Nina WarkenCDU/CSU - Einführung beschleunigter Asylverfahren
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! In den letzten Tagen war viel Kritik bezüglich der Gesetzentwürfe, die wir heute beraten, zu hören; auch in der Debatte wurde damit nicht gespart. Wir hörten, das Asylpaket II sei gesetzeswidrig, eine ungerechte Verschärfung – von einer Gängelung der Flüchtlinge und einer Aushöhlung des Asylrechts war die Rede; „Populismus“, „hilflos“ und „schäbig“ waren die Worte – und dass das alles nichts bringen würde.
Wenn man aber so argumentiert, darf man sich folgenden Tatsachen nicht versperren: Tausende Menschen kommen täglich zu uns, obwohl sie bereits in einem anderen Land Schutz gefunden haben oder Schutz finden könnten.
(Annette Groth [DIE LINKE]: Wo denn?)
Unter den Asylbewerbern sind auch Kriminelle, die bei uns Straftaten begehen. In manchen Fällen wird ein Asylantrag nur gestellt, um Sozialleistungen zu bekommen. Kinder und Jugendliche werden auf eine lebensgefährliche Reise geschickt, damit dann auch ihre Eltern nach Deutschland kommen dürfen. Abgelehnte Asylbewerber werden vor allem in rot-grün regierten Bundesländern nur unzureichend abgeschoben. – All das ist inzwischen Alltag in Deutschland geworden und findet deshalb kein Verständnis in der Bevölkerung. Die Bürger erwarten von uns, dass wir gegen Missbrauch und Fehlentwicklungen vorgehen, die mit dem Schutz vor Verfolgung rein gar nichts zu tun haben.
(Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Wir brauchen mehr Bildung! Wir brauchen den Bundesrat!)
Genau das tun wir mit den Gesetzentwürfen, die wir heute hier beraten.
Was Sie, werte Kollegen von der Opposition, wollen, um die Lage zu bewältigen, ist auch heute offengeblieben. Außer Kritik war nicht viel zu hören.
(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben Anträge dazu eingereicht!)
Herr Jäger hat zwar Lösungen angesprochen, aber keine Lösungen präsentiert. Kritisieren ist einfacher als konstruktive Mitarbeit, hilft uns aber kein Stück weiter.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, betrachten wir das Ganze doch einmal vom Ende her: Wie würde es ohne die Maßnahmen weitergehen, die wir heute beschließen wollen?
Fangen wir mit dem beschleunigten Verfahren für Asylbewerber an, die keine Bleibeaussicht haben. 2015 sind 1,1 Millionen Menschen nach Deutschland gekommen, die sich auf das Asylrecht berufen. Das sind aber nicht nur Flüchtlinge, die Anspruch auf Schutz haben. Nur 49 Prozent der 2015 gestellten Asylanträge wurden positiv entschieden. Das heißt, dass bei mehr als der Hälfte keine Schutzbedürftigkeit festgestellt werden konnte.
Wenn wir bei Asylbewerbern, bei denen schon bei der Ankunft absehbar ist, dass sie keine Bleibeaussicht haben, nicht in kürzester Zeit entscheiden und sie in ihre Herkunftsländer zurückführen, werden wir noch mehr Anreize schaffen, ohne berechtigten Grund nach Deutschland zu kommen. Deshalb ist es wichtig, dass Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, Folgeantragsteller und diejenigen, die gegen ihre Mitwirkungspflichten verstoßen oder die betrügen, für die Dauer des Verfahrens in speziellen Einrichtungen – idealerweise in Grenznähe – bleiben müssen. Das ist nicht nur ein klares Signal im Sinne von „Wir nehmen nur wirklich Schutzbedürftige auf“, sondern entlastet auch deutlich unsere Kommunen bei der Unterbringung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Man kann dabei auch nicht von Gängelung oder Aushöhlung des Asylrechts sprechen. Nein, das sind wirkungsvolle Maßnahmen, die im Übrigen mit EU-Recht vereinbar sind.
Kommen wir zur Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzbedürftige. Bei diesem Thema haben sich Grüne und Linke mit ihrer Kritik ja fast schon überschlagen. Schauen wir uns aber einmal die Fakten an: Seit Anfang des Jahres kommen weiterhin 2 000 bis 5 000 Menschen täglich bei uns an. Wir müssen davon ausgehen, dass die Zahl der subsidiär Schutzbedürftigen steigen wird. Wenn dann noch jeder ein Recht auf Familiennachzug hat, werden wir am Jahresende 2 Millionen Flüchtlinge oder noch mehr haben. Die Aussetzung des Familiennachzugs bei subsidiär Schutzbedürftigen ist daher in der jetzigen Situation notwendig.
