26.02.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 159 / Tagesordnungspunkt 21

Sönke RixSPD - Übereinkommen gegen Diskriminierung der Frau

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal zur Frage, ob in der Frauenpolitik die Luft raus ist: Ich kann zumindest für den linken Lungenflügel der Koalition sagen, dass dort noch genug Luft drin ist, Frau Kollegin.

(Beifall bei der SPD – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Im rechten auch!)

Gemeinsam mit dem rechten Lungenflügel werden wir hier auch noch zu weiteren Maßnahmen kommen.

(Zuruf von der LINKEN: Wann denn?)

Eine weitere Vorbemerkung, weil es immer wieder auch darum geht, welche Verantwortung die Länder in vielen Fragen haben. Es nützt ja nichts – Sie haben das gerade am Beispiel der Frauenhäuser noch einmal getan –, wenn wir uns hier immer wieder sagen, der Bund müsse stärker Verantwortung übernehmen,

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)

wenn die Länder das nun einmal nicht wollen. In den Ländern regieren auch Sie mit, liebe Grünen

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Cornelia Möhring [DIE LINKE]: Das ist doch nicht so!)

– natürlich ist es so: auch dort regieren Sie mit, liebe Grünen –, und von daher: Lassen Sie uns einmal die Kirche im Dorf lassen und die Verantwortung dort belassen, wo sie gerade ist, und lassen Sie uns auch einmal unsere eigenen Landesregierungen auffordern, dort etwas zu tun.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Im Übrigen geht Schleswig-Holstein hier mit sehr gutem Beispiel voran und ist vorbildlich. Das wird – zumindest im Vergleich zu den anderen Ländern – auch die Kollegin Möhring zugeben müssen. Wir in Schleswig-Holstein haben das schon schneller erkannt.

(Cornelia Möhring [DIE LINKE]: Das entlässt uns aber nicht aus der Verantwortung!)

Gerade in der Debatte und auch insgesamt wird, wenn man über Gleichstellungspolitik diskutiert, häufiger die Frage gestellt: Brauchen wir da eigentlich noch Gesetze? Wir haben doch die Gleichstellung im Grundgesetz festgeschrieben. Wo werden denn Frauen durch welche Maßnahmen tatsächlich benachteiligt oder diskriminiert? Auch hier in der Debatte hat das am Rande eine Rolle gespielt. Es wurde erklärt, es gebe doch so viele Gesetze, und eigentlich brauche man doch keine gesetzlichen Regelungen mehr. Wer so etwas sagt, der redet unverantwortlich angesichts dessen, was wir über Diskriminierung von Frauen in diesem Lande wissen.

(Beifall bei der SPD)

Der Lohnunterschied beträgt über 20 Prozent. Frauen sind immer noch stärker von Armut betroffen als Männer. Frauen sind noch immer stärker von Gewalt betroffen als Männer. Frauen haben noch immer schlechtere Aufstiegschancen als Männer. Diese Liste ließe sich noch fortführen. Wer an dieser Stelle behauptet, das sei nur ein gesellschaftliches Problem, man brauche keine gesetzlichen Regelungen, der liegt falsch, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])

Wir haben in dieser Koalition schon gesetzliche Regelungen auf den Weg gebracht, und wir haben auch noch weitere vor uns. Ich erinnere an die Einführung der Quote. Und ich erinnere an die Maßnahmen, die wir, federführend beim Justizressort, zur Verschärfung des Sexualstrafrechts vor uns haben.

(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD])

Ich erinnere an das Gesetz zur Lohngerechtigkeit. Also, wir regeln Dinge gesetzlich. Das haben wir uns als Koalition gemeinsam auf die Fahnen geschrieben. Das sollten wir nicht kleinreden.

Ein Wort zur Lohngerechtigkeit, weil auch Sie, Frau Dörner, in Ihrer Rede darauf hingewiesen haben, dass die Regelung hierzu kein zahnloser Tiger werden dürfe. Ich kann Ihnen für die SPD-Fraktion versichern: Einer Regelung, die einem zahnlosen Tiger gleicht, werden wir nicht zustimmen. Ein Gesetz nur um des Gesetzes willen brauchen wir nicht. Wir brauchen ein Gesetz um der Wirkung willen. Daran arbeiten wir, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Wir wissen, dass wir eigentlich noch viel mehr Biss haben müssten und könnten. Leider lässt uns der Koalitionsvertrag nicht so viel Spielraum, wie wir ihn vielleicht mit anderen Mehrheiten in diesem Hause hätten. Aber er lässt uns Spielraum. Ich appelliere an die Koalitionskolleginnen und -kollegen von der Union, diesen Spielraum zu nutzen, damit es ein wirksames Gesetz wird.

(Beifall bei der SPD – Marcus Weinberg [Hamburg] [CDU/CSU]: Alles, was vernünftig ist!)

Lassen Sie mich noch kurz über Rollenbilder sprechen, weil auch das ein Thema ist, an dem wir arbeiten müssen. Ich habe mich vorhin an das Lied Männer, von Herbert Grönemeyer, erinnert gefühlt. Er singt:

Männer haben Muskeln.

(Dagmar Ziegler [SPD]: Wenn sie mal welche hätten!)

Männer sind furchtbar stark ...  Männer kriegen ‚nen Herzinfarkt.

Die meisten Männer, die das auf dem Oktoberfest zur bayerischen Blasmusik mitgrölen, wissen gar nicht, wie ironisch dieses Lied gemeint ist.

(Beifall der Abg. Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Nichtsdestotrotz macht es ein besonderes Männerbild deutlich, an dem noch viele hängen.

Zum Glück hat sich dieses Männerbild verändert, auch mit Hilfe von gesetzlichen Maßnahmen, zum Beispiel dem Elterngeld Plus. Das Elterngeld ist gerade schon erwähnt worden. Hiermit stärken wir die Partnerschaftlichkeit. Wir wissen aus Studien, dass Männer noch viel mehr Zeit für Familie und für Partnerschaft haben wollen. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir beim Elterngeld Plus nicht stehen bleiben, sondern noch weiter diskutieren, nämlich das Thema Familienarbeitszeit, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Zu Rollenbildern gehört leider immer noch ein sehr antiquiertes Frauenbild. Wenn man sich die Werbung einmal ansieht, ist man häufig sehr geschockt. Es gibt den Spruch eines Arzneimittelherstellers: Mütter nehmen nicht frei, Mütter nehmen XY. Gemeint ist ein bestimmtes Medikament. Das Bild, das dahintersteckt, was also Mütter für eine Funktion haben und welche Rolle sie spielen sollen, wird dabei sehr deutlich. Deshalb glaube ich: Auch wenn wir sehr viele gesetzliche Regelungen brauchen, so brauchen wir nichtsdestotrotz auch eine gesellschaftliche Debatte. Wir brauchen einen gesellschaftlichen Auftrieb für die Gleichstellung von Männern und Frauen. Wir brauchen beides: gesetzliche Regelungen und gesellschaftliche Debatte. Diese führen wir.

Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Abschließende Rednerin in dieser Aussprache ist die Kollegin Dr. Silke Launert für die CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6598938
Wahlperiode 18
Sitzung 159
Tagesordnungspunkt Übereinkommen gegen Diskriminierung der Frau
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta