Hiltrud LotzeSPD - Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute Abend den – ich lese einmal den gesamten Titel vor – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes zur Einführung von Grundsätzen für die Kosten von Wasserdienstleistungen und Wassernutzungen sowie zur Änderung des Abwasserabgabengesetzes. Vom Titel her ist das eine Herausforderung. Inhaltlich ist es ein gutes und wichtiges Gesetz, weil es im Kern um unser wichtigstes Lebenselixier geht, nämlich ums Wasser. Mit diesem Gesetz beenden wir heute einen mehrjährigen Streit um die Frage der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie in das Wasserhaushaltsgesetz.
Grundsätzlich zielt die EU-Wasserrahmenrichtlinie auf die Herstellung eines guten Zustands aller Gewässer. Gewässer sind dann in einem guten Zustand, wenn sie, vereinfacht gesagt, vom Menschen nur gering beeinflusst sind. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie sieht vor, dass sich alle, die Wasser in irgendeiner Form nutzen, finanziell daran beteiligen müssen, dass die Gewässer in einem guten Zustand sind. Das ist der Kostendeckungsgrundsatz.
Umweltverbände und die Europäische Kommission waren der Meinung, dass auch in unserem Wasserhaushaltsgesetz eine Kostenbeteiligung zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie festgeschrieben werden muss, und haben deswegen geklagt. Dazu muss man wissen, dass in Deutschland unter Wasserdienstleistungen die Trinkwasserversorgung und die Abwasserentsorgung verstanden werden. Diese Bereiche werden zur Kostendeckung herangezogen. Allerdings wird zum Beispiel das Aufstauen des Wassers für die Stromerzeugung aus Wasserkraft oder das Nutzen des Wassers für die Schifffahrt nicht als Wasserdienstleistung betrachtet. Deswegen werden diese Bereiche bei der Anwendung des Kostendeckungsgrundsatzes – wer nutzt, muss zahlen – auch nicht berücksichtigt.
Die jetzige Bundesregierung und ihre Vorgänger haben die Wasserrahmenrichtlinie so interpretiert: Für den Fall, dass die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie nicht erreicht werden, sollen sich die übrigen Wassernutzer, also die eben Genannten, an den Kosten beteiligen. Diese Beteiligung müsse aber nicht unbedingt finanzieller Art sein. – Ich weiß, das ist ein bisschen kompliziert. Ich versuche, das hier so deutlich wie möglich zu erläutern.
Der Europäische Gerichtshof hat nach der Klage die grundsätzliche Rechtsauffassung der Bundesrepublik Deutschland bestätigt: Deutschland muss alle Wassernutzer an den Kosten beteiligen. – Wie dies zu geschehen hat, ist aber nicht festgelegt. Obwohl der EuGH festgestellt hat, dass die Bundesrepublik bisher nicht gegen die Wasserrahmenrichtlinie verstoßen hat, sind zur Klarstellung minimale Änderungen im Wasserhaushaltsgesetz notwendig. Und die nehmen wir heute hier mit diesem Gesetzentwurf vor. Im Klartext heißt das: Das Wasserhaushaltsgesetz wird ergänzt, für die Wassernutzer bleibt aber alles beim Alten. Für niemanden entstehen zusätzliche Kosten.
Das Land Baden-Württemberg war nun der Meinung, hier könne eine Rechtsunsicherheit in dem Sinne entstehen, dass das verfassungsmäßige Recht der Länder, Abgaben zu erheben, beschnitten werden könne. Die Grünen haben das in ihren Änderungsantrag aufgenommen, und auch der Bundesrat hat auf Initiative von Baden-Württemberg den Wunsch formuliert, eine Länderöffnungsklausel einzuführen.
Aus unserer Sicht – da teilen wir auch die Auffassung des Ministeriums – ist eine solche Klausel unnötig; denn nach dem vorliegenden Gesetzentwurf können Bund und Länder das Kostendeckungsprinzip bei der Wassernutzung auch dann uneingeschränkt anwenden, wenn die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie schon erreicht werden. Deswegen werden wir den Änderungsantrag der Grünen ablehnen.
Das Gleiche gilt auch für den Entschließungsantrag, in dem unter anderem gefordert wird, im Wasserhaushaltsgesetz ein Fracking-Verbot zu verankern.
(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])
– Der Applaus ist im Prinzip richtig.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beifall des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir werden diesen Entschließungsantrag trotzdem ablehnen.
(Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Wieso?)
Aber Achtung: Wir lehnen ihn nicht ab, weil wir etwa für Fracking sind. Ganz im Gegenteil!
(Ulli Nissen [SPD]: Genau! – Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Jetzt kommt die Pointe!)
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen: Es ist eine umfassende Fracking-Gesetzgebung auf dem Weg,
(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Aha! – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie lange schon?)
und dieser wollen wir hier nicht durch ein Detail vorgreifen.
Ich will den Fokus heute Abend noch auf ein anderes Wasserthema lenken, nämlich auf die Nitratrichtlinie. Wenn wir in Deutschland das Grundanliegen der Wasserrahmenrichtlinie – nämlich den guten Zustand aller Gewässer – erreichen wollen, dann müssen wir diese Nitratrichtlinie umsetzen; denn wir alle wissen: Unsere Böden und damit auch die Gewässer sind noch immer zu stark durch Düngemittel, und hier vor allem mit Nitrat, belastet. 82 Prozent der Oberflächengewässer haben letztes Jahr die Kriterien der Wasserrahmenrichtlinie nicht erfüllt.
Wir alle wissen auch, dass der Hauptverursacher dieses Zustandes die Landwirtschaft ist. Bei allem Verständnis für die Landwirtschaft will ich hier ganz deutlich sagen: Die Verzögerung bei der Umsetzung der Nitratrichtlinie ist nicht dem Umweltressort zuzuschreiben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Dass es auch anders geht, zeigt sich beispielhaft in meiner Region, in Lüchow-Dannenberg - Lüneburg. Hier beteiligen sich derzeit 20 landwirtschaftliche Betriebe an einem mehrjährigen niedersächsischen Modellversuch. Diese Betriebe werden in Düngefragen intensiv beraten – und das kostenlos. Das Ergebnis ist, dass bis zu 20 Prozent weniger Düngemittel und damit weniger Nitrat eingesetzt werden.
Man kann also sehen: Es funktioniert. Deswegen ist uns und mir als Umweltpolitikerin sehr daran gelegen, dass wir die Verschärfung des Düngemittelgesetzes und der Düngemittelverordnung zur Umsetzung der Nitratrichtlinie schnell verabschieden.
(Beifall bei der SPD)
Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch das muss uns klar sein: Wenn wir alle zusammen nicht mehr für die Verbesserung der Wasserqualität tun, dann werden wir in mehrfacher Hinsicht einen hohen Preis dafür zahlen.
Ich komme zurück zu dem Gesetzentwurf. Mit der Novelle des Wasserhaushaltsgesetzes setzen wir ein weiteres Element der Wasserrahmenrichtlinie in nationales Recht um. Wir als SPD-Fraktion stimmen zu. Und wir arbeiten zusammen mit unserer Ministerin weiter intensiv daran, unser Wasser noch besser zu schützen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Ulrich Petzold [CDU/CSU])
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Ralph Lenkert von der Fraktion Die Linke das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6567587 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 155 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes |