Thomas JarzombekCDU/CSU - Intelligente Mobilität im Verkehrssektor
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gebe zu: Ich bin schon ein Stück weit stolz, dass wir es geschafft haben, diese Initiative heute in die abschließende Lesung zu bringen, und ich glaube, dass wir hier heute einen Beschluss fassen, der sehr viel Positives für die Zukunft des Straßenverkehrs mit sich bringt.
Um noch einmal zu erklären, was das wesentliche Ziel unserer Initiative ist: Es besteht darin, dass wir überall da, wo heute physische Verkehrsinfrastrukturen sind, eine Dateninfrastruktur drüberlegen. Was bedeutet das? Das bedeutet beispielsweise, dass es für Sie, wenn Sie durch eine Stadt fahren, und zwar vollkommen egal, ob mit dem Auto oder mit dem Fahrrad, von großem Interesse ist, zu wissen, wann die nächste, die übernächste und die überübernächste Ampel rot oder grün ist. Denn dann kann man genau die Geschwindigkeit annehmen, die moderne Technik einem empfiehlt, damit man nicht umsonst auf die Ampel zustrampelt oder zufährt, sondern entspannt mit dem so gewählten Tempo bei Grün ankommt.
(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Man merkt, dass Sie nicht mit dem Fahrrad fahren!)
Wer schon einmal hier in Berlin über die Karl-Liebknecht-Straße geradelt ist, der weiß aus eigener Erfahrung, wovon ich da rede.
(Andreas Rimkus [SPD]: Der weiß das! – Kirsten Lühmann [SPD]: Das stimmt!)
Das gilt genauso für die Autofahrer; dadurch können wir sehr viel an Emissionen, an Feinstaub, an CO 2 -Emissionen und vor allen Dingen auch an Lärm einsparen. Unsere Vision ist die rollende Stadt, in der kein Verkehrsträger mehr bremsen und beschleunigen muss.
In unserem Antrag steht – das möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal präzisieren – als allererster Punkt unter III., dass wir eine verkehrsträgerübergreifende Lösung unterstützen. Das bedeutet eben auch, dass man den Menschen den Umstieg vom Auto auf die Bahn einfacher macht. Warum werden Park-and-Ride-Plätze so oft doch nicht angenommen? Weil es für den Autofahrer eben kompliziert ist, herauszufinden: Habe ich wirklich einen Zeitvorteil, wenn ich umsteige? Wo sind die Parkplätze? Ist überhaupt noch einer frei? Wie komme ich zum Bahnsteig? Welches Ticket brauche ich? Womit bezahle ich das? Hier gibt es heute schon Lösungen im Auto, ohne hier für einzelne Produkte bayerischer Automobilhersteller Werbung machen zu wollen, die ganz gezielt empfehlen, auf ein anderes Verkehrsmittel – auf eine U-Bahn, eine S-Bahn, eine Straßenbahn – umzusteigen, und zusammen mit dieser Information das Ticket auf das Handy liefern. Das ist genau das, was wir nach vorne treiben wollen. Dazu gehört, dass wir alle mobilitätsbezogenen Daten, die wir haben, in digitaler Form zur Verfügung stellen.
Ich komme jetzt zu dem Schreiben des VDV – darüber habe ich mich wirklich gewundert –, das uns alle erreicht hat und an dem man merkt, dass der digitale Wandel offenbar schon zu den ersten Verteilungskämpfen im Verkehr führt.
Der Verband der Verkehrsunternehmen schreibt uns erstens, die Leute würden vor allem Bus und Bahn fahren, weil sie so schlecht einen Parkplatz finden. Deshalb dürften wir nichts machen, was die Parkplatzsuche erleichtert. Das finde ich schwierig, um es einmal ganz vorsichtig zu sagen.
Er schreibt uns zweitens, dass selbstfahrende Autos insbesondere von öffentlichen Nahverkehrsunternehmen betrieben werden müssen. Das finde ich eine interessante These. Ich glaube, in einer privatrechtlich organisierten Welt wird das nicht möglich sein. Aber man kann sicher einmal darüber reden. Ich weiß zum Beispiel, dass die BVG schon aktiv daran arbeitet und prüft, ob nicht selbstfahrende Autos eine gute Ergänzung zur S-Bahn sein können, gerade in den Bereichen, wo die Wege zur Bahnhaltestelle sehr weit sind.
Als Drittes schreibt uns der VDV, dass die Mobilitätsdaten, die wir jetzt überall als offene Daten zur Verfügung stellen wollen, von den Nahverkehrsunternehmen nicht zur Verfügung gestellt werden können, weil das Betriebsgeheimnisse sind. Deshalb sage ich es jetzt ganz präzise, auch für das Protokoll, damit es hinterher keine Interpretationsschwierigkeiten gibt:
(Gustav Herzog [SPD]: Jetzt kommt es!)
Wir wollen gerade die Daten von Nahverkehrsunternehmen als offene Daten zur Verfügung stellen,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
gerade diese, und zwar nicht nur die Fahrplandaten, sondern auch die Echtzeitdaten, anhand derer man ersehen kann, wann das Verkehrsmittel wirklich ankommt. Das betrifft auch die Bezahlschnittstelle. Wenn ich auch über Google das Straßenbahnticket kaufen kann, dann ist das doch kein Nachteil, sondern ein Vorteil; denn je mehr Verkehrsstellen es gibt, desto mehr kann man verkaufen. Das ist eine alte betriebswirtschaftliche Regel. Diese gilt auch für öffentliche Nahverkehrsunternehmen.
