Jan-Marco LuczakCDU/CSU - Mietpreisentwicklung
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf zunächst einmal um Nachsicht dafür bitten, dass ich leider ganz unmittelbar nach meiner Rede das Plenum wieder verlassen muss.
(Ulli Nissen [SPD]: Na, na, na!)
Legen Sie mir das bitte nicht als mangelnden Respekt vor dem Hohen Haus oder vor Ihnen aus. Sie alle kennen das: In einer Sitzungswoche gibt es manchmal seit langem feststehende Termine, die dringend wahrgenommen werden müssen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lassen Sie einfach die ganze Rede ausfallen! Wie wäre das?)
Ich bedauere das ganz besonders, weil es hier um das Mietrecht geht. Beim Mietrecht gibt es immer besonders spannende Diskussionen, besonders emotionale Debatten, die auch ich selber mit großer Leidenschaft und mit viel Herzblut führe. Besonders emotional sind diese Debatten meistens dann, wenn es um Anträge der Linken geht.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Weil sie gut sind!)
Ich kann jedenfalls für mich sagen: Mein Blutdruck steigt da meistens, und mein Puls fängt an zu rasen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht aber schnell!)
Das liegt aber nicht daran, dass sie so gut sind, Frau Kollegin Lay, sondern daran, dass so viel Ideologie und so viel wirtschaftlicher Unverstand in einen Antrag gepresst werden. Es verwundert mich immer wieder, dass das gelingt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
So ist es auch bei diesem Antrag. Es ist ein Schaufensterantrag, mit dem die Linke wieder einmal versucht, die Vermieter in die Rolle der bösen Kapitalisten zu drängen, die hemmungslos und ohne Rücksicht nach Profit gieren und ihre Mieter ausbeuten. Zugleich versuchen Sie, die Koalition so darzustellen, als ob wir diese Sorgen und Nöte von Mietern nicht ernst nehmen würden, und Sie fordern uns zu einer sozialen Mietrechtsnovelle auf.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das Erste ist vielleicht Tatsache, Herr Luczak!)
Beides, meine sehr verehrten Kollegen von den Linken, ist grundfalsch. Mit dieser Schwarz-Weiß-Malerei – hier der Vermieter, da der Mieter – werden Sie der Komplexität des Wohnungsmarktes und auch der vielen Herausforderungen, die sich dort stellen, in keiner Weise gerecht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Caren Lay [DIE LINKE]: Der Klassenstandpunkt!)
Natürlich ist es so, dass es bei den Mieten Exzesse gibt, und natürlich gibt es auch Fälle, in denen Mieter von rücksichtslosen Vermietern aus der Wohnung gedrängt werden. Hier ist völlig klar – das ist unbestritten; darüber besteht völliger Konsens –, dass Politik handeln muss und dass Mieter in so einem Fall geschützt werden müssen. Wir als Union wissen sehr genau, dass das Mietrecht an dieser Stelle sozial ausgewogen gestaltet werden muss. Darauf haben wir in der Vergangenheit immer sehr großen Wert gelegt. Das werden wir auch dieses Mal tun. Um uns daran zu erinnern, brauchen wir aber nicht die Linken als pseudosoziales Gewissen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Diese Ausgewogenheit ist so prägend für das Mietrecht; dennoch lassen Sie sie in Ihren Anträgen wieder einmal völlig vermissen. Gerade die privaten Kleinvermieter vernachlässigen Sie in Ihren Anträgen völlig.
(Beifall der Abg. Dr. Sabine Sütterlin-Waack [CDU/CSU])
Man hat immer den Eindruck, sie würden nach und nach rechtlos gestellt. Sie vernachlässigen in Ihren Anträgen auch, dass die übergroße Mehrheit der Mietverhältnisse völlig reibungslos funktioniert, dass dort fair miteinander umgegangen wird. Deswegen kann es doch nicht darum gehen, Vermieter und Mieter gegeneinander auszuspielen, sondern man muss die berechtigten Interessen von beiden in den Blick nehmen und miteinander in Einklang bringen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Wie gesagt, Sie lassen diese Ausgewogenheit in Ihren Anträgen völlig vermissen. Denn was schlagen Sie uns vor? Sie haben es ja gerade dargestellt: die Absenkung der Modernisierungsumlage von 11 auf 5 Prozent. In Ihrer Begründung klingt es so an, als ob Modernisierungen vermieterseitig massenhaft missbraucht würden, um Bestandsmieter zur Kündigung zu nötigen.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Das ist doch auch so!)
