25.02.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 158 / Tagesordnungspunkt 4

Kordula KovacCDU/CSU - Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe vor ein paar Wochen hier gestanden, als ich zum Tierschutz geredet habe, und habe mich sehr darüber gefreut, dass mein Fraktionsvorsitzender als Einziger von allen Fraktionsvorsitzenden hier war – genauso wie am heutigen Donnerstagmorgen, an dem es um wichtige Themen in diesem Land und um unseren Ausschuss geht. Danke, Fraktionsvorsitzender, dass Sie da sind.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Rainer Spiering [SPD]: Applaus für Herrn Kauder!)

– Genau.

(Marcus Held [SPD]: Aber Stellvertreter!)

– Aber kein Vorsitzender.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt zum Thema. „ Die Menschen werden immer rauchen“, hat unser verstorbener Altkanzler Helmut Schmidt gesagt. Er wird damit recht behalten. Auch nach Verabschiedung des Tabakerzeugnisgesetzes werden die Menschen weiter rauchen. Die Entscheidung, mit dem Rauchen anzufangen oder aufzuhören, ist jedem selbst überlassen. Diese Entscheidungsfreiheit wird auch von niemandem infrage gestellt. Aber diese Entscheidungsfreiheit steht in Abwägung zu Gründen des Allgemeinwohls, im Besonderen zum gesundheitspolitischen Verbraucherschutz. Der Schutz der Volksgesundheit ist nicht nur ein wichtiges Gut, sondern Verfassungsauftrag. Es steht unumstritten fest: Rauchen gefährdet die Gesundheit! 120 000 Menschen sterben jährlich an den Folgen des Rauchens. Auch das Dampfen, das Rauchen von elektronischen Zigaretten und elektronischen Wasserpfeifen, gefährdet die Gesundheit.

Es mag sein, dass E‑Zigaretten Hilfe beim Ausstieg aus dem Rauchen sein können. Es stimmt aber ebenso, dass diese Zigaretten, insbesondere wenn sie nach Schokolade oder anderen Aromen schmecken, den Einstieg ins Rauchen erleichtern. Durch elektronische Zigaretten wird suggeriert, dass es eine gesunde Variante des Rauchens gibt. Das ist schlichtweg nicht richtig. E‑Zigaretten sind vielleicht weniger schädlich als herkömmliche Zigaretten. Sie sind aber in keinem Fall gesund, Herr Kollege.

(Beifall bei der CDU/CSU – Frank Tempel [DIE LINKE]: Das habe ich auch nicht gesagt! – Marcus Held [SPD]: Das hat er nicht gesagt!)

Aus diesem Grund begrüße ich es außerordentlich, dass mit dem Tabakerzeugnisgesetz erstmalig auch Regeln hinsichtlich von nikotinhaltigen E‑Zigaretten und E‑Wasserpfeifen erlassen werden. Hiermit wird eine Gesetzeslücke geschlossen. E‑Zigaretten und E‑Wasserpfeifen liegen bei jungen Menschen im Trend. 11,3 Prozent der 12- bis 17-Jährigen haben schon eine E‑Zigarette oder E‑Shisha probiert,

(Frank Tempel [DIE LINKE]: Probiert, ja!)

ohne jemals eine Tabakzigarette geraucht zu haben. Wir haben daher im Januar dieses Jahres ein Verbot der Abgabe von elektronischen Zigaretten und Wasserpfeifen an Kinder und Jugendliche und des Konsums für Kinder und Jugendliche im Bundestag beschlossen. Der Bundesgerichtshof hat am 8. Februar dieses Jahres E‑Liquids, die auf Rohtabak basieren, als Tabakerzeugnis klassifiziert. Dadurch ist bis zur Verabschiedung des vorliegenden Gesetzentwurfes, des Tabakerzeugnisgesetzes, ein faktisches Verkaufsverbot von E‑Zigaretten ausgesprochen worden. Der Branche entstehen dadurch Millionenverluste. Umso wichtiger ist es, dass wir dieses Gesetz nun zügig verabschieden, um Rechtssicherheit zu schaffen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im April 2014 hat die EU die sogenannte Tabakproduktrichtlinie erlassen. In der Richtlinie wird eine Ausweitung von Text- und Bildwarnhinweisen vorgeschrieben, den Warnhinweisen mit den sogenannten Schockbildern. Darüber hinaus werden wir Regeln zu Zusatzstoffen erlassen. Charakteristische Aromastoffe wie Menthol ebenso wie Tabak oder Nikotin in Filter, Papier oder Kapseln sind zukünftig verboten. Deutschland ist verpflichtet, diese Richtlinie bis zum 20. Mai 2016 in nationales Recht umzusetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, anders als bei anderen Richtlinien fallen Umsetzungsfrist und die Frist zur Produktionsumstellung zusammen. Eine Nachfrage der Bundesregierung ergab, dass bereits 2015 feststand, dass es aus europäischer Sicht keinen Spielraum gibt, diesen Konstruktionsfehler der Richtlinie nachträglich zu beheben: weder für Deutschland oder für Polen noch für Rumänien oder andere Länder. Da die genauen Details zur technischen Umstellung in der Produktion durch die EU allerdings erst im November 2015 vorlagen und einige erst in der letzten Woche, stellt dieser Sachverhalt vor allem kleine und mittelständische Unternehmen vor Herausforderungen. Die Anhörung von Sachverständigen hat noch einmal deutlich gemacht, dass die notwendige Produktionsumstellung kostenintensiv ist und nicht unbedingt am fehlenden Willen, sondern auch an den zu wenigen zur Verfügung stehenden Maschinen scheitern könnte.

