Elisabeth MotschmannCDU/CSU - Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte in meiner Rede auf zwei Punkte eingehen, nämlich erstens: Warum wollen wir das Mandat in Mali erweitern? Diese Frage ist im Außenverhältnis wichtig, um es denen, die sich nicht täglich mit diesen Problemen beschäftigen, zu erklären. Zweitens möchte ich mir erlauben, einmal auf die ethische Begründung für militärische Einsätze der Bundeswehr einzugehen.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Darauf bin ich sehr gespannt!)
– Genau das möchte ich auch zu Ihrer Unterrichtung tun, lieber Herr Gehrcke. – Dahinter steht die Frage: Kann man Frieden schaffen mit Waffen? Das haben Sie ja eben verneint, Frau Buchholz.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Frieden schaffen ohne Waffen!)
Ich gehe aber zunächst kurz auf den ersten Punkt ein: Die instabile Lage in Mali hat nicht nur Auswirkungen auf die Region, sondern natürlich auch auf Europa; das wissen wir inzwischen. Die Probleme in Mali sind unsere Probleme; denn wenn sich Flüchtlinge aus Mali auf den Weg nach Europa oder gar Deutschland machen, wissen wir, was geschieht. Wenn es uns nicht gelingt, auch in Afrika erträgliche Lebensbedingungen zu schaffen – darauf ist vielfach hingewiesen worden –, werden wir in Zukunft mit weiteren Fluchtbewegungen rechnen müssen.
Wenn wir Mali helfen und stabilisieren wollen, brauchen wir zwei Dinge: Wir brauchen Geduld, und wir brauchen Vertrauen.
Warum brauchen wir Geduld? Im Rahmen der MINUSMA-Mission haben die Soldaten der Vereinten Nationen in Mali Rückschläge erfahren. Das wird auch in Zukunft passieren. Das darf aber gar kein Anlass dafür sein, dass wir an unseren Zielen, die der Kollege Annen eben schon klar beschrieben hat, zweifeln. Ein Friedensprozess bzw. ein Versöhnungsprozess wie der in Mali braucht also viel Zeit. Die Vereinten Nationen haben schon erreicht, dass sich fast alle bewaffneten Gruppen zu Verhandlungen zusammengesetzt und einen Friedensvertrag ausgehandelt und unterzeichnet haben. Der erreichte Waffenstillstand ist ein erster wichtiger Schritt in diesem Versöhnungsprozess.
Warum brauchen wir Vertrauen? Uns ist durchaus bewusst, dass es sich bei dieser Mission um einen schwierigen Einsatz handelt; darauf ist hingewiesen worden. Schon aus Solidarität mit den Vereinten Nationen, mit Frankreich, mit den Niederlanden ist die Erweiterung des Einsatzes für uns wichtig. Derzeit trägt Frankreich die militärische Hauptlast in Mali; und wir sind einer der engsten und wichtigsten Bündnispartner Frankreichs. Das bestätigt eine Umfrage: 82 Prozent der Franzosen bezeichnen Deutschland da als den vertrauenswürdigsten Bündnispartner. Da ist das Vertrauen; und andere Länder setzen ebenfalls auf uns.
Die MINUSMA-Mission dient nicht nur der Sicherheit und Stabilisierung des Landes, sondern auch – darauf ist hingewiesen worden – dem Schutz von Zivilpersonen, dem Schutz der Menschen. Noch immer tyrannisieren Rebellen die Bewohner des Nordens, sie verfolgen sie, sie töten sie auf grausame Weise.
Ich komme zum zweiten Punkt, der ethischen Begründung, die wir auch im Innenverhältnis brauchen. Jeder Einsatz der Bundeswehr muss ja nicht nur politisch und militärisch begründet werden, sondern wir müssen uns auch immer wieder fragen: Sind diese Einsätze ethisch verantwortbar? Die Bundeskanzlerin und der Außenminister haben niemals einen Zweifel daran gelassen, dass militärische Einsätze immer nur die Ultima Ratio, das letzte Mittel, sein können. Parallel müssen wir in politischen, diplomatischen Verhandlungen und Prozessen nach Lösungen suchen. Und genau das geschieht ja auch.
Hier schließt sich aber die Frage an: Können wir nur mit diplomatischen Prozessen Frieden schaffen? Da sage ich ganz klar: leider nicht. Die ehemalige Bischöfin Margot Käßmann vertritt ja die Ansicht – ich zitiere –:
Ich fände es gut, wenn die Bundesrepublik auf eine Armee verzichten könnte …
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Welch eine Illusion!
(Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)
Vor dem Hintergrund dessen, was wir im Augenblick erleben, ist das hochgradig naiv und unverantwortbar, was Margot Käßmann sagt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Unverantwortlich ist auch, Frau Buchholz, wenn Sie von einem „wahnwitzigen Aufrüstungsplan“ sprechen.
(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Ist er auch! 130 Milliarden! Das Geld fehlt an anderen Stellen! – Weitere Zurufe von der LINKEN)
Wir müssen die Bundeswehr vernünftig ausstatten, wenn wir sie in diese Einsätze schicken, und erst recht, wenn wir sie in gefährliche Einsätze schicken.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Ganz anders sieht es übrigens der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber. Dessen Zitat geht mir immer wieder durch den Kopf, weil ich es wichtig für uns finde; wir müssen ja nachher eine blaue, rote oder weiße Karte in die Urne werfen.
(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Nehmen Sie die rote!)
– Sie können die rote Karte nehmen, aber wir nehmen die blaue. – Er sagt:
Für mich schließt das Gebot „Du sollst nicht töten“ auch das Gebot ein: „Du sollst nicht töten lassen“.
Ich wiederhole noch einmal, was Huber sagt: Für mich schließt das Gebot „Du sollst nicht töten“ das Gebot „Du sollst nicht töten lassen“ ein.
Terroristen, ob in Syrien, dem Irak oder Mali, kann man nicht mit Argumenten begegnen, liebe Frau Buchholz.
(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das müssten Sie auch schon einmal bemerkt haben. Wir wollen die Menschen in Mali doch schützen und ihnen die Chance auf ein friedliches Leben geben. In diesem Fall müssen wir dies auch mit militärischen Mitteln tun; denn ohne das Militär gibt es keine humanitäre Hilfe, gibt es keinen Friedensprozess.
Die Präsidentin mahnt, deshalb schließe ich ab und möchte den Linken noch ins Stammbuch schreiben, was Rupert Neudeck, ein ausgewiesener Pazifist, erklärt hat – Zitat –:
Ich möchte nicht Menschen sterben lassen nur wegen der Reinheit meiner Philosophie oder meines Pazifismus.
Besser kann ich es nicht sagen, und das möchte ich Ihnen ins Stammbuch schreiben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Agnieszka Brugger von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6479081 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 152 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA) |