– Natürlich. Es gibt diese Fälle. Sie haben gerade ein Beispiel aus Berlin genannt, Frau Lay. Ich bin selber Berliner Abgeordneter. Ich kenne diese Fälle.
Aber so zu tun, als ob das ein massenhaftes Phänomen sei, ohne dafür konkrete Zahlen zu benennen, das wird dem Ernst der Sache nicht gerecht. Ebenso wird dem Ernst der Sache nicht gerecht, wenn Sie hier pauschale Vorwürfe an Vermieter richten, dass sie Mieter sogar nötigen, dass sie also eine Straftat begehen. Das ist absolut fehl am Platz.
Klar ist: Wir müssen Missbrauch verhindern, und es darf auch kein „Herausmodernisieren“ von Mietern geben. Genau das ist auch Inhalt des Koalitionsvertrages. Wir haben uns als Koalition dazu verpflichtet, hierzu etwas vorzulegen.
Wenn wir hier von Modernisierungen reden, dann ist genauso klar: Das Ziel und die Funktion von § 559 BGB, nämlich Anreize für Modernisierungen zu schaffen, dürfen wir selbstverständlich nicht konterkarieren; vielmehr müssen die Vorschriften, die wir zum Schutz der Mieter brauchen, immer so ausgestaltet sein, dass Investitionen in den Neubau, in den altersgerechten Umbau und in die energetische Sanierung nicht verhindert werden. Das muss unverrückbarer Grundsatz aller Regelungen sein, die wir hier miteinander angehen. Darauf werden wir als Union ganz besonders achten. Das gilt nicht nur für die Anträge der Linken, sondern auch für das schon angesprochene Grundlinienpapier des BMJV.
Selbstverständlich ist es so, dass wir diese Investitionen nicht verhindern dürfen und dass wir bezahlbaren Wohnraum brauchen. Das muss miteinander in Einklang gebracht werden. Das wird immer so abstrakt dahergesagt. Das kann man gar nicht richtig einordnen. Ich mache es mal am Beispiel des altersgerechten Umbaus deutlich.
Sie müssen sich das ganz konkret vorstellen: Viele ältere Menschen – wir leben in einer älter werdenden Gesellschaft – müssen irgendwann ihre Wohnung verlassen, weil kein Fahrstuhl da ist oder weil sie das Bad nicht mehr benutzen können. Es ist für einen alten Menschen eine ganz gravierende Situation, wenn das gewohnte Lebensumfeld verlassen werden muss, wenn man die Nachbarn, mit denen man vielleicht schon Jahrzehnte zusammengelebt hat, nicht mehr hat.
Deswegen ist der altersgerechte Umbau
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wo machen Sie den denn?)
nicht irgendetwas Abstraktes. Wir müssen dafür sorgen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen so sind, dass tatsächlich in altersgerechten Umbau investiert werden kann; denn wir als Union wollen, dass ältere Menschen möglichst lange in ihrer angestammten Wohnung bleiben können.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Deswegen brauchen wir die richtigen Rahmenbedingungen.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Das Gesetz müssen wir ändern!)
Jetzt rufen Sie als Linke natürlich wieder nach dem Staat: Wir müssen hier Milliardensummen in die Hand nehmen. – Aber wenn Sie sich mal vor Augen führen, welche Summen wir benötigen, ist völlig klar: Das bekommen wir als Staat allein aus Steuermitteln nicht hin, sondern wir brauchen dafür private Investitionen. Diese privaten Investitionen bekommen wir nicht, wenn die Modernisierungskosten nicht in irgendeiner Weise auch wirtschaftlich darstellbar sind. Sie müssen wirtschaftlich tragbar und finanzierbar sein; sonst funktioniert das nicht.
