Philipp LengsfeldCDU/CSU - Programm für Klima- und Klimafolgenforschung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Bulling-Schröter, Sie haben gefühlt die Hälfte Ihrer Redezeit auf mich verwendet. Ich deute es einmal als Ehre. Dass mich die Linkspartei auf dem Radar hat, wusste ich immer. Dass Sie mich so intensiv beobachten, ist natürlich auch für mich eine Überraschung.
(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Nein! Das war eine wissenschaftliche Argumentation! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Du bist eine riesige Gefahr für die! Die haben Angst vor dir!)
Wir sollten über das Thema, warum junge Männer aus Algerien und Marokko nach Deutschland drängen, vielleicht doch an anderer Stelle debattieren und nicht, wenn es um Klimaschutz geht. Aber ich nehme das gerne an. Wenn Sie mich einladen, können wir das in extenso diskutieren.
(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Nach Bayern?)
Zu Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen vom Bündnis 90/Die Grünen, haben meine Kollegin Sybille Benning und auch mein Kollege René Röspel schon sehr viel gesagt. Ich will mich deshalb auf die Grundsatzfrage konzentrieren.
Ich bin der Meinung, dass die Klimaforschung in Deutschland, aber auch global nicht noch mehr, sondern eher weniger politische Einmischung und Steuerung braucht. Ich erläutere das einmal anhand eines Beispiels aus Amerika. Kennen Sie Senator Ted Cruz aus Texas? Er ist einer der Bewerber im Feld der Präsidentschaftskandidaten der Republikaner. Wer ihn heute noch nicht kennt, der wird ihn sicherlich in drei Tagen, nach der ersten Vorwahl in Iowa, kennenlernen. Mein Sohn hat mich schon vor Monaten auf Ted Cruz aufmerksam gemacht, unter anderem, weil er rhetorisch wirklich beschlagen ist. Ted Cruz ist das, was man hierzulande wohl einen Klimaskeptiker nennen würde.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein amerikanischer Lengsfeld!)
Ted Cruz traf Ende letzten Jahres in einem Senate Subcommittee Hearing, in dem es um Auswirkungen von Präsident Obamas Klimagesetzesinitiativen auf Minoritäten ging, auf den Präsidenten des Sierra Clubs, Aaron Mair. Der Sierra Club ist die älteste und größte Naturschutzorganisation der USA. In diesem Hearing kam es zu einem sehr interessanten Wortgefecht über die Klimaforschung. Man kann sich das Ganze im Internet anschauen; es ist wirklich sehr lehrreich. Geschlagene neun Minuten duellieren sich die beiden, und am Ende gibt es keinen Erkenntnisgewinn.
Ted Cruz attackiert Aaron Mair wegen der Aussage, die Wissenschaft hinter den Klimaschutzmaßnahmen von Präsident Obama sei so eindeutig, dass sie – Zitat – nicht mehr diskutiert werden sollte. Um diese These zu erschüttern, fragt Cruz, warum dann die globale Durchschnittstemperatur während der letzten 20 Jahre nicht signifikant gestiegen ist.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wird das jetzt eine Grundsatzdiskussion, oder was?)
Wie antwortet der Vorsitzende der großen Umweltschutzorganisation? Statt Senator Cruz darauf zu verweisen, dass er nur einen isolierten Datensatz ins Feld führt, kontert Mair lieber mit einem anderen, ebenfalls völlig isolierten Datensatz, und zwar mit der viel zitierten Erhebung, nach der von einer Gruppe befragter führender Klimaforscher 97 Prozent der Überzeugung sind, dass es zweifelsfrei einen menschengemachten Klimawandel gibt.
Ich will hier gar nicht über diese beiden Datensätze reden oder diskutieren – es gibt zu beiden einiges zu sagen –, sondern will nur auf ein tieferes Problem hinweisen.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass Sie den Klimawandel leugnen! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt es!)
In der Klimaforschung wird viel zu viel politisiert, und es werden zu viele Glaubenssätze aufgestellt. Statt Daten, Modelle und Unsicherheiten zu diskutieren und einzuordnen, bekriegen sich wie im beschriebenen Beispiel die Kontrahenten lieber mit Einzelpunkten, die isoliert gar nichts beweisen oder gar nichts beweisen können, weder in die eine noch in die andere Richtung, oder es wird gar nicht mehr diskutiert.
(René Röspel [SPD]: Doch nicht in Deutschland, Herr Lengsfeld! – Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt, Sie leugnen den Klimawandel, oder? – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machst du gerade?)
Wissenschaft darf kein Spielball der Politik werden, und Wissenschaft darf erst recht nicht zu einer Glaubensfrage werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das gilt natürlich insbesondere in der Klimaforschung. Der medial-politische Rummel um den jährlichen IPCC Report ist aus meiner Sicht an der Stelle nicht hilfreich
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
– liebe Grüne, das müsst ihr euch mal anhören! –
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich dachte, es kommt nicht schlimmer, aber es ist schlimmer gekommen!)
– nein – und verführt den einen oder anderen Wissenschaftler zu oft zu Anschärfungen, Überspitzungen und Einfärbung von Daten. Die legendäre Hockeyschläger-Kurve, die jahrelang auf dem IPCC Report prangte, oder – das finde ich noch viel schlimmer – die Eisbärenromantik, die penetrant in Fachartikeln zur Klimaforschung vermittelt wird, auch in seriösen Medien, sind für mich nur zwei krasse negative Beispiele.
Klimaforschung – jetzt kommt die Pointe – ist wichtig; da bin ich voll bei den Grünen. Wie jede Forschung ist sie nur gut, wenn sie spitze ist. Wir brauchen Spitzenforschung auch im Klimabereich in Deutschland; auch da bin ich voll bei Bündnis 90/Die Grünen, selbst wenn Sie das nicht wollen.
(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, wirklich nicht! Gut, dass du von uns weggegangen bist!)
Aber um wirklich spitze zu sein und um spitze zu bleiben, müssen sich die Forscher auf ihre Stärken besinnen, und das sind Fleiß, auch Ehrgeiz, Beharrlichkeit und unbedingte wissenschaftliche Schärfe. Es geht eben nicht primär um das Bedienen von irgendwelchen politischen Moden oder um mediale Predigten an das Volk. Nach meiner Überzeugung braucht die Klimaforschung in Deutschland deshalb weniger politischen Einfluss und nicht mehr. Dass der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen hier wirklich helfen würde, davon bin ich nicht überzeugt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Martin Rabanus [SPD])
Vielen Dank, Kollege Dr. Lengsfeld. – Das Wort zu einer Kurzintervention hat Kai Gehring.
(Manfred Grund [CDU/CSU]: Der redet doch nachher noch! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt mal richtig zuhören! Da kann man was lernen!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6480686 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 152 |
Tagesordnungspunkt | Programm für Klima- und Klimafolgenforschung |