Sabine LeidigDIE LINKE - Ausbau der Rheintalbahn
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste von der Bürgerinitiative! Man könnte diesen Tagesordnungspunkt eigentlich mit dem Satz überschreiben: Was lange währt, wird endlich gut, aber nicht gut genug. – Das muss man ganz deutlich sagen.
(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Herr Barthle, was bei Ihnen in der Koalition los ist, ist eigentlich relativ irrelevant. Entscheidend ist, dass sich die Leute aus den Bürgerinitiativen am Oberrhein seit 30 Jahren gegen die unsinnigen Pläne der Bahn zur Wehr setzen, noch mehr Güterzüge durch eine dicht bebaute Region mitten durch die Ortschaften zu schicken, anstatt Alternativen zu wählen, die von Anfang an vorgeschlagen worden sind:
(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Genau, mit dem Esel!)
die Alternative, einen Tunnel durch Offenburg zu bauen, die Alternative, die Eisenbahn- und die Güterbahntrasse an die Autobahn zu legen, wo der Lärmschutz für beide Verkehrswege organisiert werden kann. Das wird jetzt beschlossen; das ist hervorragend. Aber ich möchte einmal deutlich sagen: Diese Bürgerinitiativen haben lange dafür gekämpft. 5 000 Leute sind Mitglied in diesem Zusammenschluss. 48 500 Einwendungen sind geschrieben worden, um auf die Prozesse Einfluss zu nehmen. Die Bürgerinitiativen haben viel Geld ausgegeben, um Gutachten, Lärmmessungen usw. erstellen zu lassen. Es ist toll, dass es hier gelungen ist. Das hat auch damit zu tun, dass in Baden eine widerständige Kompetenz und Tradition vorhanden sind.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das hat aber auch damit zu tun, dass die Auseinandersetzung mit Stuttgart 21 viele zum Nachdenken gebracht hat.
(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das waren aber nicht die Baden mit Stuttgart 21!)
Es geht doch darum, dass für alle Bürgerinnen und Bürger dieses Maß an Beteiligung, dieses Reden über Alternativen selbstverständlich wird. Das ist Demokratie, Herr Barthle, und keine Ausnahmeerscheinung.
Ich möchte noch einmal deutlich sagen, dass wir als Linke fordern, dass die Vorschläge von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern in gleicher Weise zurate gezogen werden wie die Vorschläge der Planer, der Bahn, und es damit tatsächlich eine echte Bürgerbeteiligung, ein echtes Beraten über Alternativen von Anfang an gibt. Das haben wir übrigens schon 2010 beantragt.
Sie haben nun in den Antrag, den Sie vorgelegt haben, um die Vorschläge des Projektbeirates in Gesetzesform zu gießen, eine Sache eingefügt, die ich überhaupt nicht verstehe und der wir widersprechen. Deshalb haben wir einen Änderungsantrag eingebracht. Sie schreiben dort, dass der Ausbau der Bestandsstrecken auf 160 bis 250 Kilometer pro Stunde erfolgen soll. Sie wissen wahrscheinlich, was das heißt. Wenn ein ICE 250 Kilometer pro Stunde fahren soll, dann müssen sämtliche Bahnhöfe umgebaut werden. An diesen Strecken muss also unheimlich viel investiert werden, um die Hochgeschwindigkeit zu realisieren. Die Bahn selber sagt, dass die Züge, wenn sie statt mit 230 mit 250 Kilometern pro Stunde rasen, auf dieser Strecke nur 31 Sekunden Zeit einsparen.
(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Also doch der Esel! Eselkarren!)
Ich bitte Sie: Wenn man geschätzt 300 bis 400 Millionen Euro zusätzlich für einen Zeitgewinn von maximal 31 Sekunden ausgeben will, dann ist da etwas verkehrt. Wir beantragen also – das sagen übrigens auch die Bürgerinitiativen –, dass 230 Stundenkilometer genug sind. Damit ist die Bahn schnell genug, und damit könnte man viel Geld sparen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich möchte einen weiteren Punkt anführen. Es ist gut, dass jetzt am Oberrhein und am Hochrhein vernünftige Lösungen gefunden und durchgesetzt worden sind. Aber es ist nicht gut, dass überall anders im Land – nicht nur am Mittelrhein, in Rheinland-Pfalz, in Hessen, sondern auch an der Elbe, im Kinzigtal und überall dort, wo immer mehr und immer schwerere und längere Güterzüge durch die Ortschaften fahren – ganz andere Maßstäbe angelegt werden. Ich finde, es ist die Verantwortung dieser Bundesregierung, mit vernünftigen Lärmschutzmaßnahmen, mit alternativen Trassenführungen für den Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner zu sorgen, auch wenn es mehr Geld kostet. Das ist das Recht der Bürgerinnen und Bürger, auch dort, wo es keine finanzstarken und durchsetzungsstarken Bürgerinitiativen gibt, weil es zum Beispiel viele kleine Ortschaften sind, die sich schwer vernetzen können.
In diesem Sinne haben wir in den letzten Jahren bereits mehrfach beantragt, dass der Lärmschutz verbessert wird, und zwar überall, entlang der Schiene und der Straße, und dass es eine Selbstverständlichkeit sein muss, dass die gesundheitliche Unversehrtheit der Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt steht und nicht die Kostenersparnis für den einen oder anderen Verkehrsweg.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Zuruf von der CDU/CSU: Stimmen Sie zu oder nicht!)
Vielen Dank, Kollegin Leidig. – Wir haben ein kleines Problem mit der Uhr; deshalb war es hier so unruhig. Wenn die bei Ihnen nicht rückwärtszählt, dann heißt das nicht, dass Sie unbegrenzt reden dürfen.
(Heiterkeit)
Ich würde Sie bitten, darauf zu achten. Wir arbeiten jetzt mit den traditionellen Weckern und hoffen, dass das klappt. – Also, liebe Annette Sawade, Sie haben vier Minuten. Schauen wir mal, wie Sie das hinkriegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6480411 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 152 |
Tagesordnungspunkt | Ausbau der Rheintalbahn |