Sabine LeidigDIE LINKE - Bahnhofsprojekt Stuttgart 21
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wenn Verschwendung, Murks und Machtpolitik bei Großprojekten so offensichtlich sind wie beim BER und bei Stuttgart 21 und niemand dafür geradestehen muss, dann macht das politikverdrossen. Und das wollen wir nicht.
(Beifall bei der LINKEN)
Deshalb gibt es unseren neuen Antrag „Ausstieg aus Stuttgart 21 – Die Deutsche Bahn AG vor einem finanziellen Desaster bewahren“.
Sie erinnern sich sicher alle: Als 2009 der Baubeginn beschlossen wurde, haben Sie behauptet, dass die Bahn dann auf der europäischen Magistrale – ich weiß schon gar nicht mehr, von wo aus – nach Bratislava schneller und um zehn Minuten früher in Ulm wäre, und das für schlappe 3 Milliarden Euro. Hartmut Mehdorn hat damals Stein und Bein geschworen, dass es so sein würde.
Kurz zuvor allerdings hat das unabhängige Verkehrsplanungsunternehmen Vieregg-Rössler die Kosten für Stuttgart 21 auf 6,9 Milliarden Euro veranschlagt. Später musste dann Bahnchef Grube Mehrkosten zugeben. Er legte sich fest, 4,5 Milliarden Euro seien die Sollbruchstelle, weil es sonst ein völlig unwirtschaftliches Projekt sein würde.
Auf dieser Grundlage haben dann die Bewohner von Baden-Württemberg – nachdem die CDU abgewählt war – darüber abgestimmt, ob das Land aussteigen soll. Die Projektbetreiber plakatierten damals überall die falsche Behauptung, dass beim Ausstieg 1,5 Milliarden Euro für nichts fällig würden. Unter diesen Bedingungen war die knappe Mehrheit dagegen.
Was aber kam danach? Im Dezember 2012 musste Herr Grube zugeben, dass die Kosten viel höher sein werden als die 4,5 Milliarden Euro. Sie würden nämlich 6,5 Milliarden Euro betragen. Der Kostendeckel war krachend gesprengt worden. Vieregg und Rössler hatten mit ihrer Kostenschätzung offensichtlich recht gehabt.
Die einzig vernünftige Konsequenz wäre gewesen, den Ausstieg zu beschließen. Das hätte der Aufsichtsrat der Bahn im März 2013 tun müssen. Zu diesem Zeitpunkt waren zwar die Bäume im Park gefällt und ein Teil des denkmalgeschützten Bahnhofes war abgerissen worden, aber der eigentliche Bau war noch gar nicht begonnen worden.
Was aber geschah? Aus politischen Gründen hat die Kanzlerin höchstpersönlich interveniert und dafür gesorgt, dass wider besseres Wissen weitergemacht wird. Im Jahr der Bundestagswahl sollte die CDU und nicht die Bürgerbewegung triumphieren – zum Schaden der Bahn übrigens. Denn keiner der anderen Projektpartner ist bereit, sich an den gewaltigen Mehrkosten zu beteiligen. Und Frau Merkel wird ihre Schatulle auch nicht öffnen.
Mittlerweile sind nun genau die Probleme zutage getreten, vor denen zum Beispiel die „Ingenieure gegen Stuttgart 21“ von Anfang an gewarnt hatten: Es sei viel zu viel Grundwasser abzupumpen. Der Brandschutz sei nicht ausreichend, und es gebe Fehlplanungen bei der Flughafenanbindung usw. – Deshalb hat Vieregg-Rössler jetzt eine neue Kostenstudie vorgelegt. Das Projekt wird nicht 6,5 Milliarden Euro, sondern 9,8 Milliarden Euro kosten.
Stellen Sie sich vor: Auf der einen Seite werden gerade sämtliche Nachtreisezüge gestrichen, weil sich die Investitionen in neue Schlafwagen angeblich oft nicht lohnen. Auf der anderen Seite soll die Deutsche Bahn dieses Milliardengrab finanzieren. Das ist völlig absurd.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir verlangen, dass der Bund jetzt endlich die Notbremse zieht. Als Eigentümer der Bahn haben Sie die Verantwortung, wirtschaftlichen Schaden von diesem öffentlichen Unternehmen abzuwenden. Sie dürfen nicht zulassen, dass diese Milliarden an Steuergeldern so verschwendet werden. Ihren Mitgliedern im Aufsichtsrat – auch Frau Lühmann – droht übrigens eine Klage wegen Verletzung ihrer Aufsichtspflicht. Sorgen Sie dafür, dass die Bahn aus Stuttgart 21 aussteigt!
(Beifall bei der LINKEN)
Jetzt das Positive zum Schluss: Es gibt gute Alternativen. Auch die sind mitsamt den Ausstiegskosten seriös berechnet worden. Der bestehende Bahnhof kann restauriert werden. Er erhält ein neues Dach und verfügt danach über viel größere Kapazitäten. Die Baugrube kann für Nahverkehrsangebote genutzt werden.
(Michael Donth [CDU/CSU]: Als Schwimmbad noch, oder?)
In jedem Fall würden die K-21-Vorschläge mindestens 5,9 Milliarden Euro weniger kosten als Stuttgart 21 – Geld, das für sinnvolle Zwecke gebraucht wird.
Frau Kollegin, Sie ignorieren zwar meinen Hinweis, dass Ihre Redezeit beendet ist, sie ist aber trotzdem beendet.
Ich komme zum Schluss und bedanke mich beim Aktionsbündnis und bei allen Aktiven gegen Stuttgart 21, die immer wieder für Aufklärung und konkrete Alternativen sorgen. Das ist wirkliche Demokratie.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Die Linke bitten, ihre Buttons abzunehmen. Wir haben eine Geschäftsordnung, nach der das Zeigen von Plakaten und Symbolen – das gilt auch für das Tragen von Buttons – durch die Abgeordneten im Deutschen Bundestag nicht zulässig ist. Diese Geschäftsordnung haben wir alle gemeinsam miteinander beschlossen, und ich erwarte, dass auch die Kolleginnen und Kollegen der Linken sich daran halten. – Ich bitte Sie deshalb nochmals, die Buttons abzunehmen.
(Zurufe von der CDU/CSU: Alle!)
– Ja, alle. Ich kann die Sitzung solange auch unterbrechen.
(Hans-Werner Kammer [CDU/CSU]: Oder sind die Linken etwa außerhalb der Demokratie? – Zuruf von der LINKEN: Wegen ein paar Buttons so eine Debatte aufzumachen!)
– Ich habe die Kolleginnen und Kollegen vorhin ohne öffentliche Ankündigung darum gebeten. Sie haben aber dieser Bitte keine Folge geleistet. Deshalb muss ich das jetzt öffentlich ansprechen. Mir wäre es lieber gewesen, wenn wir das im Einvernehmen hätten regeln können.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Ja wenn Sie meinen, das so ansprechen zu müssen!)
– Es soll hier um die Sache gehen.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Also keine Stuttgart-21-Buttons im Deutschen Bundestag! Wir haben es verstanden!)
– Generell nicht, auch zu anderen Themen nicht.
Als nächster Redner hat der Parlamentarische Staatssekretär Norbert Barthle das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6595816 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 158 |
Tagesordnungspunkt | Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 |