Georg NüßleinCDU/CSU - Bezahlbares Wohnen und Bauen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Lay, in Ihrer Rede war eines richtig: Wir haben in den letzten Jahren zu wenig gebaut. Wir haben zu wenig Wohnraum für unsere Bürgerinnen und Bürger. Daran müssen wir etwas ändern. – Leider war das das Einzige, was an Ihrer Rede richtig war. Aber immerhin hat an dieser Stelle die Analyse gestimmt.
(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Caren Lay [DIE LINKE]: Wie gönnerhaft!)
Ich räume freimütig ein, dass nach dem Jahr 2000 auch wir einem Trugschluss aufgesessen sind und gesagt haben: Angesichts der demografischen Entwicklung in Deutschland gibt es genügend Wohnraum. Man muss nicht mehr bauen, und man muss auch den Bau von Wohnungen nicht mehr fördern. Deshalb haben wir in der Regierungszeit der letzten Großen Koalition die Eigenheimzulage abgeschafft, was ich immer noch für einen großen Fehler halte.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das war damals die falsche Entscheidung, meine Damen und Herren. Deshalb sind wir jetzt dabei, an dieser Stelle das eine oder andere zu korrigieren.
Ich möchte aber vorwegschicken – das zu erwähnen, ist mir ein persönliches Anliegen –, dass es nicht aufgrund des Flüchtlingszustroms schwerpunktmäßig darum geht, Wohnungen zu bauen. Natürlich verschärft der Zustrom von Flüchtlingen das Problem der Wohnungsnot. Wir sind gehalten, die Menschen, die zu uns kommen, anständig unterzubringen. Aber jenseits dessen gibt es in Deutschland seit Jahren die Problematik, dass wir zu wenig bezahlbaren Wohnraum haben. Wir sind in dieser Koalition auf einem guten Weg, das zu ändern.
Frau Lay, um den Linken anzugehören, muss man wahrscheinlich wirklich jeden ökonomischen Zusammenhang verdrängen. Aber dass es einen inneren Zusammenhang zwischen bezahlbarem Bauen auf der einen Seite und der Möglichkeit, diese günstig gebauten Wohnungen günstig zu vermieten, auf der anderen Seite gibt, können Sie doch nicht leugnen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Caren Lay [DIE LINKE]: Das ist aber kein Automatismus! – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also, ehrlich gesagt, haben Sie Marktwirtschaft nicht verstanden! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist von der CSU! Er weiß nicht, was Marktwirtschaft ist!)
Natürlich gibt es diesen Zusammenhang. Natürlich brauchen wir, um diese Problematik jetzt anzugehen, Investoren, gerade auch private Investoren, meine Damen und Herren. Der Staat allein wird dieses Problem jedenfalls nicht lösen können.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich wehre mich gegen Ihren Vorwurf, wir hätten all die Maßnahmen, die wir machen, sozial nicht ordentlich flankiert. Das ist falsch. Wir haben beispielsweise das Wohngeld deutlich erhöht. Das war eine ganz wichtige wohnungs- und sozialpolitische Maßnahme. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie das in Ihrer Rede ein bisschen würdigen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das hätte ich mir auch gewünscht!)
Was den sozialen Wohnungsbau betrifft, wäre es mir lieber gewesen, Sie hätten die Schuldigen klar benannt. Der Bund hat die Länder jahrelang finanziert und das Geld für Wohnungsbau brav überwiesen, aber die Länder haben damit ihre Haushalte ausgeglichen.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Jedenfalls keine Wohnungen gebaut! – Max Straubinger [CDU/CSU]: Insbesondere die linksregierten Länder!)
Das ärgert mich; das sage ich Ihnen ganz offen. Ich sage auch: Wir haben diese Mittel auf über 1 Milliarde Euro jährlich verdoppelt. Jetzt muss man abwarten, was passiert, ob und wie die Länder mit dem Geld etwas machen. Man kann nicht einfach noch mehr Geld für die Länder fordern,
(Beifall bei der CDU/CSU)
sondern man muss sich anschauen, ob die Länder jetzt endlich willens und in der Lage sind – manchmal scheitert es auch an der Organisation –, sozialen Wohnraum tatsächlich zu schaffen.
Zum Thema Mietpreisbremse. Ich gebe offen zu, dass mir dieses Instrument, das nicht ganz so marktnah ist, wie man sich das vorstellt, nicht in jedem Punkt gefällt.
