18.02.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 155 / Zusatzpunkt 2

Sönke RixSPD - Maßnahmen gegen Rassismus, Hetze und Gewalt

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal – weil in den vorherigen Reden häufig die Polizisten und die Situation in der Bildungspolitik angesprochen worden sind und gesagt wurde, dass die Verantwortung bei den Ländern liege – unterstreiche ich das, was Sie gerade eben gesagt haben, Frau Kollegin: Mein Dank geht an alle Polizisten, die gerade angesichts der jetzigen Herausforderung, gerade in der jetzigen Zeit sehr viel zu tun haben. Dieser Dank sollte vom ganzen Hause kommen.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Mein Dank gilt auch den Lehrkräften und denjenigen, die im Bildungsbereich unterwegs sind und die im Wirtschaftspolitikunterricht, im Sozialkundeunterricht, im Gemeinschaftskundeunterricht demokratische Werte vermitteln, Demokratie vermitteln. Auch das ist in der heutigen Zeit und gerade im Fokus auf die aktuelle Situation keine einfache, aber eine besonders wichtige Aufgabe. Gerade jetzt sollten junge Menschen über die Situation aufgeklärt werden.

(Beifall bei der SPD)

Es wird in diesem Zusammenhang häufig gesagt, dass deshalb jetzt auch die Länder gefragt sind, in diesen Bereichen mehr zu investieren, mehr Personal für Polizei und Bildung zur Verfügung zu stellen. Diese Forderung richtet sich natürlich in erster Linie immer, je nachdem, von wem es gesagt wird, an die Länder, in denen die eigene Partei gerade nicht regiert. Ich will aber zumindest dazusagen, dass die jetzigen Aufwüchse, die es in den meisten Bereichen in den vergangenen Jahren, ganz besonders in den letzten drei Jahren, tatsächlich gegeben hat, deshalb notwendig waren, weil die Einsparungen, insbesondere in Niedersachsen zum Beispiel, vor fünf Jahren vorgenommen worden sind, und da waren noch andere verantwortlich. Also: Der Finger, der auf die aktuellen Landesregierungen zeigt, zeigt immer auch auf einen selbst.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb sollten wir das vermeiden und uns insgesamt für mehr Personal starkmachen.

(Rainer Spiering [SPD]: Das ist die Wahrheit! – Peter Beyer [CDU/CSU]: Ich sage nur: Nordrhein-Westfalen!)

– Genau, auch da hat die Union einmal regiert, und wir mussten da einiges aufholen.

(Marian Wendt [CDU/CSU]: Fünf Jahre!)

– Ich habe gerade eben gesagt, wir sollten es nicht tun. Aber schön, dass Sie es doch wieder tun. Das ist das Zeichen dafür, dass Sie nicht wollen, dass man gemeinsam für mehr Personal kämpft, sondern dass sie immer noch mit den Fingern auf die anderen zeigen wollen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Marian Wendt [CDU/CSU]: Wir kämpfen gemeinsam für sichere Herkunftsstaaten!)

Meine Damen und Herren, ich will noch einmal den Fokus auf eine Partei richten, die im Moment alle hinter sich versammelt, die frustriert sind oder die mit der Situation nicht zurechtkommen. Einige davon sind sich vielleicht gar nicht bewusst, hinter welcher Partei sie sich da versammeln, nämlich der AfD.

Die AfD vertritt rechtsextreme Positionen. Wenn sogar Herr Henkel, der damals die AfD mit gegründet hat, sagt: „Wir haben ein Monster geschaffen“ – er ist aus diesem Grunde ausgetreten – und wenn Herr Höcke sich darüber beschwert, dass die Meinungsfreiheit eingeschränkt ist, weil man keine Nazisymbole zeigen darf, dann ist ganz klar: Bei der AfD handelt es sich um eine rassistische und rechtsextremistische Partei. Das sollten wir auch nicht kleinreden und irgendwie relativieren, sondern wir sollten als demokratische Parteien, die wir hier in diesem Hause vertreten sind, geschlossen darauf antworten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Aber die wählt auch keiner!)

Die Antwort auf die AfD darf nämlich nicht sein, dass man sagt: Na gut, die etwas harmloseren Forderungen von denen sind ja gar nicht so schlimm, die übernehmen wir einfach. Nein, Antwort muss sein, dass alle Demokraten geschlossen sagen: Mit der AfD machen wir nichts gemeinsam. Die AfD ist eine rechtsextreme Partei. Sie hat in diesem Lande, in diesem Haus und in allen anderen Parlamenten nichts zu suchen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wer die einfachen Antworten von der AfD übernimmt, der verlässt – das sollten wir nicht zulassen – auch den geschlossenen Kreis der Demokraten. Diese Geschlossenheit haben wir in den letzten Jahren eigentlich immer sehr hochgehalten.

