19.02.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 156 / Tagesordnungspunkt 21

- Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (cum-ex)

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Verehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Mit dem Untersuchungsausschuss, den wir heute einsetzen und der sich in der kommenden Woche konstituieren wird, werden wir uns auf eine Zeitreise begeben. Die Zeitreise beginnt im Jahr 1998, als Steuergesetze geändert wurden, die dazu geführt haben, dass Türen geöffnet wurden für diese Machenschaften.

Kollege Schick, es war der von Ihnen gestützte Finanzminister Eichel, der diese Sachen vorbereitet hat.

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 1998? Eichel?)

Sie waren an der Regierung beteiligt. Insofern kann ich Ihnen nur sagen: Hätten Sie damals ein bisschen weiter vorausgeschaut, dann hätten Sie vielleicht auch erkannt, welche unsäglichen Tätigkeiten Sie ausgelöst haben.

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das schauen wir uns noch einmal genau an! Das war nämlich anders!)

Lassen Sie mich zurückkommen zum Cum-ex-Geschäft und zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in den 90er-Jahren, die, wie gesagt, diesen dubiosen Geschäften die Tür geöffnet hat.

Im Jahr 2002 – damit sind wir beim nächsten Punkt unserer Zeitreise – wurden dem Bundesfinanzministerium erste Hinweise gegeben, dass ungerechtfertigte Erstattungen von Banken in großem Umfang vorgenommen wurden. Es wurde aber nichts gemacht. Man hat nicht reagiert. Nun, man kann vielleicht sagen, dass es immer eine Zeit dauert, bis Steuererklärungen abgegeben, Steuerbescheide erlassen und die notwendigen Betriebsprüfungen bei den Steuerpflichtigen durchgeführt werden; dann gibt es eventuell noch Gerichtsverfahren vor Finanzgerichten. Alles das zieht sich hin. Finanzbehörden haben nur eine verzögerte Möglichkeit, gesicherte Kenntnisse über Steuergestaltungen zu erlangen.

Ich denke, es ist wirklich an der Zeit, dass wir uns mit diesem Thema beschäftigen. Ich freue mich, im Untersuchungsausschuss die Gelegenheit zu haben, diese hochkomplizierte Materie zu durchleuchten.

So einfach, wie es den Anschein hat und wie derzeit auch immer berichtet wird, ist der Sachverhalt doch nicht; denn es gab immer wieder höchstgerichtliche Urteile, die deutlich gemacht haben, dass eben kein Fall gemäß § 42 AO vorliegt. Der BFH hat unter Berufung auf § 50 c Einkommensteuergesetz, der inzwischen weggefallen ist, festgestellt, dass kein missbräuchlicher Tatbestand beim Dividendenstripping vorlag. Insofern wird es interessant werden, sich auch mit den Finanzgerichtsurteilen – heute ist wieder eines vom Hessischen Finanzgericht in der FAZ veröffentlicht worden – zu beschäftigen, um festzustellen: Was ist denn der Hintergrund? Was ist die rechtliche Frage? Ich denke, dass wir in den Finanzgerichtsurteilen durchaus Erhellendes für unseren Untersuchungsausschuss finden werden.

Es wurde schon gesagt, dass inzwischen Geldbußen verhängt wurden. Die HVB hat – lieber Kollege Pitterle, das zur Korrektur – 9,8 Millionen Euro Geldbuße bezahlt und nicht 1 Million Euro, wie Sie vorhin gesagt haben. Die Maple Bank ist, wie gesagt, inzwischen unter Moratorium gestellt worden, weil sie die Rückstellungen nicht bilden konnte, die notwendig wären für die entsprechenden Rückerstattungen der Steuern. Spektakuläre Fälle wie der des Unternehmers Müller, der die Bank Sarasin in der Schweiz verklagt hat und damit deutlich machen wollte, dass er von der Bank falsch beraten wurde, haben öffentliche Aufmerksamkeit erregt.

Ich denke, wir haben eine große Aufgabe vor uns, um die Sachverhalte, die im Fragenkatalog aufgeführt sind, aufzuklären. Ich wünsche uns dazu gute Beratungen. Ich hoffe, dass wir mit den Erkenntnissen, die wir gewinnen werden, dazu beitragen, in Zukunft kriminelle Machenschaften bei missbräuchlicher Steuergestaltung zu verhindern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Andreas Schwarz [SPD])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6570538
Wahlperiode 18
Sitzung 156
Tagesordnungspunkt Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (cum-ex)
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