(Ulli Nissen [SPD]: Das wundert mich nicht!)
– Ich weiß, dass Sie das nicht wundert.
(Sören Bartol [SPD]: Das wird aber in Bayern total viel angewandt!)
– Der Kollege hat den Hinweis auf Bayern gebracht. – Trotzdem gibt es bei uns Ballungsräume, wo dieses Instrument eine Rolle spielt, auch eine gute Rolle, wie ich meine.
(Ulli Nissen [SPD]: Eine wichtige Rolle!)
Aber ich bin der festen Überzeugung, dass wir jedenfalls zurzeit keinen weiteren Umsetzungsbedarf im Sinne weiterer Auflagen für Vermieter haben. Das ist eine Maßnahme, die wir erst einmal insbesondere mit Blick auf die Auswirkungen auf das Angebot prüfen müssten, um dann darüber zu diskutieren, wie man eine solche Mietpreisbremse sinnvollerweise weiterentwickelt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Kollegin Lay hat die Ausnahmen angesprochen, die wir – im Übrigen nicht nur die CDU; die CSU war an den Ausnahmen auch beteiligt; Sie sollten die Schuldigen dann auch vollständig nennen – durchgesetzt haben.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Da sind Sie auch noch stolz drauf! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja super! Wir hätten gedacht, die CSU gibt es gar nicht mehr! Ich finde, das muss man jedes Mal sagen, dass die CSU auch dabei ist!)
Ich glaube, dass es richtig war, beispielsweise in den Bereichen Neubau und Totalsanierung die Ausnahmen durchzusetzen, um einen Investitionsattentismus zu vermeiden. Das war ganz wichtig. Denn wir wollen beides – die Mietpreisbremse auf der einen Seite und Investitionen auf der anderen Seite –, und nur über diese Ausnahmen kommt man zu dem Ergebnis, dass man beides parallel ermöglichen kann.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulli Nissen [SPD]: Da können wir sogar zustimmen!)
Wir reden zurzeit über steuerliche Sonderabschreibungen. Frau Umweltministerin Hendricks hat es deutlich gesagt: Es geht dabei nicht um Luxusimmobilien. Ich bitte dringend, die Diskussion in dem Zusammenhang zu unterlassen. Denn diese Debatte kann nicht mehr sein als reine Symbolpolitik. Selbst wenn man Luxusimmobilien fördern würde, so – das muss uns doch allen klar sein – macht doch jeder, der in eine neue Immobilie zieht, eine alte frei.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eben der Punkt! Bei den Luxusimmobilien nicht mehr! Weil die Leute sich drei, vier Wohnungen kaufen und in der einzelnen Wohnung jeweils bloß ein paar Monate wohnen! Sie sind überhaupt nicht auf dem sachlichen Stand!)
Mehr Immobilien, egal in welcher Kategorie, führen letzten Endes dazu, dass Wohnungen frei werden, auch für diejenigen, die bezahlbaren Wohnraum suchen.
Wir fördern aber gar nicht Luxusimmobilien. Vielmehr haben wir mittlerweile Kappungsgrenzen, die an die Baukostenrealität angenähert sind. Darum geht es nämlich. Die Annäherung an die Baukostenrealität ist momentan gar nicht so einfach. Im ländlichen Raum liegen die Baukosten, also die reinen Herstellungskosten, bei 2 300 Euro, im städtischen Raum liegen sie bei 2 600 bis 2 700 Euro. Wenn man eine Miete von 7 Euro ansetzt, dann kommt man bei 2 300 Euro Baukosten auf eine Rendite von kaum 3 Prozent.
(Ulli Nissen [SPD]: Da freut sich heute jeder Kunde bei der Bank über 3 Prozent Rendite!)
– Schreien Sie doch nicht so laut! – Davon sind die Bewirtschaftungskosten und anderes noch gar nicht abgezogen. Bei dieser Renditekategorie Investoren zu finden, ist gar nicht so einfach. Das ist nur deshalb möglich, weil das Zinsniveau historisch niedrig ist.