Meine Damen und Herren, ich will auch noch auf die Fragestellung eingehen, ob wir heute eigentlich über Linksextremismus, Salafismus oder Rechtsextremismus reden. In dem Antrag ist sehr eindeutig formuliert, was heute das Thema ist.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das heißt mitnichten, dass man nicht auch über die anderen politischen Straftaten und die anderen politischen Extremisten diskutieren darf. Es aber immer wieder in diese Debatte mit einzubauen, ist eine Relativierung dessen, worüber wir hier eigentlich streiten müssen. Deshalb fordere ich Sie auf, dass wir, wenn wir über Nazis bzw. Rechtsextremismus sprechen, auch darüber bzw. über geeignete Maßnahmen gegen Nazis – und nicht gegen andere – diskutieren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Es geht um Gewalt und Hetze! – Michael ­Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wir sprechen über Rassismus! – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Über Gewalt!)

Wir haben ja im Hinblick auf Demokratie einen Konsens. Und wir haben einen Konsens, dass wir insgesamt gegen extremistische Gewalt angehen müssen. Aber warum immer diese Relativierung?

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das machen doch nicht wir!)

Wir machen es bei anderen Straftaten bzw. anderen Dingen auch nicht so, dass wir immer wieder auf andere Bereiche eingehen. Das sollten wir lassen; denn das hilft nur denen, die sagen: Wir sind ja gar nicht so schlimm, es gibt auch noch andere, schlimmere Sachen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Voraussetzung für den Kampf gegen rechts ist auch eine starke Zivilgesellschaft. Ich finde es schon richtig, dass auch der Staat diese Zivilgesellschaft unterstützt. Es ist Aufgabe des Staates, Rahmenbedingungen – auch rechtlicher Art – zu setzen sowie finanzielle Mittel zu geben, damit die Zivilgesellschaft tatsächlich stark sein kann.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das bestreitet doch keiner!)

– Es gab dazu heute schon Fragestellungen, wie viel Geld denn dafür nötig ist und ob die Zivilgesellschaft so etwas eigentlich alleine machen sollte. Ich finde, der Staat hat die Aufgabe, die Zivilgesellschaft zu unterstützen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir jahrelang gemeinsam gemacht!)

– Das haben wir auch gemeinsam gemacht. Wir haben zum Beispiel gemeinsam die Mittel im Programm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ des Bundesfamilienministeriums erhöht; das ist auch gut so. Deshalb geht abschließend mein Danke an all diejenigen, die sich in der Zivilgesellschaft engagieren. Das sind nicht nur diejenigen, die an den runden Tischen gegen rechte Gewalt sind oder bei Demonstrationen von Pegida und AfD Gegendemonstrationen organisieren. Es sind auch die Flüchtlingshelfer selbst. Die tragen dazu bei, dass Rechtsextremismus nicht wieder in großem Maße Bestandteil der Gesellschaft wird. Sie sind die Multiplikatoren für Demokratie und Toleranz. Deshalb sollten wir diese engagierten Menschen auch weiterhin kräftig unterstützen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber auch jeder Einzelne von uns ist in Bezug auf seine Äußerungen und Taten bzw. bei seinen Diskussionen in der Nachbarschaft und der Familie gefragt, gegen Nazis bzw. Rechtsextreme – also auch gegen die AfD – zu agieren.

Ich will ein positives Beispiel aus meinem Wahlkreis nennen. Ich habe mich sehr gefreut, als ich die Schlagzeile „Im Kreis Rendsburg-Eckernförde gibt es keinen Platz für die AfD“ gelesen habe. Das ist das Resultat mehrerer Anfragen nach großen Veranstaltungsräumlichkeiten und Gaststätten, in denen die AfD gerne Veranstaltungen durchführen wollte. Alle Betreiber von Veranstaltungsorten und Gaststätten haben gesagt: Nein, wir wollen die AfD nicht haben. – Das hört man öfter. Die Vertreter, bei denen angefragt wurde, haben sich in der Öffentlichkeit aber auch wie folgt geäußert: Nein, wir wollen die nicht deshalb nicht haben, weil wir keine Unruhe haben wollen. Vielmehr haben sie ganz deutlich Position bezogen und festgestellt: Wir stehen nicht zu den Inhalten der AfD, wir wollen keine Rechtsextremisten in unseren Häusern. – Für so viel zivilgesellschaftliche Aufmerksamkeit und für so viel Demokratiebewusstsein sage ich Danke. Davon brauchen wir mehr.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE])

Bevor ich jetzt gleich dem Kollegen Jörg Hellmuth für die CDU/CSU das Wort erteile, darf ich den Hinweis geben, dass die vereinbarten Redezeiten keine Richtwerte sind, sondern eingehalten werden sollten.

(Barbara Woltmann [CDU/CSU]: Das liegt am Thema!)

Bitte schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6565613
Wahlperiode 18
Sitzung 155
Tagesordnungspunkt Maßnahmen gegen Rassismus, Hetze und Gewalt
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta