18.02.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 155 / Tagesordnungspunkt 11

Johannes FechnerSPD - Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Zuhörerinnen und Zuhörer auf den Tribünen! Wir beschließen heute ein Gesetz mit sehr wichtigen Regelungen für Unternehmen in Deutschland, aber auch für Bankkunden. Das jahrelange Zinstief, dessen Ende niemand absehen kann, zwingt die Unternehmen in ihren Jahresabschlüssen zu höheren Rückstellungen für ihre Pensionsverpflichtungen. Diese Rückstellungen mindern den Gewinn und den Eigenkapitalanteil, und das kann Jobs und Investitionen gefährden.

Wir wollen aber gerade Betriebe, die ihren Mitarbeitern Direktzusagen für eine Betriebsrente gemacht haben, nicht im Regen stehen lassen, und deshalb verlängern wir den Berechnungszeitraum für die Abzinsung der Rückstellungen von sieben Jahre auf zehn Jahre. Wichtig dabei ist: Die durch den neuen Zinssatz ersparten Rückstellungen dürfen nicht als Gewinn an die Aktionäre oder an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, sondern sie müssen im Betriebsvermögen bleiben und sichern so die Pensionsverpflichtungen dauerhaft ab.

Jetzt gab es Diskussionen. Ich habe heute eine Meldung aus dem Handelsblatt gelesen, in der der SPD-Fraktion Erpressung vorgeworfen wird. Erpressung ist uns natürlich völlig wesensfremd. Nur um der historischen Wahrheit Genüge zu tun: Der Entwurf des Bundesjustizministers sah einen Berechnungszeitraum von zwölf Jahren vor. In den Ressortabstimmungen, die dann stattfanden, ist dieser Zeitraum auf Druck oder Empfehlung des Bundesfinanzministers auf zehn Jahre gekürzt worden. Dass der Berechnungszeitraum auf zehn Jahre gekürzt wurde, ist also auf die Anregung oder die Empfehlung, den Wunsch, den Druck des Bundesfinanzministeriums zurückzuführen.

Herr Kollege Fechner.

Ja.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Winkelmeier-Becker?

Ich kenne sogar schon die Frage, aber gerne.

Aber sie darf sie stellen?

Natürlich.

Bitte schön.

(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Dann brauche ich sie nicht zu beantworten!)

Dann hast du dir hoffentlich eine Antwort überlegt. Stimmst du mir zu, lieber Kollege Johannes Fechner,

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie!)

oder stimmen Sie mir zu – gerne, Frau Künast, wenn Sie auf Etikette so viel Wert legen –, dass wir uns als Sprecher dieser Großen Koalition in dieser Frage noch einmal explizit darüber ausgetauscht haben, ob wir als Parlamentarier, als die die Regierungskoalition tragenden Fraktionen uns darauf einigen können, die Frist auf zwölf Jahre zu verlängern, dass wir als CDU/CSU-Fraktion uns ausdrücklich dafür ausgesprochen haben, dies zu tun, und dass dann seitens der SPD-Fraktion diese Bereitschaft nicht bestanden hat? Und ist es nicht so, dass wir als Parlament diese Entscheidung verbindlich zu treffen haben, unabhängig davon, was uns die Ministerien vorgeben?

Selbstverständlich haben wir hier das letzte Wort; das ist klar. Ich habe deswegen ja dargestellt, wie der historische Ablauf war und dass es das CDU-geführte Finanzministerium war. Allzu groß war der Protest in den Reihen der Union auch nicht.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU)

– Das war so. – Ich möchte Herrn Schäuble hier ausdrücklich in Schutz nehmen. Es gibt ja durchaus Argumente für diese Position, die etwa der Vertreter der Deutschen Bundesbank in der Anhörung auch dargestellt hat. Ich meine aber, um meine Antwort versöhnlich zu beenden, dass sowohl Sie, liebe Kollegin Lisa Winkelmeier-Becker, als auch der Kollege Hirte und der Staatssekretär Meister explizit im O-Ton gesagt haben: Wir haben es hier mit einem vernünftigen Kompromiss zu tun. – Allzu ausgeprägt war also die Rauflust in der Unionsfraktion, hier auf zwölf Jahre – gegen das eigene Finanzministerium – zu gehen, auch nicht; das möchte ich so festhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Letztendlich finde ich, dass wir doch einen vernünftigen Kompromiss gefunden haben. Das zeigt sich auch daran, dass von den Wirtschaftsverbänden bis hin zum Deutschen Gewerkschaftsbund ja zunächst einhellig diese Lösung gefordert wurde, aber auch der jetzige Kompromiss begrüßt wurde. Auch in der Anhörung hat sich das so ergeben.

Zum Verbraucherschutz im Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Diesbezüglich, finde ich, sind für die Bankkundinnen und Bankkunden doch eine ganze Reihe von Verbesserungen in diesem Gesetz enthalten. Auch bei den Null-Prozent-Finanzierungen wird es eine verpflichtende Kreditwürdigkeitsprüfung und ein Widerrufsrecht geben, um Verbraucher vor übereilten Vertragsabschlüssen zu schützen. Wir stellen zudem klar, dass ein Darlehen nur gekündigt werden kann, wenn der Darlehensnehmer mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Raten – zumindest teilweise und auch nicht nur mit einem kleineren Betrag, sondern entsprechend der Laufzeit in Höhe eines gewissen Prozentsatzes des Darlehensbetrages – in Verzug ist, und es ist eine Abmahnung erforderlich, die eine einvernehmliche Lösung als Gesprächsangebot enthalten muss.

Oft ist die Vorfälligkeitsentschädigung, um auch dieses Thema anzusprechen, aus Sicht der Bankkunden in der Höhe nicht transparent und nachvollziehbar. Deswegen haben wir hier die wichtige Neuerung, dass wir bei den allgemeinen Verbraucherdarlehen ganz klar regeln, dass die Vorfälligkeitsentschädigung nur 1 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrages ausmachen darf. Ich finde, das ist eine Verbesserung. Hier können jetzt alle sehen, was auf sie zukommt, wenn etwa wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes oder einer Scheidung die finanzielle Leistungsfähigkeit zurückgeht und sie vorzeitig das Darlehen kündigen.

Ich will nicht verschweigen, dass die SPD-Fraktion in diesem Verfahren gerne noch andere Punkte untergebracht hätte, etwa eine gesetzliche Deckelung des Dispozinses. Wir hätten uns, um die Härtefälle bei der Vorfälligkeitsentschädigung zu berücksichtigen, auch vorstellen können, eine Ermächtigung der Bundesregierung aufzunehmen, in der klare Kriterien dazu, wann ein solcher Härtefall vorliegt und wie dann die Transparenz bei der Vorfälligkeitsentschädigung zu gewährleisten ist, aufgenommen werden sollten. Das war leider nicht möglich. Wir hoffen, dass wir das ein andermal hier beschließen können.

In diesem Sinne glaube ich, dass wir hier ein gutes Gesetz haben, dass wir für die Pensionsrückstellungen eine vernünftige Lösung gefunden haben und dass sehr viele Vorteile für die Verbraucher in dem Gesetz enthalten sind, sodass wir diesem Gesetz zustimmen sollten.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Für die CDU/CSU-Fraktion hat jetzt Professor Dr. Heribert Hirte das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/cvid/6566882
Wahlperiode 18
Sitzung 155
Tagesordnungspunkt Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie
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