25.02.2016 | Deutscher Bundestag / 18. EP / Session 158 / Tagesordnungspunkt 9

Antje TillmannCDU/CSU - Europäisches Einlagensicherungssystem

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben bei der Regulierung der Finanzmärkte seit 2009 viel Richtiges verabredet und einiges davon auch schon gut umgesetzt.

Ich nenne die EZB-Aufsicht. 130 der größten europäischen Banken sind der EZB unterstellt und fallen jetzt unter ihre Aufsicht.

Wir haben mit dem Abwicklungsmechanismus eine Institution geschaffen, mit der im Ernstfall eine geordnete Sanierung oder Abwicklung möglich wird, ohne auf das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zurückgreifen zu müssen. Im Ernstfall gilt dann vorrangig die Haftung der Eigentümer und Gläubiger in Höhe von 8 Prozent der Bilanzsumme; das ist der sogenannte Bail‑in.

Diese Richtlinie war bis zum 31. Dezember 2014 umzusetzen. Drei Staaten haben das bis heute aber immer noch nicht getan. In ihrer Mitteilung „Auf dem Weg zur Vollendung der Bankenunion“ vom 24. November 2015 stellt deshalb die Kommission richtigerweise fest – ich zitiere –:

Daher besteht die oberste Priorität darin, … dass die Mitgliedstaaten die BRRD …

– also die Abwicklungsrichtlinie –

vollständig umsetzen.

Leider melden sich auch schon die ersten Länder zu Wort, die die Pflicht, 8 Prozent der Bilanzsumme als Haftungskapital vorzuhalten und im Zweifel von Eigentümern und Gläubigern einzufordern, wieder infrage stellen. Die Kommission hat recht, wenn sie sagt – ich zitiere –:

Dies erfordert eine konsequente Anwendung der Bail-in-Regelungen der BRRD, um sicherzustellen, dass die Kosten für die Abwicklung von ausfallenden … Banken primär von deren Anteilsinhabern und Gläubigern getragen werden.

Ich ergänze: nicht mehr von den Steuerzahlern.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das ist wichtig!)

Die Kommission erkennt auch Risiken, die immer noch in Bankbilanzen vorhanden sind, zum Beispiel das Risiko, das Staatsschulden auf heimische Bankensysteme haben können. Staatsschulden in Bankbilanzen stellen ein großes Risiko dar, insbesondere bei Staaten, denen es finanziell nicht gut geht. Ich nenne zusätzlich latente Steuern, die in erheblichem Umfang in den letzten Jahren zu mehr Risiken in den Bankbilanzen geführt haben. Auch dazu schreibt die Kommission richtigerweise – ich zitiere –:

… müssen nationale Wahlmöglichkeiten und Ermessensspielräume bei der Anwendung der Aufsichtsregeln doch noch weiter reduziert werden.

In Klammern: Die Bilanzen müssen noch krisenfester gemacht werden.

Wir haben uns dann auf einen Abwicklungsfonds als weiteres Instrument verständigt, und zwar in einer Größenordnung von 55 Milliarden Euro. Diesen Fonds füllen die Banken je nach Größe mit Beiträgen selbst, und er steht dann zur Verfügung, wenn die haftenden Mittel von Eigentümern und Gläubigern nicht ausreichen. Aber: Erst ab diesem Jahr finden die ersten Einzahlungen in den Abwicklungsfonds überhaupt statt. Seine Zielgröße soll der Fonds dann auch erst 2023 erreichen. In manchen Ländern ist die Übertragung der Bankenabgabe auf den gemeinsamen Abwicklungsfonds noch nicht geregelt, und in vielen Ländern ist die Vereinbarung zur Kreditaufnahme innerhalb des Abwicklungsfonds noch offen. Es gibt also auch hier noch erhebliche Vollzugsdefizite.

Die Schlussfolgerung der Kommission im Verordnungsentwurf, über den wir heute sprechen – Schaffung eines europäischen Einlagenversicherungssystems –, vom 24. November 2015 muss dann schon hinterfragt werden. Hier steht nämlich – ich zitiere –:

Während die ersten beiden Stufen mit der Einrichtung des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) und des einheitlichen Abwicklungsmechanismus (SRM) schon verwirklicht wurden, steht die Schaffung einer gemeinsamen Einlagensicherung noch aus.

Wie ich oben dargestellt habe, ist hier noch gar nicht viel verwirklicht. Wir haben viel beschlossen, aber die Verwirklichung ist durchaus noch fragmentarisch. Wir bestehen darauf, dass diese Aufgaben zuerst erfüllt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Als Letztes haben wir 2014 mit der Änderung der Einlagensicherungsrichtlinie beschlossen, dass alle Banken in der Europäischen Union einem nationalen Einlagensicherungssystem angehören müssen, das mit Kapital in Höhe von 0,8 Prozent der gedeckten Einlagen ausgestattet sein muss. Das heißt, wir stärken nationale Einlagensicherungssysteme.

Alle EU-Staaten hätten diese Einlagensicherungsrichtlinie bis zum 3. Juli 2015 umsetzen müssen. Fünf Länder haben bis zum heutigen Zeitpunkt das aber nicht getan. Ich zitiere gern ein weiteres Mal aus der Mitteilung der Kommission, die wirklich lesenswert ist:

Daher besteht die oberste Priorität darin, sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten die … DGSD

– also die Einlagensicherungsrichtlinie –

vollständig umsetzen.

Selbst wenn die Umsetzung in allen Staaten erfolgt ist, haben sie für die sukzessive Erfüllung der aus der Richtlinie folgenden Pflichten noch bis 2024 Zeit. Erst dann muss das nationale Einlagensicherungssystem das geforderte Kapitel aufweisen. Ich habe versucht, im Vorfeld in Erfahrung zu bringen, wie viel Geld in den Einzelstaaten in diesem Jahr in dieses System schon eingezahlt wurde. Offensichtlich hat die Kommission keinen Überblick darüber.

Trotz all dieser Umsetzungsmängel hat die Kommission jetzt ihren Verordnungsentwurf zur Schaffung eines europäischen Einlagenversicherungssystems mit folgenden Worten begründet – ich zitiere –: Risiken würden breiter gestreut. – Aber genau darum geht es uns nicht. Wir wollen in diesem System Risiken minimieren.

(Michaela Noll [CDU/CSU]: Genau!)

Wir wollen nicht einfach Risiken aus Einzelstaaten auf die Allgemeinheit der Europäischen Union übertragen, sondern wir wollen, dass überall die Risiken minimiert werden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Auch da zitiere ich wieder gerne aus der Mitteilung, die am selben Tag wie der Verordnungsentwurf bekannt gemacht wurde, der heute zur Diskussion steht:

Die mit diesen Maßnahmen einhergehende Risikoteilung muss jedoch durch Maßnahmen flankiert werden, die gleichzeitig mit der schrittweisen Errichtung des EDIS

– also der vergemeinschafteten Einlagensicherung –

zur Reduzierung der Risiken im Bankensektor ergriffen werden.

Das Gegenteil schlägt der Verordnungsentwurf derselben Kommission am selben Tag vor. Erst vergemeinschaften und dann weiter über Risiken diskutieren, das ist nicht der richtige Weg. Wir sollten uns zügig daranmachen, die Risiken und Umsetzungsdefizite zu reduzieren. Wenn wir das geschafft haben, kann über weitere Vergemeinschaftungen wohl diskutiert werden, aber die Reihenfolge muss richtig sein: Risiken herunter, dann über Vergemeinschaftung nachdenken.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Axel Troost, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

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Electoral Period 18
Session 158
Agenda Item Europäisches Einlagensicherungssystem
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