Gustav HerzogSPD - Wasser- und Schifffahrtsverwaltung
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Wasser- und Schifffahrtsverwaltung hat ihr Ziel in einer kurzen, klaren Botschaft zusammengefasst: Wir machen Schifffahrt möglich. – Unsere Aufgabe als Gesetzgeber ist, dabei zu helfen.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden wir einen weiteren Meilenstein setzen. Aber das Gesetz als solches ist nicht gerade berauschend. Da ist ganz viel Technik drin. Wir werden als SPD-Bundestagsfraktion dem Gesetzentwurf zustimmen.
Lieber Kollege Behrens von der Linken, wir werden den Änderungsantrag Ihrer Fraktion ablehnen, weil wir es für nicht erforderlich halten, die Mitbestimmungsrechte der Länder über den Bundesrat auszuweiten. Bedenken Sie: In den 75 Verordnungen, die geändert werden, geht es in der Regel nur um Textänderungen, aber nicht um Inhalte. Es geht überwiegend um rein bundespolitisches Handeln. Bei aller Freundschaft zu den Ländern: Das, was Sie fordern, ist nicht notwendig.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Für die Länder ist viel wichtiger, dass Ansprechpartner vor Ort sind, dass der Landrat, der Bürgermeister oder der Feuerwehrkommandant im Fall einer Havarie wissen, mit wem sie zu telefonieren haben, und ihre Leute bei der WSV kennen. Das ist wichtig, und das machen wir mit diesem Gesetz fest. Wir bleiben in der Fläche kompetent vertreten.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ich kann den Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und der CDU/CSU – das hätte früher auch für die Kollegen von der FDP gegolten – einen Rückblick auf den 27. Oktober 2010 nicht ersparen. In jenem berühmten Herbst der Entscheidungen haben Sie als schwarz-gelbe Koalition im Haushaltsausschuss eine Entscheidung getroffen, die da lautete: Wir zerschlagen die WSV. Wir machen aus einer Durchführungsverwaltung eine Gewährleistungsverwaltung, mit dem Ziel, Personal abzubauen und zu privatisieren. – Nun wende ich mich an den Magdeburger Kollegen Behrens von der Union. Damals sind die Beschäftigten auf die Straße gegangen und haben Schilder mit der Aufschrift „Dem Osten das Wasser nicht abgraben“ hochgehalten. Ihre Solidarität habe ich damals vermisst.
(Beifall bei der SPD)
Unter Herrn Ramsauer war geplant, über 2 000 Stellen abzubauen und ein Viertel aller Standorte zu schließen, bis hin zu der irren Idee, in den Ämtern eine Trennung zwischen Infrastruktur und Betrieb vorzunehmen. Das ist alles im Zuge des 6. Berichts zur Reform der WSV einkassiert worden. Dafür bin ich dem Bundesminister sehr dankbar. Herr Staatssekretär, richten Sie es ihm aus.
(Heiterkeit – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn der Minister? Immer noch in Bayern?)
Er hat das, was wir mit der Koalitionsvereinbarung möglich gemacht haben, umgesetzt. Wir haben damals in die Koalitionsvereinbarung hineingeschrieben, dass wir die Reform zusammen mit den Beschäftigten weiterentwickeln wollen. Wir haben auch hineingeschrieben: Wir wollen die Kompetenz in der Fläche erhalten, wir wollen, dass die Beschäftigten dort sind, wo sie gebraucht werden. – Das steht im 1. Fortschrittsbericht.