Trotzdem: Eine Verlängerung der Frist würde mehr Nachteile als Vorteile mit sich bringen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stürmischer Beifall!)

Eine Fristverlängerung würde einen EU-Vertragsbruch hinsichtlich der Umsetzung von Richtlinien bedeuten, mit der Gefahr, dass ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet würde.

Außerdem würde dadurch das faktische Verkaufsverbot von E-Zigaretten ebenfalls verlängert und dringend benötigte Rechtssicherheit nicht geschaffen werden. Und nicht zu vergessen – das wurde heute Morgen schon deutlich gesagt –: Auch aus Verbraucherschutzgründen erscheint eine Fristverlängerung nicht zielführend. Sollte die Tabakproduktrichtlinie nicht, wie geplant, zum Stichtag in Kraft treten, bleiben Produkte, auf deren Schachtel keine Schockbilder zu sehen sind, länger im Umlauf. Regeln zu Inhaltsstoffen ebenso wie zu den bislang unregulierten E-Zigaretten werden weiter aufgeschoben. Das ist nicht in unserem Sinne und, ich denke, auch nicht im Sinne der Opposition.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist uns allen klar, dass das Gesetz im Spannungsfeld zwischen gesundheitlichem Verbraucherschutz und dem Erhalt von Arbeitsplätzen und Industriestandorten in Deutschland steht.

(Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das darf doch nicht wahr sein!)

Die Frage nach der Fristverlängerung ist zu einer Frage des Wettbewerbs geworden. Die Uneinigkeit der Tabakindustrie darf aber nicht dominierender Gegenstand einer verbraucherschutzrechtlichen Regelung werden, zumal die Verhältnismäßigkeit der Einflussnahme durch die Tabakwirtschaft zu Recht infrage gestellt werden kann. Mancher Auftritt, liebe Kolleginnen und Kollegen, war reif für die heute-show. Sie wissen, was ich meine.

Vor diesem Hintergrund halten wir an der von der EU vorgegebenen Frist fest. Diese schwierige Entscheidung ist letztendlich eine Abwägung mit Augenmaß zwischen wirtschaftlichen Interessen und dem Allgemeinwohl. Vergessen Sie nicht: Die Frist nicht zu verlängern, bietet auch für die Industrie Vorteile, nämlich dringend benötigte und umgehende Rechtssicherheit.

Durch das Wiederaufgreifen der Exportklausel in § 42 sind wir außerdem der Wirtschaft entgegengekommen, indem wir die Ausfuhr von Produkten, die nicht den Vorgaben des Gesetzes entsprechen und zur Lieferung ins Ausland bestimmt sind, trotzdem erlauben. Behauptungen, wonach wir durch das Gesetz die Wirtschaft zugunsten des Verbraucherschutzes einseitig und unzumutbar belasten, sind somit nicht zutreffend.

Ich bitte Sie daher abschließend um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf, damit wir den uns durch die EU gestellten Anforderungen nachkommen und unseren eigenen Ansprüchen an den gesundheitlichen Verbraucherschutz gerecht werden können.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. – Jetzt hat die Kollegin Nicole Maisch, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6594551
Wahlperiode 18
Sitzung 158
Tagesordnungspunkt Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse
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