Elke Ferner - Übereinkommen gegen Diskriminierung der Frau
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Der kombinierte siebte und achte CEDAW-Bericht erstreckt sich auf die Jahre 2007 bis 2014. Angesichts der Tatsache, dass noch in keinem Land der Welt die vollständige Gleichstellung von Frauen und Männern erreicht ist, hat dieser Bericht naturgemäß Licht, aber auch Schatten. Ich freue mich sehr, dass wir jetzt, gut zwei Wochen vor der nächsten Sitzung der Frauenrechtskommission der Vereinten Nationen, die Gelegenheit haben, über diesen Bericht im Deutschen Bundestag zu diskutieren.
In den letzten zwei Jahren hat das Thema Gleichstellung wieder Fahrt aufgenommen. Auch deshalb bin ich mir ganz sicher, dass im nächsten CEDAW-Bericht die Schatten geringer und das Licht mehr werden wird.
Für die Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern gibt es aus meiner Sicht drei zentrale Handlungsfelder: die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt, die gleichberechtigte Partizipation in allen gesellschaftlichen Bereichen und der Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt, insbesondere vor sexueller Gewalt.
Wo stehen wir im Jahr 2016? Bei der Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt gibt es Fortschritte. Die Frauenerwerbsquote ist auf dem höchsten Stand. Mütter kehren nach der Geburt ihrer Kinder früher in den Beruf zurück als vorher. Immer mehr Männer, gerade der jüngeren Generation, möchten sich gerne Beruf und Familie partnerschaftlich teilen, also auch ihren Teil der Familienarbeit übernehmen. Das gelingt zunehmend, aber immer noch auf zu niedrigem Niveau. Immer mehr Männer nehmen Elterngeld in Anspruch.
In diesem Bereich haben wir Fortschritte erzielt, weil die Rahmenbedingungen verändert worden sind. Wir haben in der letzten Großen Koalition das Elterngeld und den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ab dem ersten Geburtstag eingeführt. In dieser Wahlperiode verbessern wir die Rahmenbedingungen weiter. Der Bund stellt auch in dieser Wahlperiode Ländern und Kommunen zusätzliche Mittel für den Kitaausbau zur Verfügung. Wir haben beispielsweise das Programm „KitaPlus“ aufgelegt, bei dem es darum geht, Beschäftigten mit unnormalen Arbeitszeiten, also Personen, die im Schichtdienst arbeiten, etwa Krankenschwestern und Polizisten, die Möglichkeit einer guten Kinderbetreuung zu geben, auch wenn sie alleinerziehend sind oder der Partner bzw. die Partnerin die Kinderbetreuung nicht übernehmen kann. Mit dem Elterngeld Plus ermöglichen wir eine bessere Partnerschaftlichkeit. Wir setzen Anreize für eine frühere Rückkehr in den Beruf und haben mit dem Pflegezeit- und dem Familienpflegezeitgesetz Verbesserungen für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf geschaffen. – Das alles sind erste Schritte hin zur Familienarbeitszeit. Ich bin mir sicher: Wenn nicht in dieser Wahlperiode, werden wir spätestens in der nächsten Wahlperiode gesetzgeberische Maßnahmen dazu ergreifen.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ingrid Pahlmann [CDU/CSU])
Im CEDAW-Bericht wird gewürdigt, dass wir die Erwerbstätigkeit von Frauen, ihre ökonomische Unabhängigkeit und damit ihre tatsächliche Gleichstellung unterstützen. Wir sind aber noch längst nicht am Ziel. Die Frauenerwerbsquote ist zwar so hoch wie noch nie; aber wenn man hinter die Kulissen schaut, sieht man, dass mehr als die Hälfte aller erwerbstätigen Frauen in Teilzeit beschäftigt sind, mit all den damit verbundenen Folgen wie Lohnersatzleistungen. Die Lohnlücke von 22 Prozent führt am Ende des Erwerbslebens zu einer Rentenlücke von fast 60 Prozent. Es ist daher notwendig, dass es auch im Bereich der Erwerbsarbeit zu einer besseren Gleichstellung von Frauen und Männern kommt. Wir müssen die Lohnlücke, die Zeitlücke und die Rentenlücke schließen; dann sind wir der Gleichstellung von Frauen und Männern deutlich näher gekommen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir gehen in dieser Wahlperiode das Vorhaben „Lohngerechtigkeit“ an. Wir werden darüber mit Sicherheit nicht nur am diesjährigen Equal-Pay-Tag zu diskutieren haben, sondern auch im weiteren Verlauf des Jahres. Die Lohnlücke liegt in Deutschland bei 22 Prozent. Damit sind wir so ziemlich am unteren Ende der Skala, was die Lohngerechtigkeit angeht. Das hat viele Ursachen. Deshalb brauchen wir auch viele Maßnahmen, um der Lohnlücke beizukommen. Das geht los bei der Teilzeitarbeit. Wir wissen, dass Teilzeitarbeit in der beruflichen Sackgasse endet, wenn sie dauerhaft ausgeübt wird. Deshalb wollen wir den Rückkehranspruch auf die alte Arbeitszeit noch in dieser Wahlperiode angehen. Durch den Mindestlohn haben wir bereits einen Baustein zum Schließen der Lohnlücke gesetzt. Laut Untersuchungen wird die Lohnlücke allein durch den Mindestlohn um 2 Prozent geringer. Wenn dann auch noch von der Möglichkeit einer besseren Tarifbindung in größerem Umfang Gebrauch gemacht wird, wird sie sich weiter schließen. Es geht aber auch um den Wert der Arbeit, und um mehr Transparenz. Auch in dieses Thema werden wir in dieser Wahlperiode einsteigen.
