18.02.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 155 / Tagesordnungspunkt 11

Heribert HirteCDU/CSU - Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer! Zu diesem Gesetz möchte ich jetzt nur einen Punkt ansprechen: Das Thema „Abzinsungssatz für Pensionsrückstellungen“ hat eine relativ lange Vorgeschichte. Schon im vergangenen Sommer haben wir, als wir das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz beraten und beschlossen haben, zusammengesessen und – nachdem große Teile der deutschen Wirtschaft und der Deutsche Gewerkschaftsbund auf uns zugekommen waren und erklärt haben, dass es hier ein großes Problem gibt, das wir lösen müssen – gesagt, dass wir diesen Punkt ansprechen wollen.

Wir haben deshalb – ich betone das – gemeinsam eine Entschließung verabschiedet, in der wir gesagt haben, dass wir dieses Problem angehen wollen. Die Beratungen haben länger gedauert, als wir es vorgesehen, als wir es erhofft hatten. Wir wollten das eigentlich schon vor dem 31. Dezember 2015 zu Ende bringen. Jetzt stehen wir da und müssen dieses Gesetz im Jahr 2016 mit möglicher Rückwirkung beschließen.

Im Kern – das möchte ich jetzt noch einmal sagen – geht es aber um die Frage: Wie bewerten wir Rückstellungen in der Bilanz? Rückstellungen sind Verbindlichkeiten. Je größer sie sind, desto größer ist die Schuldenlast bzw. das Fremdkapital des Unternehmens. Die Frage ist: Wie bewerten wir Rückstellungen für erst in ferner Zukunft kommende bzw. drohende mögliche Verbindlichkeiten? Wie zinsen wir die auf den heutigen Zeitpunkt ab?

Herr Schick, Sie haben gesagt, wir gehen das Problem jetzt nicht richtig an. Es gibt dafür verschiedene Lösungsansätze. Wir könnten eigentlich sagen, dass wir – das ist übrigens der Ansatz des Pensionssicherungsvereins – die Zinsen der nächsten 10, 15 oder 20 Jahre nehmen. Weil wir den Zinssatz der Zukunft, der Grundlage für die Abzinsung ist, nicht kennen, haben wir bisher den Zinssatz der Vergangenheit genommen. Der war aber letztlich gegriffen; sieben Jahre waren es. Diese sieben Jahre führen zu zufälligen Ergebnissen. Weil wir sehen, dass das ein zufälliges Ergebnis ist, das zu einer Belastung für die Unternehmen und die von den Pensionen profitierenden Arbeitnehmer führt, nehmen wir jetzt den vorgeschlagenen Zeitraum von zehn Jahren.

Wir hätten uns – ich sage es noch einmal deutlich – zwölf Jahre gewünscht. Herr Fechner, wir hatten das auch in den Arbeitsgruppen untereinander so verabredet.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Nein!)

– Doch! Wir haben untereinander so über diesen Punkt geredet und waren der Meinung: In diese Richtung sollte die Lösung gehen.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Das ist Quatsch!)

Wenn Sie jetzt sagen, das Bundesfinanzministerium habe nicht zugestimmt, dann erzählen Sie die Geschichte nicht bis zum Ende. Das Bundesfinanzministerium hat in der Tat auf eine Stellungnahme der Deutschen Bundesbank verwiesen und gesagt: Die ursprünglich einmal von Herrn Naumann vorgeschlagene Lösung sei so nicht vernünftig. – Wir haben aber an dieser Lösung gearbeitet. Und das Bundesfinanzministerium – hier sitzt als sein Vertreter Herr Spahn – hat gesagt: Ja, wir machen das mit. – Am Ende – und das ist das Ende der Geschichte – waren Sie es, die den zwölf Jahren nicht mehr zugestimmt haben. Noch gestern im Rechtsausschuss hat Herr Hakverdi gesagt: Wir müssten darüber nachdenken, ob die zehn Jahre reichen oder ob es nicht vielleicht zwölf Jahre sein können. – Wir denken gerne und sofort darüber nach. Beim nächsten Verfahren können wir die Zahl „zehn“ gegen die Zahl „zwölf“ auswechseln.

Herr Professor Hirte, Sie haben jetzt den Widerspruch des Kollegen Fechner ausgelöst. Sind Sie damit einverstanden, dass er Ihnen eine Frage stellt oder eine Bemerkung macht?

Mit der Frage, ja; mit dem Widerspruch nicht.

Bitte schön.

Herr Kollege Hirte, wollen Sie zur Kenntnis nehmen, dass es weder vonseiten der Parteispitze noch der Fraktion noch von irgendjemand anderem eine Verabredung gab, im parlamentarischen Verfahren den Berechnungszeitraum auf zwölf Jahre auszuweiten? Eine solche Vereinbarung gab es nicht. Es gab aber die ausdrückliche Aussage von Ihnen oder auch von Herrn Meister, dass es eine vernünftige Lösung ist, bei den zehn Jahren zu bleiben. Und wenn ich mich an das Nicken des Staatssekretärs Spahn vor wenigen Minuten erinnere, als ich von einem vernünftigen Kompromiss sprach, kann ich feststellen, dass offensichtlich auch er dieser Meinung ist. Sie sollten hier also nicht den Anschein erwecken, dass die Große Koalition zu sehr streiten würde.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Große Koalition?)