Europarechtlich ist der Familiennachzug für diese Gruppe nicht geboten. Wir sind das einzige Land in Europa, das subsidiär Schutzbedürftigen das Recht auf Familiennachzug gewährt, und es hat sich gezeigt, dass dies ein Grund ist, warum Schutzsuchende unbedingt nach Deutschland wollen.
(Dr. Eva Högl [SPD]: Das ist ja wohl zynisch!)
Aus unserer Sicht ist es daher geboten, die im Übrigen – auch das darf ich noch einmal klar sagen – erst zum 1. August 2015 geschaffene Rechtslage wieder auszusetzen.
Lassen Sie mich im Zusammenhang mit dem Familiennachzug auch klarstellen: Unter optimalen Umständen ist es natürlich wünschenswert und das Beste, wenn eine Familie zusammenbleiben kann. Da bin ich ganz bei Ihnen. Die Forderung, dass wir beim Familiennachzug für unbegleitete Minderjährige mit subsidiärem Schutz eine Ausnahme machen und sie alle ihre Familien nachholen können, wäre aber ein verheerendes Signal und unverantwortlich. Wir würden die falschen Anreize setzen, die dazu führen, dass künftig noch mehr Kinder und Jugendliche alleine auf eine gefährliche Reise geschickt werden, damit sie dann ihre Eltern nachholen können. Neue Schleppergeschäftsmodelle, die sich darauf konzentrieren, wären vorprogrammiert. Das sagt auch der schon erwähnte Experte Rupert Neudeck.
Es ist auch schlichtweg falsch, zu behaupten, dass die Aussetzung des Familiennachzugs für unbegleitete Minderjährige gegen das Grundgesetz, die UN-Kinderrechtskonvention oder die europäische Grundrechtecharta verstößt. Die UN-Kinderrechtskonvention zum Beispiel schreibt nicht vor, dass die Familienzusammenführung in Deutschland erfolgen muss, und gewährt auch nicht unmittelbar einen Anspruch darauf. Sie hat das Wohl der Kinder und Jugendlichen im Blick, und das ist in Deutschland gegeben. Kinder und Jugendliche werden in Obhut genommen, betreut und versorgt und haben hier eine Chance auf eine gute Ausbildung.
Liebe Kollegen, wenn auch Sie den Schutz und das Wohl der Kinder und Jugendlichen im Blick haben, können Sie nicht ernsthaft eine solche Gefährdung der Kinder und Jugendlichen in Kauf nehmen wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, betrachten wir schließlich noch die geplanten Maßnahmen zur Beseitigung von Rückführungshindernissen. Es leben zurzeit rund 200 000 Menschen in Deutschland, die eigentlich ausreisen müssten. Es mag in vielen Fällen zutreffen, dass eine Ausreise, zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen, nicht möglich ist. Aber wir müssen leider feststellen, dass in vielen Fällen Krankheiten vorgetäuscht werden, nur um nicht abgeschoben zu werden. Das ist gegenüber denjenigen, die tatsächlich unseren Schutz brauchen, nicht gerecht. Wir müssen diesen Missbrauch dringend abstellen. Das tun wir mit klaren gesetzlichen Anforderungen an ärztliche Atteste und der Regelung, dass Abschiebungshindernisse aus gesundheitlichen Gründen nur noch bei lebensbedrohlichen Krankheiten bestehen. Letzten Endes kommt es aber auf den politischen Willen der Landesregierungen an, die Ausreisepflichtigen tatsächlich abzuschieben. Wenn dort der Wille fehlt – auch das sage ich ganz deutlich –, können wir auf Bundesebene noch so viel regeln.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, wie wichtig und gleichermaßen wirksam die Maßnahmen sind, über die wir hier heute diskutieren, und dass sie auch rechtmäßig sind. Kaum ein Land auf der Welt hat das Recht auf Asyl in seiner Verfassung festgeschrieben wie wir in unserem Grundgesetz. Wir behandeln die Menschen, die zu uns kommen und Schutz suchen, anständig und haben die höchsten Standards bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen. Damit wir das alles aufrechterhalten können, müssen wir noch stärker differenzieren, wer tatsächlich auf unseren Schutz angewiesen ist. Wir müssen Missstände und Fehlentwicklungen korrigieren. Lassen Sie uns deshalb die vorliegenden Gesetzentwürfe in den Ausschüssen zügig beraten und beschließen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nächster Redner ist der Kollege Burkhard Lischka für die SPD.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6569973 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 156 |
Tagesordnungspunkt | Einführung beschleunigter Asylverfahren |