Das, was Sie uns vorschlagen – eine Absenkung der Modernisierungsumlage auf 5 Prozent –, ist völliger Humbug. Weil sich dann keine Modernisierungsmaßnahme, keine energetische Sanierung, kein altersgerechter Umbau mehr rechnen wird, werden solche Modernisierungen unterbleiben. Das geht letztlich zulasten der Mieter. Deswegen werden wir das nicht mitmachen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)
In gleicher Weise kritisch wie diese Absenkung auf 5 Prozent ist eine Änderung bei den Kappungsgrenzen; das ist auch schon vorgeschlagen worden. Da muss man sehr genau aufpassen, dass die gesamtgesellschaftlichen Ziele beim Klimaschutz und beim demografischen Wandel nicht gefährdet werden. Im Gegenteil: Wir müssen diese gesamtgesellschaftlichen Ziele, auf die in § 559 BGB Bezug genommen wird, befördern und gleichzeitig die Mieter schützen. Das muss miteinander in Einklang gebracht werden, und das werden wir in der Koalition auch tun. Dazu brauchen wir Ihre Anträge ganz bestimmt nicht, meine Kolleginnen und Kollegen von den Linken.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Lassen Sie mich noch etwas zur ortsüblichen Vergleichsmiete sagen. Sie schlagen uns jetzt vor, dass alle Mietverhältnisse in die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete einbezogen werden. Ich könnte jetzt einen rechtshistorischen Exkurs darüber machen, wie es sich mit der ortsüblichen Vergleichsmiete verhält, was eigentlich deren Funktion ist. Ihre Funktion ist jedenfalls nicht, eine mietpreisbeschränkende Wirkung zu haben. Tatsächlich wurde das Vergleichsmietensystem in den 70er-Jahren eingeführt, um die Änderungskündigung auszuschließen. Damals haben Vermieter Mieterhöhungen nämlich so gemacht: Lieber Mieter, ich erhöhe die Miete um soundso viel Prozent. Du kannst bleiben, wenn du dem zustimmst; ansonsten musst du die Wohnung verlassen. – Deswegen hat man seinerzeit die ortsübliche Vergleichsmiete eingeführt.
Es war nie ein Instrument, um die Mieten zu senken, sondern es war ein Instrument, um Transparenz auf dem Wohnungsmarkt herzustellen.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Ein Mieterhöhungsspiegel ist das!)
Es geht darum, die Realität auf dem Wohnungsmarkt mit einem Mietspiegel darzustellen. Es soll nicht ein Rückspiegel in längst vergangene Zeiten sein, sondern ein Mittel der Transparenz. Deswegen muss der Mietspiegel diese Funktion behalten. Alle Überlegungen, die dahin gehen, den Betrachtungszeitraum von derzeit vier Jahren auf acht Jahre, zehn Jahre oder gar ganz auszudehnen, sind völlig verfehlt. Deswegen werden wir als Union diese Verlängerung der Betrachtungszeit nicht mitmachen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dann will ich noch sagen, was das zur Folge hätte; dafür bleibt mir jetzt leider nur wenig Zeit. Sie müssen bedenken: Was folgt denn daraus, wenn Sie diesen Betrachtungszeitraum so verlängern? Die ortsübliche Vergleichsmiete würde sofort sinken, automatisch, und gleichzeitig auf diesem niedrigen Niveau eingefroren. Nun kann mancher sagen: Das ist genau das, was ich will. – Aber Sie müssen sich einmal überlegen, was die Folgen für die Immobilienunternehmen an der Stelle wären: Die Immobilienwerte würden automatisch sinken, der Verschuldungsgrad würde ansteigen, und die Eigenkapitalquote würde sinken. Dann ist kein Bewegungsspielraum für Investitionen in Modernisierung oder in Neubau mehr vorhanden. Damit geben Sie den Mietern Steine statt Brot. Deswegen kann das nicht sein. Der Betrachtungszeitraum von vier Jahren muss bleiben, meine Damen und Herren.
(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU])
Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen. Deshalb will ich auch keine Zwischenfrage erlauben. Die Redezeit war schon überschritten.
Die Redezeit ist schon überschritten – das ist schade –; deswegen muss ich zum Schluss kommen.
Meine Damen und Herren, Sie haben gesehen: Die Anträge der Linken sind mit Ideologie gespickt.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Das ist nicht wahr! Ablehnend!)
Sie zeugen auch von wirtschaftlichem Unverstand.
Herr Luczak, Sie müssen jetzt wirklich zum Schluss kommen.
In diesem Sinne werden wir sie hier natürlich nicht nur ablehnen, sondern auch eigene gute Vorschläge vorlegen, die einen ausgewogenen Kompromiss zwischen den berechtigten Interessen der Mieter und der Vermieter darstellen.
Vielen Dank, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Caren Lay [DIE LINKE]: Das ist eine klare Absage an Maas, was Sie hier machen! Unglaublich!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn jeder die Redezeit um eine Minute überschreitet, summiert es sich. Deswegen bitte ich wirklich darum, sich an die Redezeit zu halten.
Als nächster Redner hat Oliver Krischer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Dann nehmen wir die Minute da wieder! – Heiterkeit bei der CDU/CSU)
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Electoral Period | 18 |
Session | 152 |
Agenda Item | Mietpreisentwicklung |