18.02.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 155 / Tagesordnungspunkt 12

Sylvia PantelCDU/CSU - Schutz und Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen ist ein gemeinsames Ziel aller Fraktionen im Haus. Wann immer Frauen von Gewalt betroffen sind, ist die schnelle Hilfe vor Ort nötig. Nicht jede Frau, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden ist, kann sich selbst einen sicheren Schutzraum organisieren. Oft fehlen die finanziellen Mittel und die Unterkunft, um kurzfristig mitsamt der Kinder vor einem gewalttätigen Partner zu fliehen. Dass wir den Frauen helfen müssen und Zufluchtsorte, geschützte Räume und Hilfsangebote für sie zur Verfügung stellen müssen, steht für mich und meine Fraktion außer Frage.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Für uns Männer auch!)

Darum müssen wir uns kümmern.

Im städtischen Raum sind Hilfe und Unterstützungseinrichtungen meist leichter zu erreichen als in den ländlichen Gegenden. Dabei sind die Gegebenheiten und Hilfsnetze vor Ort sehr unterschiedlich. Da stimme ich Ihnen nicht zu: In den vergangenen 40 Jahren ist sehr viel passiert, und wir haben zum Teil sehr gut funktionierende und auch gut ausgestattete Frauenhäuser.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Fritz Felgentreu [SPD])

Klar ist, dass Frauenhäuser kurzfristige Zufluchtsorte für die betroffenen Frauen sein sollen. Der Schutz vor Gewalt und die Beratung und Betreuung in den Frauenhäusern sollen es den Betroffenen ermöglichen, über ihre Zukunft selbstbestimmt und ohne äußeren Druck und ohne Angst entscheiden zu können.

Die Mitarbeiter und die Ehrenamtlichen in den Frauenberatungsstellen und Frauenhäusern leisten unter großem persönlichem Einsatz einen unschätzbaren Dienst für die Opfer von Gewalt. Um diese wertvolle Arbeit dauerhaft leisten zu können, muss die Finanzierung sicher und verlässlich sein. Da stimme ich mit Ihnen vollkommen überein.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Deshalb ist die Forderung nach einer sicheren Finanzierung berechtigt. Das Problem bei Ihrer Forderung ist, dass Sie eine Bundesfinanzierung einfordern, obwohl die Länder zuständig sind. Das ist in unserem Land geregelt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist doch immer das gleiche Lied!)

Wir haben in den Ländern bereits ganz verschiedene und sinnvolle Modelle, mit denen die Frauenhäuser finanziert werden.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Betonung liegt auf „verschiedene“! „Verschiedene“ ist das Problem!)

Ich kann Ihnen nur sagen: Ich war in meinem Wahlkreis in einem Frauenhaus. Auch wir haben ein Jubiläum unseres Gleichstellungsbüros gefeiert. Auf meine Nachfrage erhielt ich die Antwort: Bei uns läuft es. – Da werden keine Frauen abgewiesen.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Düsseldorf vielleicht!)

– Ja, in Düsseldorf. Das ist richtig.

(Beate Walter-Rosenheimer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Düsseldorf ist doch nicht die Bundesrepublik! – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gehen Sie nach Brandenburg!)

Das ist eine Sache, die die Kommunen und Länder zu regeln haben und nicht der Bund.

Leider ist die Qualität der Versorgung in den Ländern sehr unterschiedlich. Aber man muss im Land dafür sorgen, dass die Finanzierung geregelt ist;

(Beate Walter-Rosenheimer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagen Sie mal den Kollegen in Bayern!)

denn dafür sind die Länder verantwortlich. Es kann nicht die Lösung sein, dass immer der Bund einspringt, wenn die Länder ihren Aufgaben nicht nachkommen. Ganz im Gegenteil: Ich halte es für einen Skandal, wenn einige Länder in diesem sensiblen Bereich, beim Schutz von Frauen vor Gewalt, ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Aber der Bund ist die falsche Stelle. Die Länder sind für eine solide Finanzierung der in ihrem Hoheitsbereich jeweils gewählten Schutzmodelle verantwortlich. Der Bund hat die Länder in vielen anderen Bereichen entlastet, damit sie ihren Aufgaben nachkommen können.

(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir müssen darauf drängen, dass die Länder diese Entlastungen an die Kommunen weiterleiten, gerade dann, wenn diese auch Projekte wie die Finanzierung der Frauenhäuser sicherstellen sollen.

Wir haben Länder und Kommunen in den vergangenen Jahren kontinuierlich entlastet. Für soziale Leistungen der Kommunen stellt der Bund 2016  7,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Die richtigen Hilfestrukturen für die Betroffenen zu finden, ist eine Aufgabe für die Experten vor Ort. Eine zentrale staatliche Maßnahme kann nicht unsere Antwort auf diese Herausforderung sein; das wäre der falsche Weg. Zielführender wäre es, wenn sich die Länder auf gemeinsame Standards einigen könnten, die keine Verschlechterung der gut aufgestellten Frauenhäuser zur Folge hätten. Vor Ort gibt es die notwendigen Netzwerke und die Flexibilität, um auf die individuelle Situation und die Bedürfnisse der Frauen eingehen zu können.

(Zuruf von der LINKEN: Wenn man das Geld dafür hat, schon!)

Ich möchte auf eine Ihrer Forderungen eingehen. In Ihrem Antrag fordern Sie, Frauen sollten keinen Nachweis mehr erbringen müssen, Opfer von Gewalt zu sein. Ich stimme Ihnen zu, dass es nicht sein darf, dass Frauen vom Hilfesystem ausgeschlossen werden. Aber ein Anspruch muss schon nachgewiesen werden. In einer idealen Welt wäre das in der Tat nicht nötig. In einer idealen Welt würde aber auch niemand Sozialleistungen erschleichen, schwarzfahren oder sonst wie unberechtigt Leistungen beziehen. Sicher können wir darüber reden, wie solche Regelungen umgesetzt werden.

(Beate Walter-Rosenheimer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das denn für ein Zusammenhang? – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was für ein kruder Vergleich! – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Vergleichen Sie gerade Sozialleistungsbetrug mit Frauenhäusern? Unglaublich!)

– Hören Sie doch zu; dann brauchen Sie sich nicht aufzuregen. – Eine Kontrolle aber, ob jemand die Leistungen zu Recht bezieht, muss sein.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Tosender Beifall bei der Union!)

Dass wir heute über die Finanzierung von Frauenhäusern diskutieren, ist wichtig. Wir stellen hier und heute noch einmal fest, dass die Länder ihren Pflichten nachkommen müssen. Länder und Kommunen müssen durch die unterschiedlichen Angebote vor Ort dafür sorgen, dass Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt sind, Hilfe erhalten. Deshalb sind alle Konzepte, die eine gewaltfreie Konfliktlösung fördern, zu unterstützen. Das heißt aber nicht, dass der Bund sie dann auch finanzieren muss.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Die Kollegin Ulle Schauws, Bündnis 90/Die Grünen, hat jetzt das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6567009
Wahlperiode 18
Sitzung 155
Tagesordnungspunkt Schutz und Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen
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