Ralph LenkertDIE LINKE - Innovative Arbeitsforschung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geschehen Wunder bei der Großen Koalition. Ihr Antrag „Innovative Arbeitsforschung für eine Humanisierung unserer Arbeitswelt und mehr Beschäftigung“ benennt richtige und notwendige Schwerpunkte für die Forschung im Bereich Arbeit und Beschäftigung.
(Zuruf von der CDU/CSU: Ist es zu glauben!)
Sie folgen damit endlich den Vorschlägen der Linksfraktion,
(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Karamba Diaby [SPD]: Seit wann? – Uwe Schummer [CDU/CSU]: Was haben wir falsch gemacht?)
die beispielsweise in dem Antrag „Soziale Innovationen und Dienstleistungen erforschen und fördern“ und in dem Antrag „Europäische Forschungsförderung in den Dienst der sozialen und ökologischen Erneuerung stellen“ eingebracht wurden. Opposition wirkt also.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Tata, Tata, Tata!)
Hut ab! Nach dem Motto: „Überholen ohne Einzuholen“ gehen Sie in Ihrem Antrag weiter, als ich es Ihnen je zugetraut hätte.
(René Röspel [SPD]: Siehst du!)
Dass Sie von der Union über Ihren Schatten springen und sogar die Frage, wie Mitbestimmung bei Heimarbeit und Industrie 4.0 erfolgen soll, als Forschungsthema benennen, überrascht.
(Rudolf Henke [CDU/CSU]: Kernthema der Union!)
Endlich auch eine Bestandsaufnahme zu starten, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf die Arbeitswelt und verschiedene Berufe und Branchen haben wird, was längst überfällig war, findet unsere Fraktion auch gut.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Ja! Wir sind immer an der Spitze des Fortschritts, Herr Lenkert!)
Allerdings vergessen Sie einen Bereich der Arbeitswelt nach wie vor völlig.
(Dr. Stefan Kaufmann [CDU/CSU]: Machen Sie das doch nicht schon wieder madig!)
Zu einem innovativen und menschlichen Standort gehört eben auch eine innovative und menschliche Verwaltung.
(Beifall bei der LINKEN)
Forschungsvorhaben bezüglich der Frage, wie die Digitalisierung in Behörden und in der Verwaltung effizient, mitarbeiter- und bürgerfreundlich umgesetzt werden kann, fehlen völlig, und auch die Forschung darüber, wie sich die Digitalisierung auf die Arbeitsbedingungen, die Mitbestimmung und die Arbeitsabläufe in Ämtern und Ministerien auswirkt, haben Sie schlichtweg vergessen.
Betrachte ich also diesen Antrag für sich allein, könnte ich jetzt die Rede mit einem „Befriedigend“ und dem Hinweis zur Überarbeitung zum öffentlichen Sektor beenden.
(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Immerhin! – Gegenruf des Abg. Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Ja, wir sind konstruktiv!)
Aber es reicht leider nicht, die richtigen Fragen zu stellen, und es reicht auch nicht, nur die richtigen Forschungen in Auftrag zu geben. Entscheidend ist, wie die Ergebnisse der Forschung dann in Form von Taten umgesetzt werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Da versagt diese Koalition komplett.
(Dagmar Ziegler [SPD]: Die Forschung ist ja noch gar nicht!)
So ist der Wissenschaft längst bekannt, dass Armut zu Konflikten, zu Krieg, Vertreibung und Flucht führt. Was macht diese Bundesregierung? Sie ignoriert das und verfehlt das Ziel, 0,7 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt für Entwicklungshilfe bereitzustellen –
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Seit Jahren!)
– seit Jahren –, konstant und klar mit 0,4 Prozentpunkten.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Jetzt kommen Sie mal zum Thema, Herr Lenkert! – Gegenruf des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich glaube, er ist nur sehr gut vernetzt!)
Damit verursacht diese Regierung letztlich weitere Flüchtlingsbewegungen.
Aus der Friedensforschung ist längst bekannt, dass Diskriminierung zu schweren Konflikten führt.
(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Genau!)
Trotzdem schweigt diese Regierung zur Diskriminierung der Kurden in der Türkei.
(Dagmar Ziegler [SPD]: Was ist das denn jetzt? Falscher Zettel?)
Es ist schon erstaunlich, wie sich die Koalition hier feiert und gleichzeitig die Ergebnisse ihrer Forschung locker ignoriert.
Schauen wir auf das Thema Arbeit und Bildung.
(Dagmar Ziegler [SPD]: Ach, jetzt wieder?)
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und das Bundesinstitut für Berufsbildung ermittelten, dass häufige Wochenendarbeit körperlich und emotional stärker erschöpft, zu höherem Stresslevel und Schlafstörungen führt und damit Gesundheitsrisiken wie Herzinfarkte und Depressionen steigen. Doch statt Wochenendarbeit einzuschränken, fordert die Union in meinem Heimatland Thüringen, das Gesetz, welches Beschäftigten im Einzelhandel zwei freie Samstage je Monat garantiert, wieder abzuschaffen.
(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Pfui!)
So ignoriert die Union die Ergebnisse der Wissenschaft.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Hat das der Landtag verabschiedet?)
Aber unsere linke Landesregierung wird den Beschäftigten das Recht auf freie Samstage erhalten;
(Beifall bei der LINKEN)
denn wir berücksichtigen in unserem Handeln die Forschungsresultate zum Wohle der Menschen.
Ein zweites Beispiel. Seit Jahren stapeln sich die Belege, dass das Kooperationsverbot im Bildungsbereich,
(Dr. Philipp Lengsfeld [CDU/CSU]: Ah!)
also das Verbot, dass der Bund Gelder für Bildung an die Länder zahlt, für unseren Nachwuchs schädlich ist.
(Ute Bertram [CDU/CSU]: Gut, dass der Begriff wieder kam!)
Trotzdem hat die Koalition dieses Verbot nur im Hochschulbereich aufgehoben.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Sinnvollerweise!)
Warum Sie erneut Erkenntnisse ignorieren, müssen Sie einmal nachvollziehbar erklären.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Vergeben Sie doch mal einen Forschungsauftrag! – Mechthild Rawert [SPD]: Das stimmt so nicht!)
Wir Linke sind für die Aufhebung des Kooperationsverbotes in allen Bildungsbereichen.
(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Wir auch!)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, den Antrag werden wir im Ausschuss wohlwollend begleiten. Sie können sich auf die starke Opposition verlassen. Wir werden Sie an Ihre Vorhaben erinnern und zur Umsetzung der Forschungsergebnisse treiben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Das Wort hat der Kollege René Röspel für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6483919 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 153 |
Tagesordnungspunkt | Innovative Arbeitsforschung |