Jutta EckenbachCDU/CSU - Einführung beschleunigter Asylverfahren
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, heute einmal in einer innenpolitischen Debatte als Sozialpolitikerin reden zu dürfen.
Den ganzen Morgen war von Integrationsmaßnahmen, Kirchen und Wohlfahrtsverbänden die Rede. Gestatten Sie mir zu Beginn, ein Wort direkt an die Grünen zu richten, wenn sie mir denn zuhören. Gestern war im Ausschuss die Rede davon, dass sich Kirchen, Wohlfahrtsverbände wie die AWO und zahlreiche andere Vereinigungen gegen das Asylpaket II aussprechen. Ich finde: Es ist das gute Recht der Kirchen, ihre eigene Meinung deutlich zu machen. Daran ersehen Sie, wie groß deren Sorgen sind. Das heißt aber nicht, dass der Gesetzgeber an diesen Stellen immer genau diesen Institutionen folgen muss.
Wir haben hier in Deutschland eine andere Aufgabe. Wir hören den Kirchen und den Wohlfahrtsverbänden wie der AWO zu. Wir unterstützen sie bei allen Maßnahmen, die sie benötigen. Aber die Gesetzgebung liegt beim Deutschen Bundestag. Wir müssen im Deutschen Bundestag auch der sozialen Verantwortung gerecht werden, die wir in Deutschland nun einmal haben.
(Zuruf von der LINKEN: Ja! – Weitere Zurufe von der LINKEN)
Es gilt, für unsere Bürgerinnen und Bürger in unseren Kommunen, in unserem Land für soziale Gerechtigkeit zu sorgen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Lassen Sie mich als Sozialpolitikerin auch noch deutlich sagen: Wir reden seit Monaten über die Flüchtlinge in Deutschland. Wir haben jedoch in Deutschland auch diejenigen Menschen, die seit vielen Jahren langzeitarbeitslos sind.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Dann macht es doch! – Jan Korte [DIE LINKE]: Schön, dass das auffällt! Unser Reden!)
Wir haben in Deutschland auch Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen, die gerade an der Leistungsuntergrenze liegen.
(Jan Korte [DIE LINKE]: Ja, genau! – Weitere Zurufe von der LINKEN)
– Da brauchen Sie gar nicht so zu schreien, meine Damen und Herren.
(Jan Korte [DIE LINKE]: Doch!)
Sie wissen, dass sich gerade diese Bundesregierung deutlich für diese eingesetzt hat und weiterhin einsetzen wird.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Das ist mir nicht aufgefallen! Das hat niemand gemerkt!)
Ich will auch dies noch einmal deutlich sagen, denn auch das gehört zum sozialen Frieden in Deutschland:
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: 5 Euro bei Hartz IV! – Weitere Zurufe von der LINKEN)
Wenn davon gesprochen wird – davon war heute Morgen auch die Rede –, dass jedem einzelnen Flüchtling 10 Euro für Integrations- und Sprachkurse abgenommen werden, so ist diese Aussage falsch. Unser Anliegen ist, dass wir nicht die vollen Leistungen auszahlen, die wir nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zahlen müssten.
Wir streichen zum Beispiel Leistungen für Fernseh- und Videogeräte. Wir streichen Leistungen für Datenverarbeitungssoftware. Wir streichen Leistungen für langlebige Verbrauchsgüter, für Kultur, Sport und Camping. Wir streichen Leistungen für außerschulischen Unterricht und Hobbykurse sowie Gebühren für Kurse. All das macht zusammen 10 Euro. Genau um diese 10 Euro werden die Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gekürzt.
(Zurufe von der LINKEN: Warum?)
Das ist eine Maßnahme, die wir durchaus in Deutschland einführen können. Wir haben das übrigens schon einmal getan. Damals gab es nicht so einen großen Aufschrei.
(Kersten Steinke [DIE LINKE]: Was wollen Sie damit bezwecken?)
Wir müssen hier auch das Wort der sozialen Gerechtigkeit benutzen
(Zuruf von der LINKEN: Oh!)
und alles dafür tun, unserer Rolle gerecht zu werden.
Lassen Sie uns aber auch noch einmal über die gesetzliche Grundlage unseres Handelns reden. Das Asylrecht in Deutschland hat seine Grundlage in Artikel 16 a Grundgesetz. Daraus ergibt sich eine Berechtigung auf Asyl in Deutschland. Eine Berechtigung auf Asyl hat allerdings nicht, wer aus wirtschaftlichen Gründen zu uns kommt. Ich glaube, dass wir dazu kommen müssen, auch hier deutlich zu sagen, dass wir diese Menschen wieder zurückführen.
