Steffen BilgerCDU/CSU - Intelligente Mobilität im Verkehrssektor
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass wir zurzeit so intensiv über die Mobilität der Zukunft diskutieren. Unsere Debatte vor vier Wochen und unser Koalitionsantrag zur intelligenten Mobilität sind eine gute Grundlage für die heutige Diskussion.
Worum geht es uns als Koalition? Uns geht es darum, Mobilität zu ermöglichen, effizient und nachhaltig, aber eben nicht mit Verboten und Überregulierung, wie es sich andere hier wünschen.
In unserem Antrag machen wir deutlich: Die Vernetzung der Mobilität wird kommen, und sie wird neben vielen anderen Vorteilen auch einen handfesten Beitrag zu einer besseren Umwelt- und Klimabilanz leisten. Vieles von dem, was vielleicht im Jahr 2050 oder auch schon früher Standard sein wird, können wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen. Aber diese ferne Zukunft müssen wir heute schon vorbereiten. Das tun wir mit den Maßnahmen in unserem Antrag. Schließlich wollen wir nicht nur, dass intelligente Mobilität Realität wird, sondern dies soll auch zu unseren Bedingungen geschehen und nach unseren Bedürfnissen ausgerichtet sein.
Nach allem, was wir heute wissen, wird die Vernetzung und Digitalisierung der Mobilität intelligent und nahezu komplett sein. Für viele Datenschützer klingt das nach einem Horrorszenario. Aber ich halte es für durchaus möglich, dass wir beides bekommen: intelligent vernetzte Mobilität und sauberen Datenschutz wie auch Datensicherheit.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat es diese Woche wieder deutlich gemacht: Wir haben einen beispiellosen Investitionshochlauf.
(Gustav Herzog [SPD]: Wir brauchen einen Personalhochlauf!)
In den nächsten Jahren wird so viel Geld in die Verkehrsinfrastruktur fließen, wie es laut der nach Daehre benannten Expertenkommission für den Bund nötig ist. Das, meine Damen und Herren, ist wirklich eine enorme Leistung. Diese Anstrengung ist aber auch dringend erforderlich.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Diesem Investitionshochlauf steht aber in gewisser Weise der nächste Bundesverkehrswegeplan gegenüber.
(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben!)
Nicht alles, was dort an vordringlichem und weiterem Bedarf ermittelt wurde und wird, kann in den nächsten Jahren gebaut werden. Das liegt natürlich auch an den Planungs- und Baukapazitätsengpässen.
(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kriegt ihr sowieso nicht alles fertig!)
Wenn wir aber sehen, wie die Wachstumsprognosen im Verkehrsbereich aussehen, merken wir: Wir brauchen zusätzlich zum dringend notwendigen Erhalt und zusätzlich zu Aus- und Neubau neue Verfahren, um den Verkehr zu stemmen. So wird allein der motorisierte Personenverkehr bis 2030 um 13 Prozent zunehmen; im Güterverkehr wird die Verkehrsleistung sogar um 39 Prozent steigen. Diese Zahlen machen deutlich, dass wir insgesamt viele Ansätze benötigen, um auch in Zukunft Mobilität zu ermöglichen.
Einer dieser Ansätze ist das Carsharing. Sharingkonzepte sind ja gerade in aller Munde.
(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, Sie haben es ja doch verstanden!)
Einige Firmen haben es mit der Kunst der Vermittlung solcher Angebote sogar zu Milliardenbewertungen geschafft. Carsharing hingegen ist nicht ganz so neu wie die internetbasierten Aufsteiger der letzten Zeit. Seit über 25 Jahren gibt es das Autoteilen nun schon. Diese Woche wurde eine Studie veröffentlicht, die zu dem Ergebnis kam, dass das Carsharing nirgendwo so beliebt ist wie in Deutschland. Auf den ersten Blick, meine Damen und Herren, ist das vielleicht erstaunlich; auf den zweiten aber ist es sonnenklar.
Das Carsharing hat sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt. Die Erfolge in Deutschland haben ihre Ursachen nicht zuletzt in den Investitionen großer Anbieter, insbesondere von Tochterunternehmen der Autohersteller. Die großen Hersteller aus dem Süden haben den Markt der Mobilitätsdienstleistungen für sich erkannt und die sogenannten Freefloater, also die stationsunabhängigen Carsharingangebote, massiv ausgebaut. 50 Prozent aller Carsharingautos in Europa kann man hierzulande leihen. Das liegt auch daran, dass sich das Carsharing aus der Ökoecke – ich weiß die geleistete Pionierarbeit sehr zu schätzen – in die Mitte der Gesellschaft bewegt hat. Heute wünscht sich jede moderne Stadt ein Carsharingangebot, weil dies einfach dazugehört und von vielen Bürgern erwartet wird. Deutschland ist also weit vorne. Diesen Vorsprung gilt es nun per Gesetz zu erweitern, damit die bereits existierenden Vorteile noch weiter ausgebaut werden können.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, dann machen Sie es doch endlich mal! Machen Sie es mal!)
Mir persönlich und vielen anderen in der Koalition war es schon während der Koalitionsverhandlungen ein Anliegen, uns durch ein Carsharinggesetz zu der Unterstützung des Carsharings zu bekennen. Für mich hätte viel dafür gesprochen, dieses Gesetz gemeinsam mit dem Elektromobilitätsgesetz vorzulegen,
(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach! Und wo war es?)
wobei ich mir schon die Frage stelle, wie man die Forderungen des Antrags der Grünen zur Förderung sowohl des Carsharings als auch der Elektromobilität dann miteinander hätte vereinen können. Aber wie auch immer: Ich glaube, über die Sinnhaftigkeit eines Carsharinggesetzes dürften wir uns hier weitestgehend einig sein.
(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Super! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, dann: Machen, machen, machen!)
Die Verkehrspolitiker kennen die Problemlage. Sie ist im Wesentlichen juristischer Natur.
(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht so kompliziert, dass man sie nicht lösen kann! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind der Gesetzgeber hier!)
Nun bin ich ja selbst Jurist und weiß, dass zwei Juristen durchaus zu unterschiedlichen Bewertungen ein und desselben Sachverhalts kommen können.
(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor allem dann, wenn sie aus dem BMVI kommen!)
Es wäre aber nicht verantwortlich, eine juristisch fragwürdige Regelung vorzulegen. Bevorrechtigungen sind im Straßenverkehr eine komplexe Materie. Daher gilt einmal mehr: Gründlichkeit vor Schnelligkeit.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind doch Ausreden! Faule Ausreden!)
Sowohl die Regierung als auch die Mehrheitsfraktionen wollen dieses Gesetz, und es wird kommen.
(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, und wann? Wann denn?)
Darauf können sich Anbieter und Nutzer von Carsharing genauso verlassen wie die Kommunen, die solche Angebote auf ihrer Gemarkung machen wollen. Damit leisten wir dann, zusätzlich zu unserem vorliegenden Antrag, einen weiteren Beitrag zur Förderung intelligenter Mobilitätsformen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und das Ganze am Sankt-Nimmerleins-Tag! – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich glaube, auf dieses Gesetz müssen wir noch lange warten!)
Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Dr. Birgit Malecha-Nissen, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Retrieved from | http://dbtg.tv/fvid/6595000 |
Electoral Period | 18 |
Session | 158 |
Agenda Item | Intelligente Mobilität im Verkehrssektor |