Markus PaschkeSPD - Schutzfunktion der Arbeitslosenversicherung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Zimmermann, das einzige Monster hier in Deutschland ist das, das Sie immer wieder an die Wand malen.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Hartz IV!)
Ich würde vorschlagen: Lassen Sie uns doch lieber schauen, wo wir etwas verbessern können, und darüber diskutieren, statt immer die Monster an die Wand zu malen, die es eigentlich gar nicht gibt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh Markus! Das ist ja ein Lacher!)
Ich habe auch etwas zu loben. In dem Antrag gibt es einige Punkte, die sich ganz gut anhören, und Sie benennen auch einige wichtige Baustellen. Damit hatte Ihre Rede aber leider nicht ganz so viel zu tun.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Die Verlängerung der Rahmenfrist zum Beispiel oder auch generell die Idee eines erweiterten Zugangs zur Arbeitslosenversicherung finden unsere Zustimmung; das ist kein Geheimnis. Dazu gehört für mich noch ein ganz zentraler Punkt, nämlich eine Antwort auf die Frage: Was machen wir mit denen, die den Anforderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt zurzeit nicht gewachsen sind? Auch diesen Menschen müssen wir eine Chance zur gesellschaftlichen Teilhabe bieten; denn das Gefühl, gebraucht zu werden und seinen Beitrag leisten zu können, ist ein wesentlicher Bestandteil unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens.
(Beifall bei der SPD)
Dabei geht es manchmal einfach nur um Teilhabe oder darum, einen sinnvollen Beitrag für diese Gesellschaft zu leisten. Ich finde, da gibt es eine kluge Idee: Statt Arbeitslosigkeit finanzieren wir einfach Arbeit. Passiv-Aktiv-Tausch nennt sich das.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Wann denn? – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sag mal, bist du in der Opposition?)
Es ist ein ganzheitliches Konzept, bei dem wir die Menschen in den Mittelpunkt stellen.
(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das jetzt hier eine Oppositionsrede?)
Das wird auch in einem Ihrer Anträge gefordert. Aber ich sage an dieser Stelle noch einmal: Es ist ein bisschen zu einfach, 200 000 Plätze für ein Förderprogramm, wie es in Ihrem Antrag steht, zu fordern, und dies völlig ohne Kriterien, die zum Beispiel Mitnahmeeffekte ausschließen.
Zum Passiv-Aktiv-Tausch gilt es hier noch dicke Bretter zu bohren, auch und insbesondere bei unserem Koalitionspartner. In einer idealen Welt wäre es ja ganz einfach: Die Fachpolitiker sind sich weitgehend einig, dass das ein gutes Instrument ist, und wir brauchen eigentlich nur noch den Bundesfinanzminister an unserer Seite.
Kollege Paschke, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Zimmermann?
Ich würde das gerne erst zu Ende führen.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Die Redezeit war zu kurz! – Gegenruf der Abg. Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und eure ist zu lang!)
Natürlich muss man ehrlich sein und feststellen: Der Passiv-Aktiv-Tausch kostet erst einmal Geld.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Wann macht ihr das?)
Daran, den Bundesfinanzminister vom langfristigen Nutzen einer so klugen Investition zu überzeugen, arbeiten wir unermüdlich.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Wann denn? Wann macht ihr das?)
Lasst es uns doch einfach einmal tun, und dann werden wir auch feststellen – davon bin ich überzeugt –, dass es langfristig volkswirtschaftlich günstiger ist, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Denn wir verhindern damit auch die Spaltung unserer Gesellschaft in die, die viel arbeiten, und in die, die nicht arbeiten dürfen.
Kommen wir zurück zu Ihrem Antrag zur Arbeitslosenversicherung. Wirklich zukunftsorientiert sind die Vorschläge in Gänze dann leider doch nicht. Oder anders ausgedrückt: Sie beschäftigen sich eher mit der Frage „Wie können wir die Asche bewahren?“, während die SPD mehr die Frage stellt: Wie können wir das Feuer weitertragen?
(Beifall bei der SPD – Bernd Rützel [SPD]: Ein schönes Bild!)
Für mich ist klar: Wir stärken die Arbeitslosenversicherung nur, wenn wir sie zu einer Arbeitsversicherung weiterentwickeln und so Schritt halten mit den Anforderungen unserer Zeit.
Die Gefahr einer Dequalifikation wächst für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die immer schneller fortschreitende Entwicklung von Technik, Maschinen und Arbeitsprozessen verlangt nach erweiterten und teilweise auch völlig neuen Kenntnissen. Hier gilt es anzusetzen und die Menschen aktiv dabei zu unterstützen, ihre Qualifikationen zu halten und zu erweitern. Das sehe ich – neben der Absicherung im Falle von Arbeitslosigkeit – als zentrale Aufgabe einer zukunftsorientierten Arbeitsversicherung. Das Feuer weitertragen – das machen wir.
Mit dem von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles vorgelegten Gesetzentwurf zur Stärkung der beruflichen Weiterbildung und des Versicherungsschutzes in der Arbeitslosenversicherung tun wir nämlich genau das: Wir investieren in eine berufliche Weiterentwicklung und Weiterbildung. Wir öffnen die Aus- und Weiterbildung auch für Menschen, die bisher nicht so viele Erfolge in unserem Bildungssystem hatten. Außerdem belohnen wir Grund- und Weiterbildung und motivieren zum Weitermachen bis zu einem erfolgreichen Abschluss.
Außerdem verbessern wir die Möglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung, damit wir gerade die Menschen, die sich selbstständig gemacht haben oder Verwandte pflegen, davor schützen, ihre Ansprüche zu verlieren.
(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Beiträge sind viel zu hoch! Die sind gar nicht mehr drin in der Arbeitslosenversicherung!)
Das sind nur einige Punkte, Brigitte, die mit diesem Gesetz umgesetzt werden. Damit machen wir einen ersten Schritt in Richtung einer zukünftigen Arbeitsversicherung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Die Rolle der Opposition ist da ein wenig einfacher. Sie kann immer sagen: Der Schritt ist zu kurz. Oder: Es ist zu wenig bzw. zu viel. – Ich bin da ganz pragmatisch: Lieber viele kleine Schritte in die richtige Richtung als ein großer Schritt zurück. Daher werden wir den Antrag heute ablehnen.
Danke.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Der Kollege Kai Whittaker hat für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6570267 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 156 |
Tagesordnungspunkt | Schutzfunktion der Arbeitslosenversicherung |