26.02.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 159 / Tagesordnungspunkt 20

Ernst Dieter RossmannSPD - Bildung und Forschung in strukturschwachen Regionen

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dem Antrag der Grünen darf man nicht vorwerfen, dass er nicht sehr ausschweifend sei.

(Dr. Simone Raatz [SPD]: Der Linken!)

– Entschuldigung, der Linken. – Er ist wirklich zu ausschweifend. Ich glaube, Herr Kaufmann, Sie sind in Ihrer Kritik sehr präzise auf vieles eingegangen. Wenn ich nur mit einer Hand geklatscht habe – das ist nicht so gut zu hören –, dann nur, weil Sie an vielen anderen Stellen Positionen eingenommen haben, die wir Sozialdemokraten nicht teilen können.

In Bezug auf die Grünen fällt uns auf: Ja, Opposition darf drängeln, aber Opposition muss nicht alles verdrängen; denn tatsächlich gibt es einen Hochschulpakt,

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, bis 2020!)

der sehr gut dotiert ist, der von Bund und Ländern gemeinsam finanziert wird. Es gibt einen Beschluss der Koalitionsfraktionen, 1 Milliarde Euro zusätzlich für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu mobilisieren. Wir haben das Wissenschaftszeitvertragsgesetz in einer Weise novelliert, die viel Resonanz, auch in der jungen Wissenschaft, findet.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Auch die BAföG-Reform – einschließlich des zusätzlich mobilisierten Volumens – ist ja nicht die schlechteste Reform gewesen.

Insofern möchte ich in dieser Situation mit den Kolleginnen und Kollegen in einen Dialog eintreten, anstatt wechselseitig draufzuhauen, und ein paar Schwerpunkte setzen.

Kollege Kaufmann, ja, man kann in Bezug auf die Bund-Länder-Zusammenarbeit und das Kooperationsverbot verschiedener Auffassung sein. Aber man muss natürlich aufpassen, in welche Widersprüche man sich verwickeln kann, wenn man sagt, dass es doch immer am besten ist, wenn es klare Verantwortlichkeiten gibt. Denn gleichzeitig sind wir stolz darauf, dass wir zum Beispiel bei der Absicherung der außeruniversitären Forschungseinrichtungen eine gemeinsame Verantwortlichkeit bis in die Finanzierung hinein haben, dass Bund und Länder zu jeweils 50 Prozent am Hochschulpakt beteiligt sind und es funktioniert,

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo Herr Rossmann recht hat, hat er recht!)

dass auch an anderen Stellen, zurzeit beim Gesamtkonzept zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, Bund und Länder zusammenkommen.

Es ist ja auch nicht so, dass es keine gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern in Bezug auf den Strukturausgleich gäbe. Er ist vielleicht nicht in Artikel 91 b des Grundgesetzes angesiedelt; aber in Artikel 104 b des Grundgesetzes ist er ausdrücklich angesiedelt. Das entspricht der Linie, von der die Sozialdemokratie Sie gerne weiter überzeugen möchte, vielleicht auch in Bezug auf die aktuell und langfristig wichtige Zukunftsaufgabe der Integration; hier könnte man eine neue Gemeinschaftsaufgabe schaffen.

Umgekehrt sind wir ganz bei Ihnen, wenn Sie sich dagegen wehren, vom Prinzip des Wettbewerbs abzuweichen. Die Linken haben irgendwie ein ungeklärtes Verhältnis zum Prinzip des Wettbewerbs in der Wissenschaft; sie haben es nicht aufgearbeitet. Die wichtigste gemeinsame Institution von Bund und Ländern in der Wissenschaft ist die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die DFG. Aber die DFG organisiert nichts anderes als ein wettbewerbsgeleitetes Auswahlverfahren bei der Suche nach Wahrheit. Dazu müssten sich die Vertreterinnen und Vertreter der Linken einmal im Grundsatz erklären. Sie müssten erklären, ob sie glauben, dass Wahrheitssuche außerhalb eines wissenschaftsgeleiteten Wettbewerbs zu besseren Ergebnissen führt als eine Suche nach der besten Wahrheit im Wettbewerb, im Rahmen einer Auseinandersetzung in verschiedenen Projekten, über Peer Reviews und anderes. Ich finde, da müssen Sie langsam bei Ihrem eigenen Denken – bis hinein in Ihre Anträge – zu einer Frontbegradigung kommen.

(Zuruf von der LINKEN)

Denn Sie können nicht in drei Landesregierungen – früher Mecklenburg-Vorpommern, jetzt Thüringen und Brandenburg – all dies mittragen, auch das wettbewerbsgeleitete Prinzip der Deutschen Forschungsgemeinschaft – Sie stellen es nicht infrage –, aber in Bezug auf die Exzellenzinitiative Scheuklappen haben, als ob das, was bei der DFG gut ist, bei der Exzellenzinitiative auf einmal schlecht ist.

