Herlind GundelachCDU/CSU - Änderung des Bundesberggesetzes (Fracking-Technik)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir heute wieder einmal über Fracking sprechen; denn seit nunmehr fünf Jahren wurde in Deutschland kein Antrag auf konventionelle Gasförderung mit Anwendung der Fracking-Technologie mehr beschieden.
Die Gasförderung in unserem Land geht kontinuierlich zurück, und ganze angegliederte Wirtschaftszweige fallen in Deutschland weg. Dadurch verlieren wir Arbeitsplätze in ganz erheblichem Umfang, und qualifizierte Fachkräfte wandern ab. Solche Prozesse können in einer Marktwirtschaft zwar unvermeidlich sein, aber sie sind es nur, wenn ein Produkt nicht mehr konkurrenzfähig ist, und das ist hier ganz entschieden nicht der Fall.
Es gibt in der Bevölkerung Bedenken zur Fracking-Technologie – das haben Sie sehr richtig erkannt, Frau Verlinden –,
(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
und die nehmen wir auch sehr ernst. Wir haben daher in dieser Legislaturperiode an einem Gesetz gearbeitet, das einen neuen ordnungsrechtlichen Rahmen für eine Technologie schafft, die wir 50 Jahre ohne größere Zwischenfälle angewendet haben. Zwischen 1961 und 2011 fanden nämlich rund 300 Fracks im Rahmen der konventionellen Förderung statt.
Bei unserem Gesetzentwurf – genauso haben wir es im Koalitionsvertrag festgehalten – stehen der Schutz des Menschen und seiner Gesundheit sowie die Belange der Umwelt im Vordergrund.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Hiltrud Lotze [SPD])
Wir – das unterscheidet uns ganz massiv von Ihnen – wollen einen Gesetzesrahmen, in dem wir Erdgas in Deutschland unter ökologisch verantwortbaren und wirtschaftlich vertretbaren Voraussetzungen fördern können. Wir wollen auch international einen Beitrag leisten, indem wir zeigen, dass die Förderung von Rohstoffen auch unter strengen Umweltauflagen wirtschaftlich ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, wir sind uns einigermaßen einig – zumindest die meisten unter uns –, dass wir bis 2050 in diesem Land nicht ohne fossile Brennstoffe auskommen werden. Anders lautende Aussagen sind meines Erachtens Wunschvorstellungen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Umweltministerin hat in Paris etwas anderes unterschrieben!)
– Da täuschen Sie sich. Das müssen Sie etwas genauer lesen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 1,5 Grad wird schwierig!)
Unter Umständen können wir vielleicht in nicht allzu weiter Ferne Strom ohne fossile Energieträger herstellen, was aber immer noch nicht heißt, dass das für ein Industrieland wie Deutschland ausreichend ist; denn wir brauchen verlässlich 365 Tage im Jahr und 24 Stunden am Tag Strom. Solange wir nicht ausreichend Speichermöglichkeiten haben, könnten wir zwar rechnerisch ausreichend Strom produzieren, aber deswegen noch lange nicht die Versorgung sicherstellen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Laut der Energieeffizienzstrategie Gebäude, die wir am Mittwoch im Ausschuss behandelt haben, gibt es in Deutschland derzeit 21,3 Millionen Wärmeerzeuger. Davon werden gut 10,5 Millionen mit Gas befeuert. Das bedeutet, dass immer noch die Hälfte aller Heizungen in Deutschland gasbasiert ist. Ein großes Problem im Wärmebereich ist, dass Alternativen wie Biomasse, Geothermie, Solarthermie und Photovoltaik nicht für jedes Gebäude umsetzbar sind bzw. die Umsetzung mit großen Kosten verbunden ist. Bei Gebäuden mit klassischen Radiatorheizungen zum Beispiel sind Wärmepumpen weniger effizient als in Gebäuden mit Flächenheizungen. Bei der Solarthermie gibt es durch die Größe und Ausrichtung der Dachflächen Hemmnisse. Solarthermieanlagen sind übrigens eine ausgeprägte Konkurrenz für Photovoltaikanlagen, die nicht zur Wärmegewinnung genutzt werden können. Bei der Geothermie haben wir zum Teil dasselbe Problem wie beim Erdgas: Auch hier muss gefrackt werden.
Jetzt werden viele von den Kolleginnen und Kollegen der Grünen sagen: Wir müssen mit Zwang auf die Nutzung von erneuerbaren Energien im Bereich Wärme umrüsten – siehe Ihr zuletzt vorgelegter Gesetzentwurf –, kostet es, was es wolle.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen den Planeten retten! Sie vielleicht nicht!)
Wenn ich einen ersten Blick in die Unterlagen für den Klimaschutzplan 2050 werfe, der von Ihnen nahestehenden Einrichtungen entworfen wurde, denke ich, dass das genau der von Ihnen präferierte Weg ist.
Ich sagte soeben, dass wir in Deutschland immer noch sehr viele Gasheizungen haben. In den letzten Jahren wurden circa 600 000 bis 700 000 entsprechende Wärmeerzeuger pro Jahr installiert. Im Neubaubereich ist Gas – auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen – noch immer der bedeutendste Energieträger.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie schon einmal etwas von Power-to-X gehört?)
– Davon habe ich durchaus schon gehört, ja. Eine solche Anlage werde ich übermorgen wieder besuchen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Am heiligen Sonntag?)
