der Begriff der Solidarität mit dem Schwächeren keine Worthülse. Ich glaube, in diesen Tagen können wir das auch daran sehen, was die Kanzlerin alles leistet.

Wir haben das Leitbild der sozialen Marktwirtschaft. Wir setzen darauf, Wettbewerb und wirtschaftliche Leistung mit sozialem Ausgleich und ökonomischer und sozialer Teilhabe zu verbinden. Wir bieten keinen all­umfassenden und allversorgenden Staat, aber Hilfe zur Selbsthilfe für mündige Bürger.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Als Nächster hat der Kollege Ralf Kapschack, SPD-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6475748
Wahlperiode 18
Sitzung 151
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde
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