26.02.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 159 / Tagesordnungspunkt 23

Julia VerlindenDIE GRÜNEN - Änderung des Bundesberggesetzes (Fracking-Technik)

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Letzten Mai stand hier Umweltministerin Hendricks und hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgestellt. Das war ein Fracking-Erlaubnis-Paket. Aber die Menschen wollen ein Verbot von Fracking.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hubertus Zdebel [DIE  LINKE])

Ministerin Hendricks sagte damals – das können Sie im Protokoll nachlesen –, das Parlament könne das Gesetz ja auch noch ändern, und zwar gerne in Richtung weiterer Verschärfungen. Die Vertreter der Bundesländer im Bundesrat sahen auch noch ganz erheblichen Änderungsbedarf und wir Grüne auch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der LINKEN: Die Linke auch!)

Auch die Experten in den Anhörungen sahen noch zahlreiche Probleme beim Gesetz der Bundesregierung. Sie empfahlen uns Parlamentariern, dringend nachzubessern.

Wir Grüne haben nach der Anhörung in den Ausschüssen unsere Hausaufgaben gemacht. Wir haben in unseren Anträgen deutlich gemacht, welche Defizite wir beim Regierungsentwurf sehen. Und wir haben klargemacht: Wir Grüne wollen, dass Fracking verboten wird, und wir wollen, dass neue Regeln auch die Erdgas- und Erdölförderung ohne Fracking sicherer und transparenter machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und was ist seitdem bei Union und SPD passiert? Nichts! Zumindest haben Sie nicht weiter daran gearbeitet, dass wir bald über ein Gesetz abstimmen können, das dem Wunsch der Mehrheit der Bevölkerung entspricht; denn mehr als zwei Drittel der Menschen wollen laut einer repräsentativen Umfrage ein Fracking-Verbot, und das zu Recht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Diese Menschen sind in bester Gesellschaft. Auch Gewerkschaften, Kirchen und Wirtschaftsverbände kritisieren Fracking. Tausende Kommunen haben Resolutionen gegen Fracking verabschiedet.

Ich kenne eigentlich nur eine Einzige, die Fracking wirklich will, und das ist die Erdgasindustrie. Doch zu welchem Preis? Die Erdgasindustrie will es am liebsten so machen, wie es leider lange Tradition in der Energiewirtschaft war: die Gewinne privatisieren und die Risiken und Folgekosten der gesellschaftlichen Allgemeinheit überlassen. Das ist ungerecht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

So wie beim Atommüll: Jahrzehntelang fahren die Energiekonzerne Gewinne ein und schütten hohe Dividenden aus, und jetzt wollen sie am liebsten nichts mehr damit zu tun haben. Oder bei der Braunkohle: den Menschen die Heimat wegbaggern und das Klima auf Kosten der Zukunft kaputtmachen und dann auch noch die Hand aufhalten und Geld dafür haben wollen, dass sie damit aufhören. Das ist doch verrückt!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Ständig lesen wir neue Hiobsbotschaften, die auf Risiken für Umwelt und Gesundheit bei der Fracking-Technik und Erdgasförderung hinweisen, und das nicht nur in den USA, wo massiv gefrackt wird. Dort kam es letzte Woche im Fracking-Bundesstaat Oklahoma zu einem der stärksten Erdbeben überhaupt in der Region. Dieses Erdbeben steht unter dringendem Verdacht, von Fracking verursacht worden zu sein.

(Bernd Westphal [SPD]: Nur im Verdacht!)

Aber wir müssen gar nicht so weit gucken. Auch hier in Deutschland gibt es am laufenden Band Meldungen über mögliche schädliche Folgen der Erdgasförderung. Auch rund um Förderstätten, insbesondere in Niedersachsen, gibt es regelmäßig neue Erdbeben, wie etwa letzte Woche im Heidekreis. Die Liste der Gegenden, in denen Erdöl- und Erdgas gefördert werden und signifikant erhöhte Krebsraten bei Kindern und Erwachsenen gemeldet werden, wird immer länger. Hinzu kommt der hohe Wasser- und Flächenverbrauch beim Fracking und die ungeklärte Frage der Entsorgung giftiger Abwässer. Zu Recht sind die betroffenen Bürgerinnen und Bürger besorgt, und sie erwarten, dass Sie als Regierungsfraktionen endlich handeln.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Erdgas ist kein sauberer und klimafreundlicher fossiler Brennstoff, wie es manche Befürworter gerne behaupten; denn bei der Erdgasförderung und beim Transport entweicht regelmäßig unkontrolliert Methan, und Methan ist klimaschädlicher als CO 2  – nicht nur ein bisschen schädlicher, sondern 20-mal mehr als CO 2

