28.01.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 152 / Tagesordnungspunkt 15

Johannes SteinigerCDU/CSU - Sport- und Fankultur

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wenn man sich den Sachstandsbericht des Deutschen Olympischen Sportbundes anschaut – Stephan Mayer hat ihn vorhin schon angesprochen –, dann relativiert sich das von Ihnen beschriebene Bild doch stark. Denn der DOSB kommt in seiner Analyse zu dem Ergebnis:

Rechtsextremistische Tendenzen liegen in einigen Fanszenen an einigen Standorten immer noch manifest vor, sie stellen jedoch in Deutschland kein generelles standortübergreifendes Problem dar.

Fankultur, meine Damen und Herren, beginnt mit der Kultur, die in den großen Vereinen gelebt wird. Es wurde eben angesprochen, dass auch der Sport hier etwas tun muss. Wenn man sich da ein bisschen einarbeitet, dann sieht man, dass der Sport schon vieles tut. Wenn wir uns beispielsweise die Fußballbundesligisten anschauen, stellen wir fest: Sie haben mittlerweile hauptberufliche Fanbeauftragte für die erste, zweite und dritte Liga, die sich regelmäßig treffen und sich gemeinsam mit DFB, DFL, Deutscher Bahn und Polizei über die entsprechende Lage austauschen. Hier sitzen dann alle relevanten Akteure am Tisch.

Wir haben in der öffentlichen Anhörung zum Thema „Sicherer Stadionbesuch“ viel darüber erfahren, wie gut diese Verzahnung funktioniert und wie reibungslos, jedenfalls gemessen an der großen Zahl von Zuschauern und Fans an einem Wochenende, die vielen Sportereignisse Woche für Woche stattfinden.

Man muss schon sagen, der Antrag der Grünen erweckt den Eindruck, dass gerade der Fußball in Deutschland ein Sammelbecken für Schläger, Extremisten und Rassisten sei.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Komm! Erzähl keinen Blödsinn! Das haben wir nicht gesagt!)

Man muss schon ein bisschen aufpassen, wie man einen solchen Antrag formuliert. Wenn man Rechtsradikalismus und Fußball in einen Topf wirft, baut man einen gewissen Generalverdacht auf. An der Stelle muss man schon etwas aufpassen.

(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht nicht um einen Generalverdacht, sondern um Ernstnehmen!)

Denn das Gegenteil ist der Fall. Der Sport in Deutschland ist der mit Abstand größte und nachhaltig erfolgreichste Integrationsmotor in unserem Land.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Rund 2,6 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund sind in den Sportvereinen bundesweit aktiv. Das sind immerhin rund 10 Prozent aller Vereinsmitglieder. Es ist nun einmal ein unumstößlicher Fakt, dass an keinem anderen Platz in unserer Gesellschaft Integration besser funktioniert als im Sport.

Bei der Verleihung der Sterne des Sports am vergangenen Dienstag haben wir gesehen, welch tolles Engagement es gibt. Auch noch einmal von dieser Stelle aus einen herzlichen Glückwunsch an alle Preisträger, insbesondere natürlich an den VfL Bad Wildungen, der den ersten Preis geholt hat und beispielsweise ein tolles Projekt im Bereich der Integration von Flüchtlingen ini­tiiert hat. Herzlichen Glückwunsch von hier aus an alle Preisträger!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Erkennbar ist allerdings auch, dass wir tatsächlich strukturelle Defizite besonders in den unteren Ligen in den östlichen Bundesländern bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus, Rassismus und Diskriminierung

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach nee! Jetzt plötzlich!)

und leider auch Hooliganszenen haben.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie widersprechen sich doch gerade selbst!)

– Herr Mutlu, was wäre eine Rede im Deutschen Bundestag, ohne dass Sie die ganze Zeit dazwischenrufen?

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zwischenrufe gehören dazu!)

Hören Sie mir genau zu, ich will es ausdrücklich sagen: Hier lässt sich nicht der Sport haftbar machen. Denn das, was wir uns etwa in Dresden von Pegida und Co. jede Woche anschauen müssen, ereignet sich eben in der Stadt und nicht im Stadion. Die Auseinandersetzung mit diesem Phänomen muss tatsächlich erfolgen, aber ganzheitlich.

(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb ist die Politik gefragt!)

Deshalb verstehe ich nicht, warum Sie ein ganzheitliches Programm im Grunde genommen nach dem Gießkannenprinzip auflegen wollen, obwohl wir schon seit einiger Zeit mit einem subsidiären Ansatz viele verschiedene Projekte angehen, die auch der Vielfalt Genüge tun und das Engagement zeigen – Stephan Mayer hat darauf hingewiesen und einige Projekte genannt –, mit dem der Bund hilft. Da ich Mitglied des FC-Bayern-Fanclubs hier im Deutschen Bundestag bin,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Oh nein!)

möchte ich ein Projekt erwähnen: Die größte Ultra-Gruppe der Bayern, die Schickeria, ist beispielsweise 2014 für ihr Engagement ausgezeichnet worden. Mit zahlreichen Aktionen hatten sie nämlich des ehemaligen Präsidenten Kurt Landauer, der durch den Naziterror verfolgt wurde, gedacht. Aus meiner Sicht ist das eine sehr kluge und treffsichere Initiative. An dieser Stelle sieht man, dass es da sehr viele Initiativen gibt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der Opposition, es gibt Fangewalt. Diese bekämpfen wir seit vielen Jahren als Gesetzgeber gemeinsam mit dem organisierten Sport in Deutschland mit zunehmendem und großem Erfolg. Verglichen mit der Situation Mitte der 90er-Jahre hat sich doch die Lage gerade bei den großen Spielen deutlich und entschieden verbessert. Das sagen uns alle Experten. Die Fans und die über 17 Millionen Stadionbesucher der Bundesliga im Jahr fühlen sich jedenfalls nicht dauerhaft bedroht. Wenn Straftaten auftreten, werden diese auch entschieden verfolgt.

Für den Hochleistungssport und den Fußball in Deutschland gilt vielmehr, dass der Fußball mit seiner großen Strahlkraft ja gerade sehr viel für Integration und gegen Extremismus leistet.

Herzlichen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6481092
Wahlperiode 18
Sitzung 152
Tagesordnungspunkt Sport- und Fankultur
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