28.01.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 152 / Tagesordnungspunkt 13

Uwe KekeritzDIE GRÜNEN - Offenlegung der Herkunft von Konfliktrohstoffen

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Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Konfliktmineralien bleibt ein heißes Eisen für die Menschen in den Entwicklungsländern, aber auch in der Koalition, wie die unterschiedliche Darstellung der Thematik durch Herrn Kollegen Barthel oder Frau Gundelach eben ganz klar zeigt.

Minister Gabriel wollte ganz lange auf europäischer Ebene einfach dem Ratsvorschlag folgen, nirgendwo anecken und sich einfach durchlavieren. Dann kam unser Antrag. Wir haben auch sehr intensiv mit den Entwicklungspolitikern der SPD gesprochen, die jetzt sehr spärlich vertreten sind – das macht aber nichts –,

(Dr. Sascha Raabe [SPD]: Wir sind viermal so viele wie bei den Grünen!)

und dann hat man offensichtlich mit Minister Gabriel gesprochen, der jetzt auch in Brüssel eine etwas andere Position vertritt.

(Klaus Barthel [SPD]: Wo seid ihr denn alle, wenn es alles so wichtig ist?)

– Das ist vielleicht auch eine berechtigte Zwischenfrage.

Die Bundesregierung unterstützt nun weiter den Kommissionsvorschlag, wie Herr Barthel richtig formuliert hat, der auf Freiwilligkeit basiert, mit dem kleinen Zusatz: Sofern die Verhältnismäßigkeit gegeben ist, wären verbindliche Standards gar nicht so schlecht.

Ich frage mich: Was ist verhältnismäßig? Wer definiert diese Verhältnismäßigkeit? Wir müssen uns doch darüber klar sein: Um eine wirkliche Chance für Mindeststandards in den Abbaugebieten und auch im Handel zu erhalten, müssen wir Verbindlichkeit einführen. Eine freiwillige Verbindlichkeit hilft dort in keiner Weise weiter.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Klaus Barthel [SPD]: Das steht doch im Jahreswirtschaftsbericht! Du musst einfach mehr lesen!)

Verbindlichkeit würde keinem Unternehmen, außer den kriminellen, die Handlungsoptionen entziehen. Es wird auch kein Passepartout – das haben Sie richtig formuliert – für alle Firmen geben.

Nebenbei gesagt: Die OECD hat 2014 die Rohstoffindustrie zum bestechungsanfälligsten Wirtschaftszweig überhaupt erklärt. In keinem Wirtschaftszweig gibt es so viel kriminelle Energie wie in der Rohstoffindustrie. Wenn man mir dann erklärt, dass man hier mit Freiwilligkeit einer Klärung näherkommen kann, dann sage ich: Das ist unrealistisch. Freiwilligkeit – das zeigt uns die Geschichte – führt hier zu nichts.

Der Trilog – das haben Sie richtig gesagt – beginnt nächste Woche. Der Vorschlag des Rates basiert auf Freiwilligkeit. Da können Sie noch so schön daherreden: Es ist freiwillig. Damit fällt dieser Vorschlag hinter die OECD-Standards, die UN-Leitprinzipien, die US-Gesetzgebung und – was am erstaunlichsten ist; man kann es kaum glauben – auch hinter die chinesische Rohstoffpolitik zurück. Das ist schlicht hochnotpeinlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Es gibt noch zwei Aspekte, die ich nennen möchte. Wir sind aus Gründen der Fairness dazu verpflichtet, alles zu tun, damit alle Unternehmen gleiche Bedingungen haben. Es gibt nämlich Unternehmen, die verbindliche Standards wollen. Solange Mindeststandards durch freiwillige Regelungen leicht und locker unterlaufen werden können, tragen wir zur Marktverzerrung bei. Wir stützen verantwortungslose Unternehmen, und wir festigen prekäre Verhältnisse vor Ort.

Der zweite Punkt. Wir reden immer von Fluchtursachen. Es ist verdammt leicht, dieses Thema der Entwicklungspolitik zuzuschieben. Aber ich kann Ihnen als leidenschaftlicher Entwicklungspolitiker versichern: Die Entwicklungspolitik kann das nicht leisten. Sie kann es schon zweimal nicht leisten, wenn internationale Strukturen entwicklungspolitische Ansätze konterkarieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Menschen verlassen ihr Land, wenn sie keine Sicherheit haben, wenn soziales Elend und Perspektivlosigkeit dominieren und wenn die Bedingungen ihre Kinder in kriminelle Gruppen zwingen. Unsere Antwort muss klar und deutlich sein: Fangen wir an, Fluchtursachen durch kohärente und konsequente Politik, also mit verbindlichen Standards, zu bekämpfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Das wäre doch einmal eine tolle Idee für die CSU. Dann könnten Sie nämlich darauf verzichten, Flüchtlinge zu bekämpfen. Der Kampf gegen Fluchtursachen würde reichen, wäre effektiver und sinnvoller.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Franz Josef Strauß erklärt uns auch, warum das nicht stattfindet. Er sagt nämlich: Diesen Leuten fehlt es einfach an christlich-sozialen Werten der abendländischen Kultur. – Darüber sollten Sie einmal nachdenken.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Dr. Sascha Raabe, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6480880
Wahlperiode 18
Sitzung 152
Tagesordnungspunkt Offenlegung der Herkunft von Konfliktrohstoffen
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