29.01.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 153 / Tagesordnungspunkt 23

Uda HellerCDU/CSU - Bildungsgerechtigkeit

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Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren vom Bündnis 90/Die Grünen, Ihr Antrag ist ein breit gefächertes Potpourri von unspezifischen Forderungen, zahlreichen Vorschriften und vor allem von dem Verlangen nach mehr Geld. Hier werden Sie Ihrem Ruf als „Vorschriftenpartei“ erneut gerecht.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch unglaublich!)

Im Gegensatz zu Ihnen setzt die CDU/CSU-Fraktion nach wie vor auf das Vertrauen in eine eigenverantwortliche Gesellschaft.

Am meisten wundere ich mich über Ihre Aussage, dass Deutschland es angeblich jahrelang versäumt hat, Geld in Bildung zu investieren.

(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Völlig falsch!)

Ich frage mich, ob Sie unsere Haushaltsdebatten vom November schon wieder vergessen haben. Ich kann Ihnen die Zahlen noch einmal in Erinnerung rufen: Für 2016 haben wir den Bildungs- und Forschungsetat nochmals um weitere 1,13 Milliarden Euro auf insgesamt 16,4 Milliarden Euro erhöht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Rekordausgabe!)

Das zeigt doch eindrücklich, welchen besonderen Stellenwert Bildung für uns hat.

Doch ich gebe zu, es gibt auch Punkte, bei denen wir übereinstimmen. Deutschland ist ein Einwanderungsland.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat lange gedauert, bis Sie das erkannt haben!)

Und ja – das haben viele Kolleginnen und Kollegen vorher auch gesagt –, die Integration erfolgt am besten über Bildung. Es ist richtig, dass der Spracherwerb ein wichtiger Schlüssel für eine erfolgreiche Integration ist.

Wir alle sind uns darüber einig, dass die Flüchtlingsbewegung für Deutschland und Europa zahlreiche Herausforderungen mit sich bringt. Aber sie birgt auch Chancen, und die sollten wir nutzen.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erzählen Sie das mal Ihrer Fraktion!)

Es ist unsere Aufgabe als Bildungspolitiker, Rahmenbedingungen zur Deckung des Fachkräftebedarfs zu schaffen. Daher sollten wir die Potenziale der Zuwanderung nutzen und eine erfolgreiche Integration über Bildung und Beschäftigung unterstützen.

(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Richtig!)

Aber das haben wir schon lange vor Ihrem Antrag erkannt, Herr Mutlu.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach so! Nur nicht gehandelt!)

Daher werden wir in den nächsten Jahren rund 130 Millionen Euro zusätzlich investieren, um die zentralen Ziele umzusetzen. Erstens: Spracherwerb. Zweitens: Anerkennung von Kompetenzen und Potenzialen. Drittens: Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt.

Ich kenne so viele Kooperationspartner aus allen Bereichen, die sich gemeinsam für den Erfolg dieser Ziele starkmachen, beispielsweise die Volkshochschulen, die Stiftung Lesen mit ihren Sprachprogrammen, die Servicestelle Bildungsketten, das KAUSA-Netzwerk, das Programm „Kultur macht stark“ in den Kommunen, die Transferagenturen mit den Bildungskoordinatoren, aber auch die Bildungszentren, die Hochschulen mit den Studienkollegs oder auch die Wirtschafts- und Handwerkskammern mit ihrem Aktionsprogramm „Ankommen in Deutschland – Gemeinsam unterstützen wir Integration!“. Nicht zuletzt sollten wir die vielen ehrenamtlichen Engagierten nicht vergessen, die beispielsweise im Rahmen des Programms „Menschen stärken Menschen“ unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unterstützen.

Ich weiß das, weil ich in engem Kontakt zu Kooperationspartnern in meiner Region stehe. Beispielsweise war ich im Bildungs- und Technologiezentrum der Handwerkskammer Halle. Das ist eines der größten und vielseitigsten Bildungszentren des Handwerks mit 15 000 kammerzugehörigen Betrieben und mehr als 700 Plätzen für eine gewerblich-technische Ausbildung. Das BTZ nimmt als einziges Bildungszentrum in den neuen Bundesländern an einem Pilotprojekt für junge Flüchtlinge teil. Aktuell werden dort junge Menschen aus Syrien und Eritrea mithilfe einer Sozialpädagogin und eines Ausbilders auf das Erwerbsleben vorbereitet.