Diese Begradigung sollten Sie erst recht vornehmen, wenn Sie aufmerksam einer guten Anhörung zur ­Imboden-Kommission in Sachen Exzellenz gefolgt sind.­

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Man darf sich doch nicht selbst in der Wissenschaft in Deutschland unmöglich machen. Aber Sie sind leider auf dem besten Weg dorthin, sich als Partner in der deutschen Wissenschaft unmöglich zu machen. Das bekommt Ihrer Sache nicht gut.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Die Exzellenzinitiative ist angesprochen worden; darauf möchte ich mich konzentrieren. Die Vorbereitung eines gemeinsamen Pakts zwischen Bund und Ländern – auch dort stehen wieder beide zusammen in der Verantwortung; es gibt dort keine geteilte Verantwortung, Herr Kaufmann – ist jetzt in einem entscheidenden Stadium. Ich will zumindest für die sozialdemokratische Seite sagen, was wir den guten Ergebnissen der Imboden-Kommission in Bezug auf das Instrument der Exzellenzinitiative, die Edelgard Bulmahn mit anderen zusammen seinerzeit für Rot-Grün auf den Weg gebracht hat, entnehmen. Wir entnehmen, dass es wichtig ist, ein wissenschaftsgeleitetes Verfahren beizubehalten. Wir entnehmen, dass es wichtig ist, den Wettbewerb weiterhin in einem wissenschaftsgeleiteten Verfahren zu organisieren. Wir entnehmen, dass es wichtig ist, die Exzellenzcluster auszubauen, die das Fundament besonderer Exzellenz an den vielen Hochschulen quer durch die Republik stärken sollen. Wir entnehmen auch, dass es gut ist, wenn wir erkennbare Spitzenuniversitäten haben.

Dabei unterscheidet sich unser Ansatz von dem, was bisher von den Grünen in die Diskussion gebracht worden ist. Auch Professor Imboden geht von einem einzigen Indikator aus. Dies ist aber unterkomplex. Wir können hier aus der Anhörung den hoch anerkannten Vorsitzenden des Deutschen Wissenschaftsrates, Professor Prenzel, zitieren, der von den Institutionen, die als Leuchttürme nach Deutschland und Europa ausstrahlen wollen, strategische Konzepte und vor allem auch eine Perspektive geradezu einfordert, weil diese mit Blick auf die Zukunft die Leistungsfähigkeit und die Attraktivität der Wissenschaft an den deutschen Hochschulen erhöhen. Nur aus dem Ex-post, also aus dem, was man früher an Förderung bekommen hat, leitet sich nicht automatisch eine Perspektive ab, auch wenn es natürlich ein Kriterium unter mehreren sein kann, genauso wie die Verankerung von Exzellenzclustern ein Kriterium werden muss. Wichtig ist jedenfalls: Wir müssen in diesem Zusammenhang komplexer denken.

Wir sollten uns auch nicht klein machen. Professor Imboden hat gemeinsam mit seiner hoch ehrenwerten Kommission ausdrücklich festgestellt, dass es bei uns mehr als sehr wenige spitzenleistungsfähige Universitäten gibt. Deshalb sagen wir: 10 Universitäten plus x – das ist das Maß, aus dem in Deutschland Strahlkraft gewonnen werden kann, aus dem weitere Perspektiven gewonnen werden können.

Natürlich soll es Maßnahmen der Überleitung geben. Es soll Anerkennung für diejenigen geben, die bisher in einer ersten Wettbewerbsphase waren. Wir wünschen uns und wir sind uns ziemlich sicher, dass wir an dieser Stelle ein sehr gutes Ergebnis erzielen werden.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wissen Sie denn, was Frau Wanka will? – Gegenruf der Abg. Dr. Simone Raatz [SPD]: Das ist geheim!)

– Kollege Gehring, Sie fragen danach, was die Ministerin will. Man darf in jedem Fall sagen: Die Ministerin will ein sehr gutes Ergebnis.

(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Genau!)

Ich darf für die Sozialdemokratie sagen: Die Strukturen, innerhalb derer wir uns das Ergebnis wünschen, haben wir immer transparent gemacht. Am Ende werden wir uns umso mehr freuen, wenn das Ergebnis zügig vorliegen wird

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir verhandeln konstruktiv!)

und in dem Ergebnis viel von dem enthalten ist, was Professor Imboden vorgeschlagen hat; denn es gibt hier eine große Übereinstimmung mit dem, was wir vorgeschlagen haben.

Herr Kollege.

Wir können uns nicht vorstellen, dass das Ergebnis ein ganz anderes sein könnte.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)

Wir glauben: Wenn wir hier gemeinsam zügig zu einem Ergebnis gekommen sind, dann werden wir auch beim Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs zügig vorankommen; denn das ist ein weiterer Baustein.

Herr Kollege Rossmann.

Mein letzter Punkt an die Abgeordneten der CDU/CSU. Dies wird gewiss nicht die allerletzte Diskussion über das Kooperationsverbot sein. Wir werden diese aber sehr sachlich, konstruktiv und hoffentlich sehr überzeugend und gewinnend weiterführen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Kollegin Alexandra Dinges-Dierig hat nun das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Simone Raatz [SPD])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6598604
Wahlperiode 18
Sitzung 159
Tagesordnungspunkt Bildung und Forschung in strukturschwachen Regionen
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