Ich will Generationengerechtigkeit. Ich will, dass diejenigen zahlen, die Schäden verursacht haben. Ich will, dass die Politik nach dem Vorsorgeprinzip Entscheidungen trifft, dass Alternativen gewählt werden, die die Risiken minimieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Von diesen besseren Alternativen haben wir in der Energiepolitik zahlreiche.

Die internationale Gemeinschaft hat im Dezember in Paris beschlossen, dass wir rauswollen aus den fossilen Energieträgern: Weg vom Öl! Raus aus der Kohle! Und wenn wir sagen „Dekarbonisierung“, dann heißt das natürlich auch: perspektivisch ein Ausstieg aus der Erdgasnutzung; denn wir können für Strom, Wärme und Mobilität auf erneuerbare Energien umsteigen und Energie effizienter einsetzen.

Das geht nicht von heute auf morgen; klar. Aber wenn wir jetzt schon wissen, dass wir mindestens zwei Drittel der fossilen Rohstoffe eben nicht verbrennen dürfen, dass diese Menge unter der Erde bleiben muss, wenn wir das Klima retten wollen – ja, warum sollen wir denn dann noch die letzten Reste Erdgas aus dem Boden fracken? Das macht doch überhaupt keinen Sinn.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wäre ein fatales Signal, wenn Deutschland nach Paris wieder einen Schritt rückwärts macht, anstatt auf die Zukunft zu setzen. Die Zukunft heißt: zuverlässige und umweltfreundliche Energie. Jetzt heißt es, Alternativen für unsere Energieversorgung voranzutreiben und Investitionen entsprechend zu lenken: in Richtung Energiesparen, Energieeffizienz, erneuerbare Energien, auch im Wärmemarkt.

(Dr. Philipp Lengsfeld [CDU/CSU]: Phrasendrescherei!)

Fracking widerspricht dem Klimaschutz. Es widerspricht einer klugen Energiepolitik, weil es das fossile Zeitalter verlängert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Deswegen sollte die Politik endlich Rechtssicherheit schaffen, und Rechtssicherheit bedeutet: Fracking verbieten.

In ihren Wahlkreisen haben im letzten Jahr viele Abgeordnete Besuch bekommen. Viele Abgeordnete haben auf öffentlichen Veranstaltungen oder in der Zeitung erzählt, dass sie ja irgendwie auch ziemlich gegen Fracking seien. Aber warum machen Sie dann nicht endlich ein richtiges Gesetz, das Fracking verbietet? Sie haben doch die Mehrheit im Parlament und stellen die Regierung. Das heißt, es ist Ihre Verantwortung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Es ist doch keine Lösung, wenn Sie den Kopf in den Sand stecken und hoffen, dass diese Legislaturperiode schnell vorbeigeht.

Dabei geht es ganz einfach: Sie schreiben ein Fracking-Verbot in einen neuen § 49 a des Bundesberggesetzes. Das präsentieren wir Grünen Ihnen hier heute in unserem Gesetzentwurf noch mal auf dem Silbertablett. Wir werden das in den Ausschüssen beraten, und bei der Abstimmung in ein paar Wochen erwarte ich, dass Sie Ernst machen mit dem, was Sie zu Hause in den Wahlkreisen erzählen. Stimmen Sie unserem Fracking-Verbot zu!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Als nächste Rednerin spricht Herlind Gundelach von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6599139
Wahlperiode 18
Sitzung 159
Tagesordnungspunkt Änderung des Bundesberggesetzes (Fracking-Technik)
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta