Kai GehringDIE GRÜNEN - Bildung und Forschung in strukturschwachen Regionen
Mal schauen. – Danke, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Wissenschaftsfinanzierung in Deutschland braucht ein Upgrade für mehr Zukunfts- und Innovationsfähigkeit. Die Linke hat Vorschläge gemacht, wir Grünen haben Vorschläge gemacht. Wenn Sie von Union und SPD damit nicht einverstanden sind, dann legen Sie doch einfach eigene Vorschläge für eine neue Gesamtarchitektur der Wissenschaftsfinanzierung in Deutschland vor.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
So lang ist die Legislatur ja nicht mehr. Langsam wird es höchste Zeit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Da fehlt denen die Exzellenz!)
Seit Monaten dreht sich die Wissenschaftsdebatte um die Frage, wie die Exzellenzinitiative weitergeht. Vor vier Wochen hatte die Imboden-Kommission einen hervorragenden Bauplan dafür vorgelegt. Auf die zwei Förderlinien Exzellenzcluster und Exzellenzprämie zu fokussieren, ist eine wegweisende Grundlage für Bund und Länder; da sind wir uns mit unseren drei grünen Wissenschaftsministerinnen einig. Der Zeitdruck für die Einigung ist groß. Heute in acht Wochen muss die Vereinbarung stehen. Umso unverständlicher ist doch, dass Bundesministerin Wanka zu ihrem Exzellenzplan komplett schweigt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie keinen hat. Wenn Frau Wanka den Unis das Exzellenzkrönchen selbst aufsetzen will, anstatt die Wissenschaft entscheiden zu lassen, dann soll sie das doch wenigstens sagen. Aber zu schmollen, den sehr guten Imboden-Bauplan in die Schublade zu legen
(Zuruf von der CDU/CSU: Das macht doch keiner!)
und zur drängenden Überbrückungsfinanzierung für die bisher geförderten Unis und Cluster zu schweigen, ist einfach ein Unding. Frau Wanka muss raus aus dem Hinterzimmer und muss ihre Exzellenzpläne im Parlament vorstellen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Spitzenförderung ist aber nur ein Aspekt der Wissenschaftsfinanzierung von Bund und Ländern. Eine neue Architektur ist seit Jahren überfällig; denn das Verhältnis zwischen Grundfinanzierung der Hochschulen und Drittmittelförderung ist immer weiter aus der Balance geraten. Als größter Drittmittelgeber hat der Bund daran einen Löwenanteil. Obwohl der Bund die Hochschulen seit der Verfassungsänderung zum 1. Januar 2015 dauerhaft finanzieren könnte, setzen Union und SPD vorrangig auf Wettbewerb und auf Projektförderung. Dass das nicht gut ist, wissen Union und SPD sogar. Der Erkenntnis muss aber auch konkretes politisches Handeln folgen. Genau das verlangt die linke und grüne Opposition von Bundesregierung und Koalitionsfraktionen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Worum muss es bei der neuen Wissenschaftsfinanzierung gehen?
Erstens um den Hochschulpakt. Die Bund-Länder-Vereinbarung dazu läuft bis 2020. Auch künftig werden viele junge Leute aus dem In- und Ausland in Deutschland studieren, und das ist klasse. Deswegen wollen wir den Hochschulpakt verstetigen und die Ausgaben pro Studienplatz auf OECD-Durchschnitt anheben. Das stärkt die Grundfinanzierung der Hochschulen, das sichert Studienplätze und Arbeitsplätze, das bringt bessere Lehre und Studienbedingungen, eine höhere Finanzierungssicherheit und Planbarkeit für Universitäten und Fachhochschulen in strukturschwachen wie in strukturstarken Regionen. Also: Nicht zögern, sondern machen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Zweitens: Ausbau und Modernisierung der Infrastrukturen des Wissens. Bröckelnde Bauten und marode Labore passen nicht zu einer Innovationsnation Deutschland.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Schon jetzt gibt es einen erheblichen Sanierungsstau an den Hochschulen. Den müssen wir beheben und einem weiteren Substanzverlust vorbeugen. Wir sagen ganz klar: Bauten und Ausstattung an Universitäten und Fachhochschulen müssen auf die Höhe der Zeit gebracht werden: von den Hörsälen bis zu den Bibliotheken, von den digitalen Infrastrukturen über Forschungsgeräte bis hin zu den Wohnheimplätzen. Also: Nicht zögern, sondern machen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Drittens: Entlastung der Länder bei der Forschungsfinanzierung. Wir wollen den Finanzierungsschlüssel der Leibniz-Gemeinschaft und der Max-Planck-Gesellschaft ändern. Statt fifty-fifty soll der Bund künftig 70 Prozent
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
und das jeweilige Land 30 Prozent der Finanzierung übernehmen.
(Beifall bei der LINKEN)
Im Gegenzug müssen sich die Länder verbindlich verpflichten, die gewonnenen Spielräume eins zu eins für die Grundfinanzierung der Hochschulen zu nutzen. Hier wäre es angebracht, eine gute Vereinbarung zu treffen; das haben sie bei den BAföG-Mitteln nicht geschafft.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zudem müssen die Programmpauschalen im Hochschulpakt und für die Forschungsförderung durch die Bundesressorts erhöht werden. Also: Nicht zögern, sondern machen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Wir haben in Deutschland eine unheimlich vielfältige Forschungs- und Hochschullandschaft mit vielen großartigen kreativen Köpfen. Diese kreativen Köpfe wollen unsere Gesellschaft voranbringen. Sie wollen Lösungen für die großen gesellschaftlichen Herausforderungen entwickeln, und sie wollen mit Sicherheit gut forschen. Deswegen warten die Wissenschaftler aller Generationen genauso sehnsüchtig wie wir in der Opposition auf den mehrmals von Frau Wanka angekündigten Nachwuchspakt für neue Stellen an den Hochschulen. Davon hört man seit Monaten nichts mehr. Man braucht ihn aber dringend; denn es braucht dringend mehr Dauerstellen, vom Mittelbau bis zur Tenure-Track-Professur. Also: Nicht zögern, sondern machen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Bund und Länder müssen einen klugen Rahmen für gute Wissenschaft setzen und eine neue schlüssige Gesamtarchitektur für die Wissenschaftsfinanzierung in Deutschland auf den Weg bringen, und das am besten noch in dieser Wahlperiode.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der Kollege Ernst Dieter Rossmann hat für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6598548 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 159 |
Tagesordnungspunkt | Bildung und Forschung in strukturschwachen Regionen |