25.02.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 158 / Tagesordnungspunkt 9

Alexander RadwanCDU/CSU - Europäisches Einlagensicherungssystem

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute schon einige Bemerkungen gehört wie die, dass Europa möglicherweise scheitern wird. Konzentrieren wir uns auf das, was wir heute thematisieren, und schauen wir, ob der in Sonntagsreden immer wieder gepriesene Kampf für die Regionalbanken auch in spürbarem Handeln deutlich wird.

Wir haben als Deutscher Bundestag mit unserem ersten Antrag zur Einlagensicherung rechtzeitig unsere Position zur Bankenunion bezogen. Es ging um verschiedene Bereiche wie Abwicklungsmechanismus, Einlagensicherung und Aufsicht. Das ist eine Reihenfolge, die abgearbeitet werden muss. Dabei tauchte am Horizont auch die Frage auf: Soll jetzt auch ein Vorschlag für einen Einlagensicherungsfonds entwickelt werden? – Das war die Ausgangslage vor der entsprechenden Initiative der Europäischen Kommission. Deswegen hatte sich der Antrag damals auch an die Bundesregierung gerichtet.

Jetzt kommunizieren wir über den Vorschlag der Europäischen Kommission. Ich halte eine Subsidiaritätsrüge vom Grundsatz her für richtig, da wir so gegenüber der Kommission signalisieren, was wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Diskussion von diesem Vorschlag halten. Ich halte es für falsch, im Europäischen Parlament und im Rat immer nur zuzuschauen, was passiert, und hier dann bei der Umsetzung zu lamentieren: Was passiert denn jetzt mit den Regionalbanken? Jetzt können Sie beweisen, dass Sie Beschlüsse mittragen, die den Regionalbanken in der Perspektive helfen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Heute ist der Tag, nicht erst, wenn es um die Umsetzung geht.

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann machen Sie doch heute einen konstruktiven Vorschlag und sagen nicht einfach Nein!)

– Ich komme jetzt dazu.

Man muss sich einmal den Ablauf anschauen. Sie kennen ihn; Frau Kollegin Tillmann hat darauf hingewiesen – darüber sind sich alle Redner einig –: Die Bankenunion baut auf verschiedenen Elementen auf, die erst vollendet werden müssen. Wir wissen aber, dass die Mitgliedstaaten – erstens – noch nicht alles umgesetzt haben. Es wäre die primäre Aufgabe der Kommission, auf eine Umsetzung hinzuwirken, bevor sie mit einem nächsten Vorschlag kommt. Zweitens erleben wir momentan, dass die entsprechenden Maßnahmen aufgeweicht werden sollen. Es ist bekannt – nicht erst, seitdem es in den Zeitungen steht –, dass Italien und Frankreich ein anderes Verständnis vom Bail‑in haben als der Rat und das Parlament. Für diejenigen, die es nicht verstehen: Bail‑in heißt, dass wir zukünftig bei Bankenpleiten nicht mehr den Steuerzahler heranziehen wollen, sondern die einzelnen Haftungen erst einmal vor Ort abgewickelt werden; dies gilt für mindestens 8 Prozent der Verbindlichkeiten. In der Kommission wird auf Druck der Mitgliedstaaten momentan daran gearbeitet, diese Regelung auszuhöhlen.

Jetzt kommt der Vorschlag der Kommission. Wenn es nach Ihrer Strategie geht, Frau Kollegin, dann haben wir am Schluss einen Verordnungsvorschlag der Kommission, der mit Sicherheit nicht die von Ihnen genannten vier Punkte berücksichtigen wird. Europa ist – das wissen Sie – kein Wunschkonzert. Vielmehr wird am Schluss ein europäischer Kompromiss stehen, der dazu führt, dass unsere Banken im Rahmen einer Einlagensicherung für andere Banken und damit auch für entsprechende Staatsschulden in Haftung genommen werden, bevor das ganze Konstrukt überhaupt steht.

(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist bei Ihrer Strategie aber nicht anders!)

– Doch, Herr Kollege. Wenn der Verordnungsvorschlag noch nicht vorliegen würde, könnten wir gar nicht darüber diskutieren und würde er nicht verabschiedet werden. Sie sagen schlicht und ergreifend, welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, applaudieren aber, wenn der dritte Schritt vor dem ersten gemacht wird. Hören Sie mit dieser Heuchlerei auf!

(Beifall bei der CDU/CSU)

400 bis 500 Millionen Euro müssten nach den jetzigen Kalkulationen des Genossenschaftswesens für die europäische Einlagensicherung aufgebracht werden. Das ist ungefähr der Betrag, der zurzeit für die Institutssicherung gezahlt wird. In der Perspektive werden wir im Genossenschaftswesen und im Sparkassenwesen die Diskussion haben, ob man dann nicht gleich in die europäische Einlagensicherung einzahlen und den anderen Bereich der Einlagensicherung dafür vernachlässigen sollte. Das Ergebnis des jetzigen Vorschlags wäre, dass Genossenschaftsbanken und Sparkassen doppelt zahlen.

Wir können gerne über „too big to fail“ und andere Probleme diskutieren. Aber heute ist die Frage: Ist der Weg, den die Europäische Kommission geht, zum jetzigen Zeitpunkt der richtige? Da sagen Sie Ja, mit dem Ergebnis, dass am Schluss eine Verordnung unmittelbar mit einem Gesetz umzusetzen sein wird, ohne dass die anderen Maßnahmen entsprechend umgesetzt sind. Die Alternative wäre, dass wir als Deutscher Bundestag der Regierung den Auftrag geben: Stoppen Sie das zum jetzigen Zeitpunkt! Sorgen Sie dafür, dass sich die Kommission dafür einsetzt, die Bankenunion erst einmal Realität werden zu lassen!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Uns geht es darum, in diesem Prozess die Regionalbanken zu stärken. Uns geht es darum, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen – das ist ein wichtiger abschließender Punkt –, dass die Eigenverantwortung der Banken und Mitgliedstaaten gestärkt wird. Darum gilt das, was Wolfgang Schäuble im Rat gesagt hat: Erst ist die Nullgewichtung der entsprechenden Staatsanleihen durchzusetzen, damit hier eine Vergleichbarkeit vorhanden ist. Ansonsten wird die Vergemeinschaftung der Schulden und Risiken in diesem Bereich – davon haben Sie am Anfang Ihres Beitrags gesprochen – auf die Regionalbanken und die kleinen Banken, die eine hohe Stabilität aufweisen, ausgeweitet, bevor die anderen Maßnahmen ergriffen sind.

Insofern sage ich Ihnen heute klipp und klar: Setzen Sie sich nicht nur in Sonntagsreden für die Stärkung der Regionalbanken ein, sondern kämpfen Sie mit uns, wenn es notwendig ist, wenn die Zeit dafür gekommen ist – jetzt ist die Zeit dafür –, dass auf europäischer Ebene keine Entscheidungen getroffen werden, die unsere Regionalbanken schwächen.

Besten Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Kollege Christian Petry spricht als Nächster für die SPD.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6595472
Wahlperiode 18
Sitzung 158
Tagesordnungspunkt Europäisches Einlagensicherungssystem
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