Andreas RimkusSPD - Intelligente Mobilität
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herbert Behrens, ich finde, dass man sich nicht nur über intelligente Mobilität unterhalten kann, indem man sich gegenseitig vorwirft, was nicht in einem Antrag drinsteht, sondern auch, indem man vielleicht einmal den Blick darauf wirft, was gemacht werden muss, um den Menschen eine gute Mobilität zu geben. Darum geht es doch am Ende; denn es ist in der Tat so, dass die Automatisierung und die Vernetzung der Verkehrssysteme zunehmen. Ich bin sehr dankbar für die lokalen Bezüge, lieber Thomas Jarzombek, weil Düsseldorf ein gutes Beispiel für diese Vernetzung in urbanen Räumen darstellt. Auch Arno Klare hat darauf hingewiesen.
Zur Frage: Wann ist etwas entstanden? Ich weiß nicht, ob Sie es wissen: Es war der Franzose Gabriel Voisin, der ein System entwickelte, um bei landenden Flugzeugen das Blockieren der Räder zu verhindern. Das war im Jahr 1920. Das war die eigentliche Geburtsstunde des ABS. Es war das erste Fahrassistenzsystem oder Sicherheitssystem, das serienmäßig in einem Fahrzeug eingebaut wurde.
(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Genau!)
Seit 2004 ist es übrigens europäischer Standard. Insofern brauchen die Dinge ihre Zeit. Aber manchmal ist der Fortschritt dann auch sehr klar und deutlich und hilft uns, die Sicherheit voranzustellen.
Mittlerweile sind wir fast hundert Jahre weiter. Wir reden über teil-, hoch- oder vollautomatisiertes Fahren. Die Vision eines selbstfahrenden Autos liegt nicht mehr in einer irren Zukunft, sondern sie stellt ein realistisches Szenario dar. Mit der Teststecke auf der A 9 ist die Bundesregierung einen ersten Schritt gegangen. Doch werden wir in Zukunft den Blick auch von der Autobahn auf die Landstraße und dann natürlich auf die Königsdisziplin, den urbanen Verkehr, richten müssen. Auch das haben wir im Antrag deutlich gemacht und damit die Forderung nach weiteren Teststrecken verbunden.
Doch vergessen wir nicht, dass die Innovationen nicht nur den Straßenverkehr berühren. Es ist schon gesagt worden: In Nürnberg fahren vollautomatische Schienenbahnen. Dadurch konnte nicht nur die Taktzeit halbiert, sondern auch der Energieverbrauch um fast 15 Prozent gesenkt werden. Auch an Flughäfen finden wir bereits fahrerlose Bahnen, die die Terminals miteinander verbinden. Diese Beispiele zeigen doch sehr deutlich, wie ich finde, dass besonders der Schienenverkehr einen Innovationsmotor für diesen Bereich darstellt.
Mit dem Fortschritt dieser Technologie müssen sich aber auch die politischen Rahmenbedingungen ändern. Die von uns formulierten Forderungen tragen auf der einen Seite der Stärkung der Innovationskraft der deutschen Wirtschaft, auf der anderen Seite aber auch dem Schutz der Nutzer Rechnung. Es war uns ein wichtiges Anliegen, den im Koalitionsvertrag verankerten Grundsatz noch einmal deutlich zu machen, dass personenbezogene Daten nur mit Zustimmung der Betroffenen und auf der Grundlage bestehender gesetzlicher Rahmenbedingungen erhoben werden dürfen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Bei aller Euphorie darüber, dass unser Alltag durch eine gute Vernetzung deutlich erleichtert werden kann, dürfen wir die Persönlichkeitsrechte der Menschen und ihr Recht auf Privatsphäre nicht aus dem Blick verlieren. Freiheit und Selbstbestimmung sollten für uns auch hier immer an erster Stelle stehen. Es gibt auch Haftungsfragen, die noch nicht abschließend geklärt sind: Wer haftet bei einem Unfall? Wie lässt sich das bei unterschiedlichen Automatisierungsgraden überhaupt rechtlich regeln?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, um die Weichen für automatisiertes Fahren zu stellen, brauchen wir nicht nur Klarheit in den Worten und einen gesetzlichen Rahmen bei Datenschutz- und Haftungsfragen, sondern natürlich auch einen Fortschritt beim Aufbau der digitalen Infrastruktur. Es wäre fatal, den Blick auf die einzelnen Bereiche zu richten, ohne das große Ganze zu betrachten. Natürlich wird es keine Automatisierung ohne ausreichende Breitbandinfrastruktur geben, und auch die ökologischen Vorteile automatisierter Verkehrsflüsse gehen parallel zur Integration elektrisch betriebener Mobilität.
So ist, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Einbeziehung intelligenter Stromnetze, Smart Grids, eine Kernaufgabe intelligent organisierter Mobilität. Bei der Integration dieser Smart Grids ist die Elektromobilität, zu der sich die SPD-Fraktion in dieser Woche klar positioniert hat, ein wichtiger Baustein. Der Blick auf das Gesamtsystem lohnt sich. Die Automatisierung auf der einen und die Elektrifizierung auf der anderen Seite gehen so Hand in Hand. So kann die Automatisierung helfen, Reichweitenvorhersagen zu machen, die Nutzung gemanagter Flotten und Carsharing-Dienste zu verbessern. Automatisierte Funktionen können so den Nutzwert und die Attraktivität von Elektrofahrzeugen erhöhen. So trägt die Elektromobilität zur Energiewende im Verkehr bei, aber gleichzeitig helfen auch die automatisierten Verkehrsflüsse, diese Wende zu schaffen: Staus werden reduziert und Fahrweisen effizienter.
Dazu gehört natürlich auch Vision Zero. Wir wollen, dass wir möglichst wenig – am besten auf null gesetzt – Tote und Schwerverletzte im Verkehr haben. Da helfen uns telematische Innovationen natürlich besonders.
(Beifall bei der SPD)
Auch aus der ursprünglichen Idee von Voisin, mit der Stotterbremse Flugzeuge sicher zu landen, ist doch am Ende etwas entstanden – das ist vollkommen klar –, was Leben schützt und Unfälle verhütet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird sicher noch einige Zeit in der Zukunft liegen, bis wir wirklich vollautomatisiert fahren. Aber ich finde, wenn wir – da sollten wir weniger Bedenken haben – die Fragen, über die wir demnächst debattieren werden, in den Vordergrund stellen – Datenschutz, Cybersicherheit –, dann wird einiges gelingen. Vielleicht klinge ich wie ein verrückter Professor, ich sage Ihnen aber eins: Wer Pionierarbeit leistet, muss auch das Unbekannte wagen. Deshalb freue ich mich auf die gemeinsame Arbeit.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Freitag, ein schönes Wochenende. Bis bald!
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Dr. Valerie Wilms von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6483512 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 153 |
Tagesordnungspunkt | Intelligente Mobilität |