Niels AnnenSPD - Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Kolleginnen und Kollegen! Im Januar 2013, also vor gut drei Jahren, konnte der Vorstoß islamistischer Milizen auf Bamako nur durch das beherzte Eingreifen der französischen Armee gestoppt werden, und man konnte die damals besetzten Regionen im Norden des Landes und die Städte Kidal, Gao und Timbuktu wieder befreien. Seitdem bemüht sich die internationale Gemeinschaft darum, die Lage in dem Land wieder zu stabilisieren.
Es geht bei diesem Engagement um den Versöhnungsprozess in Mali, aber es geht dabei ebenso um eine wirtschaftliche und eine politische Stabilisierung der gesamten Sahelregion, durch die wichtige legale, aber leider – wir wissen es alle – auch sehr viele illegale Handelsrouten führen, die von Menschen- und Drogenschmugglern ebenso genutzt werden wie von islamistischen Terroristen. Erst vor wenigen Tagen wurde die bisher von uns als sicher betrachtete Hauptstadt von Burkina Faso, Ouagadougou, Opfer eines schrecklichen islamistischen Anschlages. Das zeigt, wie fragil die Lage in der Region weiterhin ist.
Wenn deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bundeswehr ihren bisher eher symbolischen Beitrag für die UN-geführte MINUSMA-Operation jetzt deutlich ausweitet, ist dies ein Engagement, das ein sehr klares Zeichen setzen soll: Unser Nachbarkontinent Afrika darf uns nicht egal sein, auch deswegen, weil wir schmerzlich erfahren mussten, dass unsere Sicherheit miteinander verbunden ist.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dreh- und Angelpunkt unserer Bemühungen ist die Friedensvereinbarung vom Juni 2015, die von der malischen Regierung und von verschiedenen Rebellenmilizen unterzeichnet wurde. So soll aus dem Norden, der auch in den letzten Jahrzehnten immer vernachlässigt worden ist, eine prosperierende Gegend werden; es soll dort auch ein größerer Teil – bis zu einem Drittel – der Steuereinnahmen investiert werden, und es soll eine Verfassungsreform in Mali geben. Wir wissen, dass nicht alle Gruppierungen der Aufständischen diesen Friedensvertrag unterzeichnet haben. Auch deswegen brauchen wir hier eine robuste Stabilisierung – ich sage das noch einmal – auf Grundlage eines UN-Mandats.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist wahr: Der Norden ist unterfinanziert, die staatlichen Strukturen sind ausgesprochen schwach, es herrschen dort Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit, Korruption, auch der Drogenhandel hat sich dort festsetzen können. Das trägt zur Destabilisierung Malis bei. Aber wenn Sie sich einmal die Handelsrouten in der Sahelregion und durch die Sahara anschauen, dann werden Sie sehr schnell erkennen können, welche strategische Bedeutung der Norden Malis für die gesamte Region hat.
Die letzten Monate haben auch gezeigt – ich will das an dieser Stelle nicht verschweigen, weil es für die Debatte auch wichtig ist –, dass wir weiterhin Druck nicht nur auf die Rebellen, die den Vertrag unterzeichnet haben, ausüben müssen, sich an das zu halten, was sie unterzeichnet haben, sondern auch auf die Regierung in Bamako; denn dort hat es so etwas wie ein Sicheinrichten in die Situation gegeben. Ich glaube, wir müssen deutlich machen: Es gibt eine große Chance für Mali, aber es gibt sie nur, wenn sich alle Seiten beteiligen. Deswegen muss dieser Druck aufrechterhalten werden. Der Versöhnungsprozess kann nicht nur auf dem Papier stattfinden. Insofern glaube ich, dass die Angebote, die wir mit dem unterbreiten, was hier zur Beschlussfassung vorliegt, nämlich eine Ausweitung unseres Beitrags für MINUSMA, aber eben auch die zivilen und politischen Unterstützungsmaßnahmen, ganz entscheidend sind.
Denn Mali – auch das darf man nicht vergessen – ist ein Land mit großem Potenzial, gerade im Bereich der Landwirtschaft, das aber nicht ausreichend genutzt wird. Auch im Bereich des Bildungssektors gibt es große Defizite. Ich könnte das fortsetzen. Deutsche Expertinnen und Experten können und werden dort wichtige Arbeit leisten, um Mali auf seinem Weg weiter zu begleiten.
Doch der Friedensprozess – ich habe das angedeutet – stockt auch deswegen, weil es in der Hauptstadt Bamako, in den dortigen politischen Vereinigungen, nicht genügend Durchsetzungskraft gibt. Ich will das in einer Zeit sagen, in der wir hier in Deutschland über die Neuregelung der Finanzierung zwischen Bund und Ländern miteinander diskutieren. In einem Land, in dem etwa 90 Prozent der Bevölkerung im Süden leben, ist der Anreiz für die dortige Politik, ein Drittel der Steuereinnahmen im Norden auszugeben, natürlich nicht besonders hoch. Deswegen müssen wir auch deutlich machen: Es lohnt sich für diejenigen, die sich in Mali dafür einsetzen, weil wir unterstützen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will auch offen sagen: Wenn dieses Parlament der Ausweitung von MINUSMA zustimmt, wird die Bundeswehr eine wichtige Arbeit im Bereich der Lagebilderstellung sowie der Sicherung und des Schutzes der Bevölkerung erledigen – in einer Gegend, die nicht ungefährlich ist. Ich will es ausdrücklich ansprechen: Es ist ein gefährlicher Einsatz. Aber alle meine Gesprächspartner, sowohl in Bamako als auch in Gao, haben sehr deutlich gemacht: Der Vergleich mit Afghanistan – man hat von „Afghanistan 2.0“ und anderen Dingen in der deutschen Presse ab und zu lesen können – ist wirklich sehr weit hergeholt. Man kann die Situation dort nicht mit der in anderen Ländern vergleichen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich glaube, es ist sehr entscheidend, dass wir die Erfahrungen aus langjähriger politischer, entwicklungspolitischer Zusammenarbeit zwischen Mali und Deutschland jetzt nutzen, um auch in Gao und in der Region, wo wir uns stärker präsentieren werden, deutlich zu machen: Es gibt eine unmittelbare Verbindung zwischen wirtschaftlichen Perspektiven für die örtliche Bevölkerung und dem, was wir dort machen.
Ich glaube, dass es ein Einsatz ist, den man guten Gewissens unterstützen kann. Ich bitte Sie deswegen um Zustimmung für das vorliegende Mandat.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Christine Buchholz von der Fraktion Die Linke das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6479070 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 152 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA) |