29.01.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 153 / Tagesordnungspunkt 26

Andreas LenzCDU/CSU - Rekommunalisierung von Energienetzen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dem Antrag der Linken geht es um eine Bevorzugung der Kommunen bei der Vergabe von Netzen. Die Linken wollen wieder einmal den Wettbewerb einschränken, ja aushebeln. Dabei schafft Wettbewerb Wohlstand.

(Caren Lay [DIE LINKE]: Ja, für die Energiekonzerne!)

Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Ich habe überhaupt nichts gegen Rekommunalisierung, aber nur dann, wenn sich die Kommunen bzw. die kommunalen Unternehmen dem Wettbewerb mit den privaten Unternehmen stellen. Sie fordern in Ihrem Antrag eine grundsätzliche Rekommunalisierung der Energienetze, konkret sollen etwa Direktvergaben ohne Auswahlverfahren an kommunale Unternehmen zulässig sein, die sogenannten Inhousevergaben. Das würde zu einer Einschränkung des Wettbewerbs um die Strom- und Gasnetze führen. Es entstünde so die Gefahr steigender Nutzungsentgelte, also steigender Strompreise für die Letztverbraucher. Anders gesagt: Sie wollen Staatswirtschaft, wir wollen Marktwirtschaft. So schaut es doch aus.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei der Auswahlentscheidung ist die Gemeinde den Zielen des § 1 Energiewirtschaftsgesetz verpflichtet; wir hörten es gerade. Ziel ist eine möglichst sichere, preisgünstige, effiziente und umweltverträgliche Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas. Das schließt wirksame Klimaschutzkonzepte überhaupt nicht aus. Schon jetzt haben die Kommunen bei der Vergabe nach § 46 EnWG Spielraum bei der Formulierung von Auswahlkriterien. Sie können natürlich auch selbst per Eigenbetrieb oder durch ein kommunales Unternehmen an der Vergabe teilnehmen. Letztlich geht es darum, dass nicht die Kommune von der Ausschreibung profitiert, sondern der Kunde.

Zweifelsohne gibt es einen Trend zur Rekommunalisierung. Über 120 neue Energieversorgungsunternehmen wurden seit 2005 gegründet, mehr als 200 Konzessionen von kommunalen Unternehmen übernommen. Das ist überhaupt nicht schlecht, das ist sogar sehr oft sehr gut. Rekommunalisierung muss möglich sein und wird auch möglich bleiben. Aber es ist immer eine Einzelfallentscheidung. Die Kommune muss immer prüfen, ob sie ein Netz übernehmen kann, die Mittel und das Know-how dazu hat. Das ist eben nicht immer der Fall.

Ich möchte noch auf Ihren Vorwurf der Missachtung der kommunalen Selbstverwaltung eingehen. Kommunale Selbstverwaltung heißt nicht, dass eine Rekommunalisierung erfolgen muss. Ziel muss es sein, den Regulierungsrahmen so zu setzen, dass eine sichere, preiswerte und umweltverträgliche Energieversorgung gewährleistet wird.

Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Urteilen – Kollege Heider hat darauf hingewiesen – klargestellt, dass sowohl die Pflicht der Gemeinden zur Durchführung eines Vergabeverfahrens wie auch die Bindung an die Ziele des § 1 Energiewirtschaftsgesetz mit der kommunalen Selbstverwaltung in Einklang stehen. Es ist nicht so, dass der Netzbetrieb eine kommunale oder eine hoheitliche Aufgabe wäre. Die aktuelle gesetzliche Regelung beschränkt also die Gemeinden nicht, sondern stellt sie mit privaten Unternehmen gleich. Jede Kommune kann mit einem eigenen Unternehmen oder einem Eigenbetrieb am Wettbewerb teilnehmen und den Netzbetrieb gegebenenfalls selbst übernehmen.

Im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, die Vergabe und den Netzübergang hinsichtlich der Verteilnetze eindeutig und rechtssicher zu regeln. Das Bundeswirtschaftsministerium hat hierzu einen Referentenentwurf vorgelegt. Im Rahmen der parlamentarischen Behandlung des Gesetzentwurfes können wir hierzu gerne noch einmal diskutieren. Es gibt durchaus bei der einen oder anderen Stelle Diskussionsbedarf.

Der Entwurf sieht insgesamt eine Konkretisierung der Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungsverträgen vor. So werden für die beteiligten Unternehmen und Gemeinden die Rechts- und auch die Planungssicherheit beim Netzübergang verbessert. Außerdem wird dadurch die für die Energiewende notwendige Modernisierung der Verteilnetze beschleunigt.

Wir stehen also für Wettbewerb, Sie für Zwangsverwaltung. Wettbewerb hat eine heilsame Wirkung; denn er zwingt zu Effizienz und Kostendisziplin und sichert dadurch den Verbrauchern die beste Leistung zum besten Preis. So ist das in der Marktwirtschaft. Ihren Antrag lehnen wir deshalb ab.

Schönes Wochenende und herzlichen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6484116
Wahlperiode 18
Sitzung 153
Tagesordnungspunkt Rekommunalisierung von Energienetzen
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