Was mich bei der steuerlichen Sonderabschreibung ein bisschen umtreibt, ist, dass wir die Gebietskulisse nicht zu eng formulieren dürfen und aufpassen müssen, dass wir nicht dort, wo der Wohnungsmarkt schon heiß ist, für Überhitzung sorgen. Das wird zu Verschiebungen weg von den Mittelstädten führen, die in dem Bereich auch ihre Probleme haben. Schließlich gibt es nicht nur beispielsweise in München, sondern auch in den mittleren und kleineren Städten mittlerweile keinen bezahlbaren Wohnraum im erforderlichen Ausmaß mehr.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wenn wir die Gebietskulisse zu eng formulieren, dann werden wir das Gegenteil erreichen. Dann wird es dort, wo es schon brennt, noch heißer, und woanders wird nicht mehr investiert. Deshalb muss man aus meiner Sicht noch einmal vertieft darüber nachdenken, wie man das Ganze so regeln kann, dass es passt.
Ich räume freimütig ein, dass wir uns seitens der Unionsbaupolitiker gewünscht hätten, zu einer undifferenzierten Erhöhung des Abschreibungssatzes auf 3 Prozent zu kommen, weil wir sehen, dass der derzeitige Abschreibungssatz von 2 Prozent nichts mit der Abnutzung im Wohnungsbereich zu tun hat. Ein Haus von heute hat einen hohen Technikanteil. Das heißt, die Abnutzung ist eine andere als noch vor 30, 40 oder 50 Jahren. Das müssten wir aus meiner Sicht auch mit Blick auf die Steuergerechtigkeit sinnvoll abbilden. Ich glaube, dass das im Sinne einer gleichmäßigen Verteilung von Wohnungen tatsächlich der sinnvollere Weg gewesen wäre. Den Rest hätte letzten Endes der Markt geregelt, weil natürlich jeder Investor dort baut, wo eine Immobilie am schnellsten vermietbar ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wo das bisher nicht geschieht und wir an anderen Stellen gebaut haben, war das immer damit verbunden, dass wir durch steuerliche Anreize die Leute dorthin gelockt haben. Ansonsten handeln die Menschen sehr rational und schauen genau, wo Wohnungen vermietbar sind. Fehlanreize zu setzen, das darf und soll uns an dieser Stelle nicht passieren.
Ich will unterstreichen, dass der Union das Thema selbstgenutztes Wohneigentum ein besonderes Anliegen ist. Ein Eigenheim ist gut für die Rente.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Eigenheime sorgen des Weiteren für freie Mietwohnungen.
(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Irrglaube!)
Ich sage Ihnen aber auch aus eigener Erfahrung: Ein Eigenheim eröffnet eine integrationspolitische Chance. Ich bitte, darüber nachzudenken. All diejenigen Migranten, die in meinem Wohnumfeld Wohneigentum kaufen – es gibt genügend, die Immobilien kaufen –, sind anders integriert und lassen sich auf Dauer auch anders integrieren als andere. Darüber sollten wir nachdenken.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben die Wohnungsbauprämie zuletzt 1996 angepasst. Sie hat mittlerweile mit den Einkommensrealitäten und den Kosten nichts mehr zu tun. Deshalb glaube ich, dass das ein wichtiges Handlungsfeld ist.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Gerade in der Niedrigzinsphase!)
Abschließend: Klimaschutz ist ein zentrales, ein wichtiges Thema. Es darf aber nicht zum Investitionshindernis werden. Es bringt dem Klima gar nichts, wenn nicht investiert wird. Das gilt genauso für die Industrie und insbesondere für die Bauunternehmen. Wir müssen dafür sorgen, dass wieder mehr investiert wird. Wir werden daher noch einmal über die Standards im Zusammenhang mit EnEV und EEWärmeG debattieren müssen. Ich fand die Einlassung der Ministerin sehr gut, dass das zusammengeführt werden soll.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich halte es für ganz entscheidend, dass wir bei dieser Gelegenheit noch einmal darüber nachdenken, wie es um die Relation bestellt ist, welche Standards wir obendrauf packen wollen und ob die zusätzlichen Kosten in einem angemessenen Verhältnis zur positiven Wirkung für den Klimaschutz stehen. Vielfach ist das nicht mehr der Fall. Eine solche Grenzbetrachtung ist wichtig. Diese haben wir jahrelang nicht so ausgiebig vorgenommen. Nun sind wir an einem Punkt angelangt, wo wir das tun müssen. Daher fordere ich alle Umweltpolitiker auf, das gemeinsam mit Blick sowohl auf die Ökologie als auch auf die Ökonomie zu machen. Dann kommen wir gemeinsam beim Klimaschutz und beim Bauen weiter.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Christian Kühn ist der nächste Redner für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6677334 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 161 |
Tagesordnungspunkt | Bezahlbares Wohnen und Bauen |