Diesen Anschein erwecke ich natürlich nicht. An keiner Stelle streiten wir. Das habe ich noch überhaupt nicht erlebt.

(Heiterkeit – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir hatten einen ganz anderen Eindruck!)

Ich stimme Ihnen – das ist der Punkt, den Sie genannt haben – ausdrücklich zu: Es ist ein vernünftiger Kompromiss, den wir am Ende hinbekommen haben. Ich stimme Ihnen nur nicht in dem Punkt zu – wenn Sie da Zustimmung haben wollen, können Sie die nicht bekommen –, dass wir von den zwölf Jahren abgewichen sind, weil wir davon nicht mehr überzeugt gewesen seien. So hörte sich das bei Ihnen – auch in einer Presseerklärung, die Sie herausgegeben haben – heute an.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich darf das weiter aufgreifen: Gerade zu dem zentralen Kritikpunkt, der über die Bundesbank an das Bundesfinanzministerium weitergegeben wurde, war gesagt worden, dass das die Schuldentragfähigkeit der Unternehmen in der Zukunft beeinflussen könne. Das war der Grund, warum das Bundesfinanzministerium und die Bundesbank dagegen waren. Aber genau in diesem Punkt haben wir – im Übrigen im Einverständnis – nachgebessert. Wir haben eine Ausschüttungssperre vorgesehen, sodass im Ergebnis nur eines passiert: Das, was in der Bilanz früher als Fremdkapital gekennzeichnet war, wandert zum Eigenkapital herunter. Das bedeutet, wir haben den Ausweis geändert, ohne dass Geld das Unternehmen verlässt. Damit haben wir dem Gedanken der Deutschen Bundesbank Rechnung getragen. Die Gesichtspunkte, die Sie angeführt haben, gelten jetzt nicht mehr. Sie hätten also zustimmen können.

Damit komme ich zum nächsten Punkt. Ich glaube, wir haben eine in dieser Situation vernünftige Lösung gefunden, auch was das Übergangsrecht angeht. Wir erlauben nämlich den Unternehmen, die jetzt die Bilanz noch nicht festgestellt haben, die neue Regelung, die – da stimme ich Ihnen zu – ein gesunder, vernünftiger Kompromiss, aber eben auch nur ein Kompromiss ist, rückwirkend für das Jahr 2015 anzuwenden, sodass die Lasten in der Bilanz auch für das Jahr 2015 richtiger als bislang dargestellt werden können.

Ich möchte einen weiteren Punkt aufgreifen, der mit dieser Regelung nicht zusammenhängt, gerade weil Sie so schön auf die Position des Bundesfinanzministeriums und der Bundesbank verweisen. Wir haben ganz am Anfang – ich erinnere mich daran, wie wir es hier im letzten Sommer beraten haben – auch über einen weiteren Punkt nachgedacht, nämlich darüber, ob nicht eigentlich auch die steuerliche Begleitregelung angepasst werden müsste. Da waren wir uns in der Großen Koalition einig, dass wir das nicht angehen wollten. Wenn diesbezüglich aber die Bundesbank zitiert wird, dann kann ich nur sagen: Die Deutsche Bundesbank hat – wie im Übrigen auch der Arbeitskreis Bilanzrecht Hochschullehrer Rechtswissenschaft – gesagt, dass wir eigentlich auch an diese Regelung herangehen müssten. Das haben wir aus Rücksichtnahme auf unseren Koalitionspartner nicht weiter verfolgt. Der Sache nach ist das überzeugend.

Was das Bilanzrecht anbelangt, sind wir bei den Rückstellungen nur auf die Pensionsverpflichtungen eingegangen. Selbstverständlich gibt es auch noch andere langfristige Rückstellungen. Als Jurist denkt man dann über die Frage nach: Müsste man nicht gemäß dem Gleichbehandlungsgrundsatz auch da einschreiten? Das haben wir nicht gemacht.

Insofern: Es gibt noch einiges zu tun. Das Gesetz ist gut für die Unternehmen, gut für die Arbeitnehmer und gut für die Wirtschaft. Deshalb ist es im Ergebnis ein vernünftiger Kompromiss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – An dieser Stelle hätte der Kollege Metin Hakverdi das Wort bekommen. Er ist leider erkrankt. Ich denke, auch in Ihrem Namen können wir ihm gute Besserung wünschen. Im Einvernehmen mit allen Fraktionen kann er seine Rede zu Protokoll geben.

Jetzt hat der Kollege Dr. Volker Ullrich, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6566953
Wahlperiode 18
Sitzung 155
Tagesordnungspunkt Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie
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