(Gustav Herzog [SPD]: In Kaiserslautern haben wir schon umgerüstet!)
Bevor ich ganz gezielt in Richtung Ministerium sage, was sich in diesem Antrag noch findet, muss ich an dieser Stelle das Ministerium einmal loben, weil es sehr viele gute Initiativen gemacht hat. Die Staatssekretärin hat sich selber sehr engagiert, einen Hackathon gemacht mit jungen Unternehmensgründerinnen und -gründern, wie man Verkehrsdaten besser nutzen kann. Das ist, glaube ich, vorbildhaft auch für andere Ministerien. Es gibt einen Modernitätsfonds, mit dem Verkehrslösungen, auch die Entwicklung von neuen Lösungen finanziert werden können. Das ist ganz hervorragend. Aber wir schreiben im Antrag außerdem – auch das sage ich ausdrücklich, damit hier keine Unklarheit herrscht –: Wir wollen ein digitales Straßengesetz. Hier bitte ich vor dem Hintergrund, wie viel Zeit wir noch in dieser Legislaturperiode für Gesetzgebung haben, Gas zu geben. Das ist ein wirklich wichtiges Thema; denn moderne Fahrzeuge generieren immer mehr Daten über Straßenzustände. Sie haben Kameras und scannen, wo wie große Löcher im Boden sind. Das ist für uns wichtig.
Wir haben gleichzeitig die Diskussion über den Bundesverkehrswegeplan. Wir reden immer darüber, dass wir Verkehrsinfrastrukturen nach einer gewissen Dauer austauschen. Aber wir wissen gar nicht, ob sie dann noch gut oder wirklich schon schlecht sind. Viel interessanter ist es, wenn wir mit den Daten aus modernen Fahrzeugen ein richtiges Straßenkataster über die Qualität der Straßenzustände bekommen, und das vielleicht auch in Echtzeit. Wenn überfrierende Nässe auftritt und morgens in den Straßen Löcher aufplatzen und Autos mit ihren Kameras diese für die Stoßdämpfer registrieren, könnten sie entsprechende Daten auch an uns als Staat übersenden.
(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann kriegen die gleich hinten einen Sack Zement mit rein!)
Dann könnte man mit Teerlastern zu diesen Stellen fahren und die Straßen genau da ausbessern, wo die Not am größten ist, weil tatsächlich schon morgens um 9 Uhr ein perfekter Straßenzustandsbericht vorliegt. Das ist, was wir brauchen.
Wir brauchen ein digitales Straßengesetz, mit dem wir nicht nur von uns aus die Bereitstellung offener Daten wie Ampeldaten und Nahverkehrsdaten für Dritte regeln, sondern auch dafür sorgen, dass Dritte uns Daten zukommen lassen, mit denen wir eine bessere Verkehrsplanung vornehmen können – zum Wohle aller; denn alle können davon profitieren.
Wir brauchen für all diese Dinge Testversuche – noch mehr als bisher. Wir sehen, dass in Kalifornien immer so viele schöne Pilotprojekte durchgeführt werden. Ich finde es von daher sehr gut, dass das Bundesverkehrsministerium begonnen hat, auf der A 9 ein digitales Testfeld einzurichten. Wir brauchen mehr von solchen Testfeldern. Wir brauchen so etwas auch für den urbanen und den teilurbanen Raum, für Stadtverkehre. Es ist sehr wichtig, dass man dafür offen ist, neue Technologien auszuprobieren und erste Einsatzszenarien zu entwickeln, sodass Menschen aus aller Welt zu uns pilgern, um sich anzuschauen, was da möglich ist.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir haben hier ein gutes Programm vorgelegt. Ich freue mich sehr auf seine Umsetzung. Die Grünen haben, glaube ich, nicht ganz verstanden, dass wir über Digitalisierung der Infrastruktur reden. Deshalb haben sie einen Gegenantrag zum Thema Carsharing eingebracht.
(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Ergänzungsantrag! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie einmal etwas Konkretes!)
Ich habe den Zusammenhang nicht verstanden. Ich finde den Vorschlag interessant, Carsharing-Fahrzeuge auf Taxispuren fahren zu lassen; so liest man jedenfalls. Dazu wird aber der Kollege Bilger gleich noch etwas sagen.
Ich bedanke mich.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Harald Ebner, Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Voreilige Neuzulassung von Glyphosat stoppen“, Drucksache 18/7675, bekannt: abgegebene Stimmen 565. Mit Ja haben gestimmt 117, mit Nein haben gestimmt 445, enthalten haben sich 3 Kolleginnen und Kollegen. Der Antrag ist damit abgelehnt.
Als nächstem Redner in unserer Aussprache erteile ich jetzt dem Abgeordneten Herbert Behrens, Fraktion Die Linke, das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6594928 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 158 |
Tagesordnungspunkt | Intelligente Mobilität im Verkehrssektor |