Nächster Punkt ist das Thema „Frauen in Führungspositionen“. Dazu haben wir bereits ein Gesetz verabschiedet, das seit dem 1. Januar dieses Jahres vollständig gilt. Wir werden hoffentlich zur Mitte des Jahres oder bis zum Herbst erste belastbare Zahlen haben, denen eine größere Anzahl von Unternehmen zugrunde liegt.
Die Opposition hatte bei der Verabschiedung dieses Gesetzes gesagt, das reiche alles nicht aus. Ich möchte daran erinnern, dass wir im letzten Jahr gemeinsam bei der FRK in New York waren. Es ist doch erstaunlich, welch positive Resonanz dieses Gesetz auf internationaler Ebene, sowohl bei der FRK als auch beim Global Summit of Women, gefunden hat. Natürlich ist das noch steigerungsfähig
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz klar! Gut erkannt!)
– überhaupt keine Frage –; aber der Einstieg ist gemacht.
(Beifall bei der SPD)
Letzter Punkt ist das Thema „Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt“. Da, denke ich, gibt es mehr Licht als Schatten, aber eben auch noch den einen oder anderen Schatten. Wir haben in der Bundesrepublik ein sehr gut ausgebautes Hilfesystem. Wir haben auch Gesetze, die allerdings noch verbessert werden müssen – das Sexualstrafrecht ist nur eines –, und das nicht erst seit Köln, um das hier noch einmal deutlich zu sagen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nach den Statistiken hat jede vierte Frau mit ihrem bisherigen oder vorherigen Partner wenigstens einmal körperliche oder sexuelle Gewalt in ihrem Leben erfahren, und jede siebte Frau in Deutschland hat auf die eine oder andere Weise sexualisierte Gewalt erfahren. Diese Zahlen sind viel zu hoch. Deshalb müssen wir an den gesetzlichen Normen etwas verändern.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir müssen uns aber auch noch einmal über den Alltagssexismus in unserer Gesellschaft unterhalten. Der fängt bei sexistischer Werbung an und endet am Ende des Tages in Rollenzuschreibungen, die nicht gut sind, und auch in entsprechenden Frauenbildern, die dann zu Übergriffen führen, wie wir sie in Köln, aber auch anderswo, zum Beispiel auf dem Oktoberfest in München, sehen konnten.
Ich glaube, dass wir auf gutem Weg sind. Es ist leider noch nicht alles getan. Wir werden uns auch beim nächsten CEDAW-Bericht mit Sicherheit noch über ein paar Schattenseiten zu unterhalten haben. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass wir beim nächsten Mal eine deutlich bessere Bilanz vorlegen können; denn wir akzeptieren nicht, dass Frauen in unserer Gesellschaft direkte oder indirekte Nachteile haben. Dafür arbeiten wir hier in großen Teilen zusammen; das möchte ich hier auch noch einmal deutlich sagen. Dafür Ihnen allen ein herzliches Dankeschön!
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Cornelia Möhring für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6598789 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 159 |
Tagesordnungspunkt | Übereinkommen gegen Diskriminierung der Frau |