18.02.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 155 / Tagesordnungspunkt 12

Gudrun ZollnerCDU/CSU - Schutz und Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Leider muss jede vierte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt durch ihren Partner erleben, und jede einzelne ist eine zu viel. Beleidigungen, Schläge, Demütigungen, Vergewaltigungen und lebensgefährliche Verletzungen führen zum Teil zu lebenslangen seelischen Folgen. Meist braucht es viele Anläufe, bis die Betroffenen bereit und in der Lage sind, sich aus der Gewaltsituation zu lösen. Die Frauen brauchen dafür Beratung und Zuwendung, und sie brauchen einen sicheren Ort. Als zentrale Anlaufstelle und Einrichtung für Opfer von häuslicher Gewalt sind Frauenhäuser seit nunmehr 40 Jahren unverzichtbar geworden. Gerade in Zeiten der Flüchtlingskrise kommen auf die Frauenhäuser neue Herausforderungen zu.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Bekämpfung aller Formen von Gewalt gegen Frauen gehört nicht erst seit Köln zu den langfristigen Schwerpunkten der Bundesregierung. Im Rahmen der durch das Grundgesetz vorgegebenen Kompetenzverteilung stehen wir alle in der Verantwortung.

Insgesamt verfügt Deutschland über ein ausdifferenziertes Hilfesystem für gewaltbetroffene Frauen. Im März 2013 startete das Hilfetelefon – viele meiner Vorrednerinnen haben das angesprochen –: Kostenlos, anonym und vertraulich kann sich jede Frau Rat durch erfahrene Fachkräfte holen – in bis zu 15 verschiedenen Sprachen. Sehr wichtig ist dies für die zu uns kommenden Flüchtlingsfrauen.

Frauen mit Behinderungen haben einen besonderen Hilfebedarf, da sie überdurchschnittlich häufig von Gewalt betroffen sind. Hierzu sind in Bayern im Januar 2014 Projekte gestartet worden: eine zentrale, barrierefreie Service-Homepage mit Informationsmaterial, Fortbildungen für Beraterinnen in Frauenhäusern und Notrufe zur Thematik „Gewalt und Behinderung“.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Frauenbeauftragte werden in Einrichtungen der Behindertenhilfe ausgebildet. Das Vorhandensein, die Ausgestaltung und die finanzielle Absicherung von Unterstützungsangeboten für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder liegen aber in erster Linie bei den Bundesländern. Im Rahmen der landesrechtlich konkretisierten Aufgabe der Daseinsvorsorge liegt die Zuständigkeit auch bei den Kommunen. Ich möchte die Bundesländer aufrufen, ihre Kommunen bei diesen wichtigen Aufgaben zu unterstützen und die Entlastungen an sie weiterzugeben.

Es entspricht unserem föderalen Prinzip, in der unterschiedlichen Ausgestaltung vor Ort grundsätzlich eine Chance zu sehen. Damit werden Spielräume eröffnet, um den Bedürfnissen mit den regionalen Unterschieden Rechnung zu tragen. Das ist auch gut so.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dies sehen auch die Bundesländer so, und das wurde auch von der Gleichstellungsministerkonferenz so gesehen. Festgestellte gewachsene Unterschiede der Versorgungsinfrastruktur für gewaltbetroffene Frauen sind auch Ausprägungen der föderalistischen Struktur der Bundesrepublik Deutschland und deuten nicht automatisch auf Versorgungsdefizite hin.

Ich kann auch nicht erkennen, dass eine Verlagerung der Aufgaben auf den Bund automatisch alles besser machen würde. Das würde auch bedeuten, dass die Länder ihre finanziellen Mittel für diese Aufgabe nicht mehr bereithalten würden. Kurzum: Der Bund müsste die Leistungen der Länder ersetzen. Ich darf erinnern, dass erst kürzlich der Bundesrechnungshof vor einer Überlastung des Bundeshaushalts durch die umfangreichen Unterstützungsleistungen an die Länder und Kommunen gewarnt hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, packen wir gemeinsam die Herausforderungen zum Schutz von Frauen und Kindern an! Konzentrieren wir uns auf die Aufgaben, für die wir als Bund zuständig sind! Länder und Kommunen werden verantwortungsvoll ihre Pflichten übernehmen. Ich erinnere: Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Gesetz vom Bundesverfassungsgericht gekippt wird, weil nicht der Bund, sondern die Länder zuständig sind.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6567246
Wahlperiode 18
Sitzung 155
Tagesordnungspunkt Schutz und Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen
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