Christian PetrySPD - Europäisches System der Finanzaufsicht
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Beiträge von Gerhard Schick und Axel Troost waren bemerkenswert. Besonders bemerkenswert war für mich, dass sich beide ratlos gaben. Sie wären ratlos.
(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Was euren Antrag angeht!)
Wenn allerdings Ratlosigkeit zu Enthaltung führt, dann müsste man einmal darüber nachdenken, ob man das nicht zum System macht.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Da für die Opposition die Enthaltung eine der höchsten Formen der Zustimmung ist, fühlen wir uns dadurch geehrt.
(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben schon zugestimmt!)
– Herr Gerhard Schick, wie ich sehe, sitzen Sie nun in den Reihen der Linksfraktion. Das habe ich erst jetzt bemerkt.
Manfred Zöllmer hat an dem vorliegenden Antrag wesentlich mitgearbeitet und verhandelt. Wir haben zuerst gedacht, dass es Ihnen nicht auffällt, dass es das Verdienst dieses Kollegen war. Manfred Zöllmer hat in Verhandlungen dafür gesorgt, dass hier einiges hineinkommt. Das ist dann aber Gerhard Schick aufgefallen, und er hat es genannt. Ich glaube jedenfalls, dass wir in der Überschrift unseres Antrags „Europäisches System der Finanzaufsicht effizient weiterentwickeln“ ein gutes Ziel formuliert haben. Das ist ein klares Bekenntnis zum europäischen System der Finanzaufsicht. Es ist zudem ein klares Bekenntnis, dass wir Effizienz in der Weiterentwicklung wollen.
Es ist hier genannt worden, dass die Gründung der Finanzaufsicht ja einen gewissen Hintergrund hatte: eine Krise. Herr Kollege Flosbach hat hier ausführlich und auch sehr nachvollziehbar dargelegt, wie die EBA, die EIOPA und die ESMA für Banken, Versicherungen und Wertpapiere gegründet wurden. Es gab klare Koordinierungs- und Regelungsaufgaben in diesem Bereich. Die Aufsichtskompetenz musste auch dort liegen, damit man der Krise entgegentreten kann. Wir wollten und wollen ja in vielen Dingen, die wir hier geregelt haben, mehr Transparenz, mehr Schutz, mehr Aufsicht und auch mehr Sanktionsmöglichkeiten, wenn etwas schiefläuft.
(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Steht aber nicht drin!)
Diese Dinge sind letztlich auch in diesem Antrag implementiert, Herr Kollege Trost.
(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Da steht kein Wort davon drin!)
Im Übrigen: Es wurde eben gesagt, es würden sich gewisse Punkte an die Bundesregierung richten. Der ganze Antrag richtet sich an die Bundesregierung. Darin steht: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf“, all die Punkte zu tun. Es ist doch eine vorzügliche Aufgabe des Parlaments, hier die Dinge zu formulieren, die es für weiterentwicklungsbedürftig hält.
Der Kommissionsbericht zur Arbeit der ESAs fällt positiv aus. Wir teilen diese Einschätzung. Man sollte hier auch nicht den Eindruck erwecken, das wäre negativ. Insgesamt gesehen sind wir froh, dass diese Aufsichts- und Kontrollgremien ihre Arbeit tun.
Bei allem Positiven muss man die Level-3-Regelungen, die genannt worden sind, im Auge haben. Wenn sie für eine große Bank gemacht sind, aber auf eine kleine Bank letztlich auch Anwendung finden sollen, dann sollten die kompetenten Ansprechpartner von uns auf unsere Auffassung hingewiesen werden. Die Proportionalität und die Subsidiarität müssen erhalten bleiben. Das heißt, beides muss sich in den Regelungen wiederfinden. Es kann keine starre Regelung, Vereinheitlichung aller entsprechenden Aufsichtskriterien geben, sondern es muss an die entsprechende Situation vor Ort angepasst sein. Aber es muss auch klar sein: Es muss Transparenz herrschen, es muss Sicherheit herrschen, und eine Lockerung oder eine Änderung der Vorgehensweise darf nicht zu neuen Risiken führen. Dies müssen wir hier – wie auch im Antrag gefordert – entsprechend umsetzen.
(Beifall bei der SPD)
Die Arbeit der ESAs hat also schon deutliche Fortschritte gebracht. Auch die nationalen Aufsichtsbehörden sind nach diesem Prozess wesentlich effektiver, und die Risiken sind minimiert.
Ich möchte am Schluss noch auf einen Punkt eingehen, der mir besonders wichtig ist. Also nicht unbedingt, dass jetzt alles auch in deutscher Sprache vorliegen muss. Das ist ein netter Wunsch, aber das ist nicht unbedingt mein zentraler Punkt. Ich bin der Auffassung, dass wir perspektivisch die Trennung von Bankenaufsicht und Geldpolitik bei der EZB als Schwerpunkt im Auge behalten sollten. Die kleine chinesische Mauer, wie sie Axel Troost genannt hat, ist letztlich also aufgebaut und ist als große chinesische Mauer entstanden, aus der Not geboren, weil man in dieser Situation die Aufsicht über systemrelevante Banken in der Euro-Zone verorten musste.
Die Gründung des SSM zeigt, dass Europa die Weltmarktkrise meistern will und daraus die richtigen Lehren gezogen hat. Ihn – in Ermangelung von Alternativen – zum damaligen Zeitpunkt bei der EZB zu verorten, darf natürlich nicht dazu führen, dass wir sagen, dies soll auf Ewigkeit so bleiben. Wir müssen darauf hinarbeiten, dass es hier wiederum eine Trennung der beiden Funktionen gibt.
(Beifall bei der SPD)
Perspektivisch müssen Bankenaufsicht- und Geldpolitik voneinander getrennt werden. Denn wenn bei steigenden Inflationsraten eigentlich eine Leitzinserhöhung notwendig wäre, dies aber gleichzeitig angeschlagene Banken gefährdet, dann sind das natürlich zwei Dinge, die miteinander nicht vereinbar sind und die man betrachten muss.
Ein zweiter Punkt: Die demokratische Legitimation des SSM ist zurzeit natürlich nicht in ausreichendem Maße gegeben. Auch hier sind wir als nationales Parlament mit im Boot. Ich denke, das ist ein legitimes Ansinnen, das wir nicht aus den Augen verlieren sollten. Auch dem trägt dieser Antrag Rechnung.
Alles in allem bin ich überzeugt, dass wir mit diesem Antrag eine gut formulierte Handlungsoption als Auftrag für die Bundesregierung haben. Die Aufforderung geht an die Bundesregierung, hier diese Schritte in die Wege zu leiten. Ich glaube, das ist von denjenigen, die es ausgearbeitet haben, gut gemacht. Herzlichen Dank dafür. Es findet sich sehr viel wieder; und wird es in dieser Form umgesetzt, glaube ich, wird das große Ziel mehr Transparenz, mehr Effektivität, mehr Sicherheit im Finanzwesen auch erreicht werden. Lassen Sie uns in diesem Sinne zusammenarbeiten!
Glück auf!
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6566337 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 155 |
Tagesordnungspunkt | Europäisches System der Finanzaufsicht |