Nach der Kompetenzfeststellung und einer dreimonatigen Schulung im Bildungszentrum konnten bereits alle in ein Praktikum vermittelt werden – bitte hören Sie zu! –,

(Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir hören zu!)

um dann fit genug zu sein, im August dieses Jahres eine Berufsausbildung zu beginnen. Die Schulungen wurden bereits begonnen, als der Sprachunterricht noch nicht abgeschlossen war. Denn man hat schnell festgestellt, dass sich innerhalb kürzester Zeit die Sprachkenntnisse durch den alltäglichen Austausch mit deutschen Jugendlichen deutlich verbessert haben.

Machen diese Beispiele und die vielen anderen Programme, die es bereits überall gibt, nicht deutlich, dass die Integration von Flüchtlingen durchaus eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und auch so wahrgenommen wird?

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn das Gegenteil behauptet?)

Meine Damen und Herren, ich finde, all diese Anstrengungen haben unsere Anerkennung und unseren Respekt verdient.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! Unsere Rede!)

Glauben Sie wirklich – hören Sie bitte zu! –, dass es der richtige Weg ist, wenn Sie in Ihrem Antrag fordern, dass jeder, der nach Deutschland kommt, ganz unabhängig vom Herkunftsland und vom Aufenthaltsstatus, einen gesetzlichen Anspruch auf eine Ausbildung, auf ausbildungsbegleitende Hilfen sowie ein Bleiberecht während der Ausbildung und danach hat?

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie einmal den Antrag!)

Da frage mich, Herr Mutlu, ob Sie sich über die Konsequenzen Ihrer Forderungen bewusst sind und einmal über die finanziellen Folgen nachgedacht haben. Was wollen Sie denn noch alles auf den Steuerzahler abwälzen?

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen! Haben Sie nicht zugehört?)

Ich sage Nein. Das ist nicht im Sinne unserer Bürger und auch nicht im Sinne einer verantwortungsvollen Bildungspolitik.

Gern möchte ich Sie an dieser Stelle auch darauf aufmerksam machen, dass wir einige Ihrer Forderungen längst umgesetzt haben – das hat auch Frau Giousouf schon gesagt –, beispielsweise mit dem Anerkennungsgesetz oder dem Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts, allerdings für junge Menschen mit einer Bleibeperspektive in Deutschland.

Ich sehe es auch als großen Erfolg, dass das Anerkennungsgesetz als weltweit einziges seiner Art bereits im April 2012 in Kraft getreten ist. Damit ermöglichen wir einen einfacheren Zugang zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen, schnellere Verfahren, einen barrierefreien Wechsel innerhalb der EU und hohe Mobilität. Das Ziel von uns Unionspolitikern ist es, Zuwanderer präventiv zu unterstützen und ihnen neue Perspektiven aufzuzeigen, wie sie selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können und nicht auf Sozialleistungen angewiesen sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ich denke, zusammenfassend kann man sagen, dass die Koalition ihren Aufgaben verantwortungsvoll nachkommt. Deutschland genießt mit seiner dualen Ausbildung weltweit Anerkennung. Lassen Sie uns diese Erfahrung auch für die Einwanderungsgesellschaft nutzen. Geredet wird viel. Lassen Sie uns gemeinsam handeln.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fangen Sie erst mal bei sich selbst an!)

– Herr Mutlu, hat man Ihnen in der Schule nicht beigebracht, dass man auch einmal ruhig ist, wenn jemand anderes spricht?

(Lachen und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zwischenrufe gehören zum Parlamentarismus! Haben Sie das schon mal gehört? Wir sind im Parlament hier!)

Als nächste Rednerin hat Elfi Scho-Antwerpes von der SPD-Fraktion jetzt das Wort.

(Beifall bei der SPD – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt zurück zur Sachlichkeit!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6483721
Wahlperiode 18
Sitzung 153
Tagesordnungspunkt Bildungsgerechtigkeit
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