Wir haben heute Morgen einige Reden gehört, auch vom Innenminister des Landes Baden-Württemberg. Gestatten Sie mir dazu die Anmerkung, dass es in Nordrhein-Westfalen, in Rheinland-Pfalz, in Baden-Württemberg und in vielen anderen Bundesländern noch nicht einmal dazu gekommen ist, das Asylpaket I umzusetzen. Hehre Worte sind ganz schön. Gesetze können wir hier verabschieden; sie müssen aber von Ländern und Kommunen umgesetzt werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Jan Korte [DIE LINKE])
Wenn ich erfahre, wie viele Gelder wir letztlich auch von Bundesseite für den sozialen Wohnungsbau bereitgestellt haben, bin ich sehr erstaunt, wenn ich heute Morgen höre, dass wir für den sozialen Wohnungsbau, der dringend notwendig ist, mehr tun sollen. Aber bitte, meine Damen und Herren, es ist an den Kommunen und an den Bundesländern, dies zu tun.
(Widerspruch bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Mahmut Özdemir [Duisburg] [SPD]: Es liegt beim BAMF!)
Ich weiß, dass Richtlinien in einigen Bundesländern überhaupt noch nicht umgesetzt worden sind, die wir in Berlin längst als Erleichterung beschlossen haben.
Ich kann nur an alle vor Ort appellieren: Sorgen Sie dafür, dass Sie in Ihren Kommunen sozialen Wohnungsbau generieren. Die Gelder stehen bereit, die KfW stellt zusätzliche Mittel bereit. Aber lamentieren Sie doch bitte nicht hier in Berlin, dass wir keine Möglichkeiten hätten, sozialen Wohnungsbau auszugestalten. Machen Sie es, tun Sie es. Das würde dazu beitragen, dass wir unter dem Gesichtspunkt der sozialen Gerechtigkeit in Deutschland wesentlich weiter kämen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN: Nein!)
Es war immer die Rede davon, dass wir jetzt noch mehr Integrationsmaßnahmen brauchen. Natürlich brauchen wir sie. Aber schauen wir einmal, was wir schon alles gemacht haben.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Verschärfungen!)
Wir haben zahlreiche Vorgaben gemacht. Ich könnte sie Ihnen alle nennen, aber so viel Redezeit habe ich nicht. Wir haben sie allerdings weder strukturiert noch geordnet.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: So ist es!)
Jedes Ministerium – gestatten Sie mir diese Worte – macht an den Stellen ein bisschen. Wir müssen die Maßnahmen strukturieren und zusammenfassen. Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass das Bundesinnenministerium mit dieser gesellschaftlichen Aufgabe – Stichwort „Demografie“ – betraut wird.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich finde, dies wäre ein guter Ansatz, um geordnete Verfahren durchzuführen.
Übrigens habe ich gehört, dass in vier Ministerien jeweils das Grundgesetz in arabischer Sprache gedruckt wird. Das kostet unnötig Geld und ist nicht effizient.
(Zurufe von der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Daher sollten wir diese Maßnahmen sein lassen und zu einer gemeinsamen Lösung kommen. Ich denke, das führt in die richtige Richtung.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Peinlich!)
Wir sind in Deutschland auf einem guten Weg. Wir haben den Weg begonnen und werden ihn konsequent weitergehen. Ich bedanke mich an dieser Stelle recht herzlich auch bei der Bundeskanzlerin, die im Moment vor keiner leichten Aufgabe steht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jan Korte [DIE LINKE]: Wegen der eigenen Leute!)
Die Außenpolitik ist im Moment ein wichtiges Feld. Um die Aufgaben in Deutschland zu bewältigen, müssen wir als Grundvoraussetzung andere Länder mitnehmen. Wir alle sollten daran mitwirken, die Bundeskanzlerin in ihrer schwierigen Aufgabe, die momentan in Europa vor ihr liegt, zu unterstützen.
Wir als Gesetzgeber im Deutschen Bundestag haben auch unsere Pflicht zu erfüllen, und diese Pflicht heißt heute, das Asylpaket II mit allen Facetten zu verabschieden. Es wäre schön gewesen, wenn wir es um den Programmpunkt der sicheren Herkunftsstaaten hätten ergänzen können. Das ist gerade von meinen beiden Kolleginnen angesprochen worden. Dazu noch ein Wort an die Grünen über ihr Verhalten in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz, das ich mit Zeitungsmeldungen belegen kann.
(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ulli Nissen [SPD]: Zeitungsmeldungen?)
– Ja, das ist so; fragen Sie Herrn Mostofizadeh in Nordrhein-Westfalen, der sich gewehrt hat, den Kreis der sicheren Herkunftsstaaten zu erweitern. Ich denke, es wäre schön, wenn sich die Grünen auf Bund- und Länderebene hier einigen könnten. Dann hätten wir diesen Punkt heute mit verabschieden können, und wir wären einen großen Schritt weitergekommen.
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich werde Marokko und Algerien niemals als sicher bezeichnen!)
Das hätte im Zuge der Integration geholfen. Gerade ist das hehre Wort gefallen, wir alle müssten unsere Aufgaben wahrnehmen. Ja, das gilt aber nicht nur für den Bund, das gilt auch für die Länder und die Kommunen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Gott sei Dank!)
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren. Ich weise darauf hin, dass ich eine ganze Reihe persönlicher Erklärungen zur Abstimmung erhalten habe, die wir wie üblich dem Protokoll beifügen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6594384 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 158 |
Tagesordnungspunkt | Einführung beschleunigter Asylverfahren |