Birgit Malecha-NissenSPD - Aktuelle Stunde zum Abgasskandal
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Ansehen von VW ist weltweit in Schieflage geraten; da dürfen wir uns nichts vormachen. Schon jetzt sind Konsequenzen aus dem Abgasskandal sichtbar: Während der Automarkt in Europa weiter kräftig gewachsen ist, hat der größte Automobilproduzent Europas, VW, Marktanteile verloren. Für die Innovationsmarke VW und seine Tausenden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern steht also viel auf dem Spiel.
Was muss nun getan werden? Es ist wirklich wenig hilfreich, eine dritte Aktuelle Stunde durchzuführen. Wir brauchen jetzt eine sachliche und gründliche Debatte – auch im Respekt vor den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie mal was zu den Konsequenzen!)
Hier steht an erster Stelle: Das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Autobranche muss wiederhergestellt werden. Bewusste Manipulationen und Verstöße gegen Umweltauflagen und Emissionsgrenzwerte haben das Vertrauen verspielt. Jetzt braucht es den konsequenten Willen der Industrie und ihrer Vorstände zu Aufklärung und Transparenz.
Deshalb ist es unerlässlich, dass die vom Konzern eingeleiteten Rückrufaktionen verbraucherfreundlich ausgestaltet werden. Die betroffenen VW-Kunden müssen verstehen können, was denn nun um- oder nachgerüstet wird. Sie müssen auch sicher sein,
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind sie aber nicht!)
dass sie – nach Aussagen des VW-Vorstandes; Herr Minister Dobrindt hat das ja gerade auch gesagt – keinerlei Nachteile bei Verbrauch, Leistung und Geräuschentwicklung fürchten müssen. Denn das Ziel ist ja klar: die Einhaltung der Abgaswerte. Dies muss nach dem Eingriff durch Nachweise belegt werden.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, des Weiteren braucht es mehr Transparenz und Kontrolle der Abgaswerte. Wir haben heute bereits über die Prüfverfahren gesprochen, die die Realität widerspiegeln müssen und möglichst schnell eingeführt werden sollen.
Mir ist unverständlich, dass da fast 20 Jahre Stillstand herrschte. Deswegen wollen wir, dass das standardisierte und weitaus realitätsnähere Messverfahren WLTP und der neue Abgastest RDE – ich nenne jetzt einfach nur die Abkürzungen, weil wir das hier schon gehört haben – spätestens 2017 EU-weit und in den Typgenehmigungsverfahren angewendet werden. Wir haben ja von dem Herrn Minister heute auch gehört, dass dem nichts mehr im Wege steht.
Eine weitere zielführende Maßnahme können staatliche Prüfstände beim Kraftfahrt-Bundesamt sein. Weiterhin sollen Konzerne künftig ihre Motorsteuerungssoftware offenlegen, damit Manipulationen vorgebeugt werden kann. Das hat ja mein Kollege Arno Klare bereits dargestellt. Und wie auch jüngst von Herrn Minister Dobrindt vorgeschlagen – ich habe gerade gehört, mein Kollege hat es schon vor langer Zeit vorgeschlagen –, könnten verschärfte, unangemeldete Kontrollen – eben die sogenannten Dopingkontrollen – ein passendes Instrument sein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wichtig für die Vertrauensbildung und die Akzeptanz in der Öffentlichkeit ist, dass das Kraftfahrt-Bundesamt dann auch umfänglich über Ergebnisse von Nachprüfungen informiert. An der Stelle wäre es vielleicht hilfreich – ein Hinweis an das Ministerium –, wenn uns ein Zwischenbericht der Untersuchungskommission zur Verfügung gestellt würde.
(Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)
Der Produktionsstandort Deutschland mit den vielen Zulieferbetrieben und seinen Tausenden hart arbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern muss gesichert bleiben. Arbeitsplätze dürfen nicht verloren gehen. Deshalb heißt es nun, nach vorne zu schauen und die Weichen für zukunftsfeste Perspektiven in der Automobilbranche zu stellen, Perspektiven, die ökonomische und ökologische Aspekte gleichermaßen berücksichtigen. Endlich müssen alternative Antriebsformen – ich nenne hier nur ganz kurz das Stichwort „Elektromobilität“ – stärker und konsequent in den Fokus genommen werden.
(Beifall bei der SPD)
Damit sorgen wir für bessere Luft in den Städten; denn erhöhte Werte für Stickoxide und Rußpartikel sind eine Gefahr für unsere Gesundheit und ganz besonders für die unserer Kinder. Wir leisten damit natürlich auch einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele. Da ist im Verkehrssektor sicher noch viel Luft nach oben.
(Beifall bei der SPD)
Die deutsche Automobilindustrie steht seit Jahrzehnten für hohe Qualität und Sicherheit, für Spitzentechnologie, Verbraucher- und Umweltschutz. Diese Position muss aber täglich neu gesichert werden. Ich bin mir sicher: Unsere Ingenieurinnen und Ingenieure schaffen das.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin Malecha-Nissen. – Nächster Redner: Stephan Kühn für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6566062 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 155 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zum Abgasskandal |