Wenn wir in Deutschland kein Erdgas mehr fördern, können wir nur importieren. Wir machen uns dann gänzlich von ausländischen Lieferanten abhängig, die gegebenenfalls unter schlechten ökologischen und übrigens auch schlechten arbeitsrechtlichen Bedingungen fördern. Dass es unter Umständen auch aus außenpolitischer Sicht Vorbehalte und Probleme mit der innerstaatlichen Demokratie in diesen Förderländern geben kann, will ich in diesem Zusammenhang nur kurz ansprechen und gar nicht weiter ausführen.
Ein Verbot hätte daher aus meiner Sicht mindestens zur Folge, dass wir kein eigenes Gas für die Verstromung hätten, obwohl Gas unter den grundlastfähigen Energieträgern noch immer die beste CO 2 -Bilanz hat. Wir müssten für die Hälfte der Heizungen in Deutschland Erdgas aus dem Ausland importieren. Wir würden einem ganzen Wirtschaftszweig die Arbeit verbieten, und das, nachdem er über 50 Jahre in Deutschland eine gute Arbeit geleistet hat. Wir würden indirekt schlechte Arbeitsbedingungen und eine unter ökologischen Aspekten auch nicht nachhaltige Förderung im Ausland unterstützen. Ich weise zum Beispiel auf die Leckagen im Rahmen der Öl- und Gasförderung in Russland hin.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht nur da!)
– Aber dort ganz besonders. – Experten sagen, dass bei bis zu 10 Prozent der Förderungen das von Ihnen zu Recht kritisierte Methan in großen Mengen in die Luft entweicht. Wir könnten sagen: Das berührt uns nicht; das ist ja nicht unsere CO 2 -Bilanz.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Wir können auf Energieeffizienz setzen!)
Ich nenne ein solches Verhalten absolut pharisäerhaft.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Wie gesagt, das alles wollen wir uns leisten, obwohl Erdgas in Deutschland unter marktwirtschaftlichen Aspekten konkurrenzfähig ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nehmen die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger bezüglich der Fracking-Technologie sehr ernst.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber es gibt kein Gesetz von Ihnen!)
Es gibt aber nur wenige Themen, die politisch und emotional derart aufgeladen sind – das merkt man auch an Ihren Reaktionen –, dass eine sachliche Diskussion kaum noch möglich ist. Das Produkt Erdgas ist unter strengen Auflagen in Deutschland förderbar und auch konkurrenzfähig. Deshalb wäre es nach unserer Auffassung falsch, Fracking zu verbieten.
Ich werbe daher für einen guten gesetzlichen Rahmen mit sinnvollen Regelungen.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist der denn?)
– Dazu hören Sie gleich noch etwas. – Daher haben wir in unserem Vorschlag nach intensiven Beratungen, auch mit durchaus kritischen Geistern in unseren eigenen Reihen, wie Sie wissen, festgelegt, dass zum Beispiel nur noch solche Frackfluide zugelassen werden – sie bestehen heute ohnedies schon zu fast 97 Prozent nur noch aus Wasser und Sand –, die die Wassergefährdungsklasse 1 haben. Die meisten Shampoos, mit denen wir uns täglich die Haare waschen, sind schon in Wassergefährdungsklasse 2. Die Gefährlichkeit ist aus meiner Sicht also überschaubar.
Ferner wollen wir die Pflichten im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfungen massiv ausweiten, sodass beispielsweise schon vor der Aufsuchung – also beim allerersten Schritt, noch vor der Förderung – eine UVP-Prüfung durchgeführt werden muss. So würde der gesamte Prozess der Förderung überwacht. Zu den wasserrechtlichen Implikationen wird, denke ich, der Kollege Möring nachher sicher noch Stellung nehmen.
Deutschland ist in den Augen vieler unserer Nachbarn – auch das möchte ich betonen – inzwischen ein Land geworden, das offensichtlich Innovationen scheut und überall nur noch unbeherrschbare Risiken sieht.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ui, ui, ui!)
Das, meine Damen und Herren, ist aber nicht der Geist, mit dem unser Land großgeworden ist, und das ist mit Sicherheit auch nicht der Geist, mit dem wir unsere Spitzenstellung als Industrieland in der Welt halten können. Deshalb trete ich nach wie vor für die Anwendung innovativer Techniken in Deutschland ein.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zum Beispiel?)
Dazu gehört für mich auch Fracking,
(Lachen der Abg. Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
und zwar – das betone ich noch einmal – unter strengen Umweltauflagen.
(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU] – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht Ihr Ernst! Das soll eine innovative Technik sein?)
Gestatten Sie mir zum Schluss noch eine Bemerkung. Der Zeitpunkt, zu dem Sie Ihren Gesetzentwurf vorlegen, riecht ein bisschen arg nach Wahlkampf. Uns in der Koalition ist aber an einer sachlichen Diskussion und an guten, praktikablen Lösungen gelegen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch auch etwas eingebracht! – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir warten ja auf Ihren Gesetzentwurf!)
– Den bekommen Sie. Sie müssen nur noch ein bisschen warten.
Danke.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie haben doch auch etwas eingebracht!)
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Hubertus Zdebel von der Fraktion Die Linke das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6599196 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 159 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Bundesberggesetzes (Fracking-Technik) |