Es gibt eine Garantie für alle Standorte. Die Beschäftigten wissen – sozialverträglich –: Sie müssen nur anderswo hin, wenn sie es wirklich wollen. Und der Bundesminister hat auch eine klare Aussage getroffen: Wir wollen nicht weiter privatisieren und vergeben, sondern wir wollen in Zukunft sehr genau darauf schauen, wo die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung eigene Kompetenz braucht. Die wollen wir wieder aufbauen, und das ist auch der richtige Kurs.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Mein Dank geht insbesondere an unsere Haushälter. Bettina Hagedorn und Norbert Brackmann haben sich in enger Abstimmung mit uns Verkehrspolitikern immer dafür eingesetzt, dass ausreichende Mittel zur Verfügung stehen und dass auch in den letzten zwei Jahren das Personal wieder aufgestockt wird. Es geht nicht wie in der Vergangenheit mit dem Abbau von Personal und dem Hineintragen von Verunsicherung in die Belegschaft weiter, sondern wir stellen wieder Leute ein, müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass wir da in Konkurrenz zu vielen anderen stehen. Planungsingenieure, Bauingenieure, Juristen, die die Planfeststellungsverfahren vorantreiben – wir streiten uns da um dieselben Leute. Deswegen ist unser Auftrag, als Parlament und als Abgeordnete dafür zu sorgen, dass die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung ein attraktiver Arbeitgeber wird, wo die Leute gern hingehen. Diese Aufgabe haben auch wir als Abgeordnete zur erfüllen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich habe angesprochen, dass unsere Haushälter gut Geld zur Verfügung stellen. Der Bundesminister hat auch schon an anderen Stellen gesagt: Geld ist nicht mehr das Problem. – Wir mussten sogar Gelder zurückgeben. In den Jahren von 2009 bis 2014 haben wir aus dem Haushalt für Unterhalt und Bau von Wasserstraßen 700 Millionen Euro nicht ausgeben können.
Die Straßenbauverwaltungen der Länder, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben sich darüber gefreut. Sie waren in der Lage, das Geld auszugeben.
(Gero Storjohann [CDU/CSU]: Welche Länder? – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Da schreibt der Rechnungshof etwas anderes!)
Das sage ich als kleinen Hinweis für die aktuelle Diskussion über eine Bundesfernstraßengesellschaft. Die Befürworter einer solchen Bundesfernstraßengesellschaft hätten es etwas einfacher in der Diskussion, wenn sie sagen könnten: Wir haben das in der Vergangenheit bei unserer eigenen Firma hervorragend gemacht. – Diesen Beweis zu führen, ist, glaube ich, etwas schwierig. Meine persönliche Auffassung lautet: Ich will bei der Aufteilung der Aufgaben – Wasserstraßen sind Bundessache, Straßenbau und ‑unterhaltung sind Ländersache – bleiben.
(Beifall bei der SPD – Peter Wichtel [CDU/CSU]: Wir haben auch Länder, die ihre Gelder nicht abrufen können!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Diskussion wird eines klar: Bevor wir den Investitionshochlauf umsetzen können, müssen wir gemeinsam für einen Personalhochlauf bei unserer Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung sorgen. Wir müssen auch den Ländern diese Möglichkeit geben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Bei all den Reformen, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir eines bedenken: Die machen diese Reformschritte während der ganz normalen Arbeitszeit. Sie sind ja dabei an den Schleusen, an den Dükern, an den Deichen, an den Wehren. Das wird alles gemacht, während wir gleichzeitig einen Umbau der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung vornehmen. Daher richtet sich mein Dank an die Beschäftigten, die draußen eine so tolle Arbeit leisten und auf die wir stolz sein können.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Denn unsere Wasserstraßen oder Wasserstraßen überhaupt sind etwas ganz Besonderes. Ohne Schiene und Straße zu nahe treten zu wollen, muss ich doch sagen: Schiene ist doch langweilig. Da fahren Züge. Wir können noch Güterzüge, Nahverkehrs- und Fernverkehrszüge unterscheiden. Auf der Straße ist das Bild schon etwas bunter. Da dürfen Lkws, Pkws, Motorräder, manchmal auch Fahrräder fahren, und sogar Fußgänger sind unterwegs. Aber unsere Wasserstraßen sind multifunktional.
Sie sind für die Ökologie unheimlich wichtig. Wir werden Weltmeister im Bau von Fischtreppen. Für den Tourismus sind die Wasserstraßen wichtig. Ich sehe den Kollegen Stefan Zierke hier. Wenn Sie mit Ihren Liebsten einmal ein Picknick machen wollen,
(Andreas Rimkus [SPD]: Am Rheinufer!)
gehen Sie dann an den Autobahnzubringer oder an die Weiche? Nein, Sie gehen an den Kanal, Sie gehen an den Fluss. Das ist das äußere Zeichen, wie wichtig dieser Verkehrsträger auch unter ökologischen Gesichtspunkten ist. Deswegen lohnt es sich, in diesen zu investieren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dazu kommt: Für Millionen von Menschen ist die Wasserver- und -entsorgung wichtig. Beim Hochwasserschutz arbeiten wir jetzt auch sehr eng mit den Ländern zusammen. Herr Staatssekretär, ich finde es gut, dass wir gemeinsam mit dem Umweltministerium – Stichwort: Bundesprogramm „Blaues Band“ – eine Menge machen, um deutlich zu zeigen: Es gibt keinen Widerspruch zwischen Ökologie und Binnenschifffahrt und Seeschifffahrt. Das können wir gut gemeinsam machen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Wasserstraßen erzeugen Energie, und, ja, sie sind auch für den Transport wichtig und notwendig. Da fängt aber das Problem an, weil unsere Bundeswasserstraßen häufig eindimensional sind. Auf der Schiene können wir den Verkehr umleiten, auf der Straße sind wir das gewöhnt. Aber wenn ich irgendwo eine Schleuse wegen einer Havarie oder weil eine Reparatur ansteht zumachen muss,
(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann haben wir meist eine zweite, Herr Kollege!)
dann kann ich schlecht das große Motorschiff mit 2 000 Tonnen Gewicht herausheben, herumtragen und wieder ins Wasser setzen.
Das ist die besondere Herausforderung an die Zuverlässigkeit unserer Bundeswasserstraßen. Der müssen wir uns stellen. Um zu zeigen, wie wichtig sie für die Volkswirtschaft sind, will ich daran erinnern, was los war, als im Nord-Ostsee-Kanal bei Brunsbüttel eine Schleuse kaputt war oder als die „Waldhof“ im Rhein havariert war und der Rhein für einige Tage blockiert war. Die WSV hat eine tolle Arbeit geleistet; trotzdem hat die Havarie deutlich gemacht, wie wichtig die Wasserstraßen für unsere Volkswirtschaft sind. Es lohnt sich, darin zu investieren, auch im Hinblick auf den Bundesverkehrswegeplan.
Da will ich noch einen Hinweis geben. Wir haben Schleusen, die in 10 bis 15 Jahren grundsaniert werden müssen. Eine solche Grundsanierung dauert nicht wenige Tage oder Wochen, sondern sie kann Monate, wenn nicht sogar ein Jahr dauern. Wenn eine solche Schleuse einen ganzen Wasserweg sperren kann, stellt sich ganz klar die Frage, ob wir im Hinblick auf diese Grundsanierungen nicht überall für Redundanzen, also für zweite Schleusen sorgen müssen, damit die Durchgängigkeit bleibt.
Liebe Genossinnen und Genossen – –
(Heiterkeit im ganzen Hause)
– Liebe Kolleginnen und Kollegen, das war eine Einladung an Sie alle. – Wir erwarten mit Spannung in der nächsten Sitzungswoche den Bundesverkehrswegeplan,
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich dachte, den SPD-Parteitag!)
die näheren Informationen zum Fortschrittsbericht und dazu, wie die Reviere abgegrenzt sind, wie die innere Struktur ist und wie abgeschichtet wird. Wir erwarten den Netzzustandsbericht, Herr Staatssekretär. Ich hoffe, es ist das letzte Mal, dass ich von dieser Stelle aus daran erinnern muss. Wir erwarten auch einen Wassertourismusbericht. Es liegt also viel Arbeit vor uns. Packen wir es gemeinsam an, machen wir Schifffahrt möglich.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Als nächster Rednerin erteile ich der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.
Der Versprecher kam eben nach Ende der Redezeit. Daran lag es wahrscheinlich.
(Zuruf von der CDU/CSU: Ich glaube, das war gar kein Versprecher!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6595105 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 158 |
Tagesordnungspunkt | Wasser- und Schifffahrtsverwaltung |