Carola StaucheCDU/CSU - Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In Deutschland gibt es Millionen Raucherinnen und Raucher. Ich gebe zu: Auch ich gehöre zu ihnen. Ich genieße es, zu rauchen und immer wieder festzustellen, dass man in Raucherecken sehr gut Kommunikation betreiben kann, mit anderen Menschen ins Gespräch kommt. Gleichzeitig möchte ich klarstellen: Ich weiß, welche Gesundheitsgefahren vom Rauchen ausgehen, besonders für Kinder und Jugendliche. Ich will hier nicht dem Rauchen das Wort reden; aber wir sollten anerkennen, dass Tabak zu den Genussmitteln gehört, die in Deutschland geschätzt, genutzt und erlaubt sind.
(Frank Tempel [DIE LINKE]: Genau! Und die Kiffer sperrt ihr ein!)
Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass viele der heutigen Konflikte zum Rauchen nicht neu sind, sondern immer wieder auftreten. Wie allgemein bekannt ist, stammt die Tabakpflanze vom amerikanischen Kontinent; vielleicht hätten wir den nicht entdecken sollen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Schon lange vor der Ankunft der Europäer am Ende des 15. Jahrhunderts wurde Tabak auf verschiedenen Wegen konsumiert, und nach 1492 verbreitete er sich schnell im Rest der Welt. Es gab immer wieder Versuche, den als schädlich empfundenen Tabakgenuss zu unterbinden: massive Tabaksteuererhöhungen, Verbot des Rauchens mit Androhung von drastischen Strafen, Warnungen vor Verwahrlosung. Auch religiöse Begründungen gab es. Doch alle Versuche, das Rauchen zu verbieten, scheiterten.
Es existiert ein berühmtes Zitat von Goethe zum Thema Rauchen. Er sagte:
Das Rauchen macht dumm, es macht unfähig zum Denken und Dichten. Es ist auch nur für Müßiggänger, für Menschen, die Langeweile haben.
(Frank Tempel [DIE LINKE]: Können Sie dieselbe Rede zu Cannabis noch einmal halten?)
Er war ein erklärter Gegner des Rauchens. Niemand durfte in seiner Nähe dieser Leidenschaft nachgehen – bis auf eine Ausnahme: Seinem guten Freund Schiller gestattete er das Rauchen in seiner Umgebung, wenn er ihn auch für den Tabakgenuss kritisierte. Und Schiller war, wie wir alle wissen, ein ebenso bedeutender Künstler wie Goethe. Keinesfalls war er unfähig zum Denken und Dichten oder ein gelangweilter Müßiggänger, sondern er gilt bis heute zu Recht als einer der größten Dichter Deutschlands.
(Marcus Held [SPD]: Wo sind wir denn jetzt?)
Was lernen wir daraus? Seit der Einführung des Tabakrauchens gibt es eine Debatte über das Für und Wider. Es gibt Versuche, das Rauchen einzuschränken, es stärker zu besteuern oder ganz zu verbieten. Auch abseits von staatlichen Regulierungen stritten und streiten Befürworter und Gegner des Rauchens bis heute. Mir ist natürlich bewusst, dass zwischen Tabakkonsum damals und heute Unterschiede bestehen, gerade auch in puncto Herstellungsverfahren und Verfügbarkeit. Die wesentlichen Konfliktpunkte sind jedoch die gleichen. Es ist ein Problem, das sich wohl auf Dauer nicht lösen lässt, auch nicht mit dem heute hier zu behandelnden Gesetzentwurf oder mit zukünftigen Gesetzen. Die Aufgabe des Staates muss es aber sein, Gesundheit und Aufklärung zu fördern, ohne unnötig in die Freiheitsrechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern und auch der Wirtschaft einzugreifen.
Gerade der Jugendschutz ist uns sehr wichtig. Deshalb haben wir bereits in der zurückliegenden Sitzungswoche E-Zigaretten für Kinder und Jugendliche verboten. Aber wir müssen uns fragen: Wenn sich Erwachsene aus freien Stücken für das Rauchen entscheiden, sind wir es dann, die sie daran hindern wollen? Wir können und dürfen den Bürgerinnen und Bürgern nicht alles vorschreiben. Aufklärung und Jugendschutz sind wichtig. Der mündige Verbraucher aber ist uns ebenso wichtig.
Ich freue mich, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eine sinnvolle Umsetzung der EU-Tabakproduktrichtlinie erreicht haben. Es war ein langes und hartes Ringen, um das umzusetzen, was die EU vorschreibt. Allerdings muss ich Kritik an der EU üben: Bestimmte konkrete Informationen zur Umsetzung wurden uns erst sehr spät bekannt gegeben. So konnten wir das Gesetz nicht früher endgültig behandeln. In der Konsequenz bleibt den Tabakherstellern nur eine sehr kurze Frist zur Umsetzung der neuen Regelungen. Das ist ein Punkt, wo vonseiten der EU gewisse Härten gerade für die mittelständischen Zigarettenhersteller hätten vermieden werden können.
Doch insgesamt können wir festhalten: Nach langem Arbeiten an diesem Thema sind wir nun zu einer Umsetzung gelangt. Das ist gut und wichtig. Wir haben eins zu eins umgesetzt, was uns die EU-Richtlinie vorgibt. Ich danke ausdrücklich Herrn Bundesminister Christian Schmidt und seinem Haus für den Entwurf, den wir heute beschließen werden. Ich denke, wir haben hier einen tragfähigen Kompromiss gefunden zwischen Jugendschutz und Gesundheitsschutz einerseits und der Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher andererseits. Ich danke Ihnen recht herzlich und bitte, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Danke.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6594634 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 158 |
Tagesordnungspunkt | Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse |