Sylvia JörrißenCDU/CSU - Bezahlbares Wohnen und Bauen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum. Deshalb ist es höchste Zeit, dass die Ergebnisse des Bündnisses da sind. Für Einkommensschwache und die Bezieher mittlerer Einkommen ist es vor allem in den Ballungsräumen oft schwer, eine Wohnung zu finden: für Familien, für Studenten, für Senioren und für Alleinlebende.
Als der Koalitionsvertrag geschrieben wurde, wussten wir nicht, dass sich die ohnehin schon angespannte Situation durch den Zuzug vieler Schutzsuchender weiter zuspitzen würde. Der Bereich Bauen steht daher vor einer noch größeren Herausforderung als erwartet. Wir brauchen etwa 350 000 bis 400 000 neue Wohnungen jährlich. Zumindest so weit sind wir uns hier alle einig. Aber diese Wohnungen müssen, staatlich gefördert, genossenschaftlich und privat gebaut werden. Der soziale Wohnungsbau allein reicht nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir brauchen die Investitionsbereitschaft aller Akteure der Wohnungswirtschaft. Wir müssen auf alle drei Säulen des Wohnungsbaus setzen.
Die Kompensationsmittel des Bundes für den sozialen Wohnungsbau haben wir bereits deutlich aufgestockt: Für die nächsten Jahre haben wir eine Verdoppelung der Mittel auf über 1 Milliarde Euro jährlich beschlossen. Das ist ein wichtiger Faktor, aber das ist eben kein Allheilmittel. Wir müssen jetzt erst einmal in der Praxis sehen, dass die Programme von den Ländern attraktiv ausgestaltet werden und dass mit diesen Milliarden auch tatsächlich gebaut wird.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Alleine mit der öffentlichen Wohnraumförderung kann der Bedarf an Wohnungen bei Weitem nicht gedeckt werden. Wir müssen auch privates Kapital für den Wohnungsbau mobilisieren, und das geht am besten durch steuerliche Förderung. Insofern bin ich froh, dass die Bauministerin und unser Finanzminister eine Lösung für eine Sonderabschreibung gefunden haben. Es soll eine steuerliche Förderung geben, die schnell und genau dort wirkt, wo der Druck auf die Wohnungsmärkte am größten ist.
(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU] – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also erst einmal gibt es nur Mitnahmeeffekte!)
Ich appelliere hier an alle, die am weiteren Verfahren beteiligt sind, diesem Konzept zuzustimmen.
Es gibt jedoch eine Gruppe, die von der steuerlichen Sonderabschreibung nicht profitiert. Das sind die steuerbefreiten Wohnungsgenossenschaften.
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)
Auch diese leisten einen wichtigen Beitrag, gerade bezahlbaren Wohnraum zu realisieren. Genossenschaftliches Wohnen zu stärken, ist als Ziel in unserem Koalitionsvertrag vereinbart
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
und auch ein expliziter Punkt der Wohnungsbau-Offensive.
(Michael Groß [SPD]: Investitionszulage!)
Insofern bitte ich, hier eine Lösung zu finden, Frau Ministerin – ich glaube, sie ist nicht mehr anwesend –, mit der eine vergleichbare Wirkung für Genossenschaften erzielt wird.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Ulli Nissen [SPD]: Unsere Zustimmung! – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Hohn! Erst eine Sonder-AfA machen und das andere auf die lange Bank schieben!)
Ein weiterer Bereich fehlt mir in der Wohnungsbau-Offensive komplett. Ich sprach eingangs von den drei Säulen des Wohnungsbaus. Auf den Mietwohnungsbau und das genossenschaftliche Wohnen bin ich bereits eingegangen. Mir geht es jetzt um das selbstgenutzte Wohneigentum, auf das Kollegin Magwas bereits ausführlich eingegangen ist. Der Bau von Wohneigentum hat die gleiche Wirkung wie der Bau von Mietwohnungen. Durch Umzugsketten wird am Ende auch hierbei Mietwohnraum frei. Darüber hinaus hat er eine weitere wichtige soziale Komponente: Gerade für Normalverdiener und einkommensschwächere Haushalte ist Wohneigentum die wichtigste Form der privaten Altersvorsorge;
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
denn mietfreies Wohnen im Alter bedeutet eine sichere Zusatzrente, und es ist die einzige Form der Altersvorsorge, von der man auch in jungen Jahren schon etwas hat. Bevor jetzt von der Opposition der Einwand kommt, ich würde Klientelpolitik betreiben, sage ich: Mir geht es nicht um eine steuerliche Förderung der Penthousewohnung oder der Arztvilla. Die Wohnungsbauprämie ist ein wichtiges Element gerade zur Förderung der Bezieher niedriger Einkommen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Genau richtig!)
Aber die Einkommensgrenzen sind seit 20 Jahren unverändert. Dies führt dazu, dass allein aufgrund von Lohnerhöhungen, die lediglich zu einem Inflationsausgleich führten, viele Arbeitnehmer aus der Förderung herausgefallen sind, ohne dass sie tatsächlich wohlhabender geworden sind. Hier bedarf es einer Anpassung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Frau Ministerin Hendricks sprach von einer nochmaligen Aufstockung der Kompensationsmittel für den geförderten Wohnungsbau. Frau Ministerin – ich denke, sie wird meine Botschaft erhalten –, bevor Sie den Ländern einen Blankoscheck ausstellen, ohne dass die zweckgebundene Verwendung der ersten Milliarde nachgewiesen wurde, überlegen Sie doch bitte, ob das Geld bei einer Förderung der beiden anderen Säulen des Wohnungsbaus nicht zielführender eingesetzt ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich möchte nicht, dass das Geld nur bei den Ländern ankommt. Ich möchte, dass die Bundesmittel im Wohnungsbau und bei den Menschen ankommen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ein weiterer Punkt ist elementar: Was hilft das beste Bauklima, was nützen die besten Fördermaßnahmen, wenn kein Bauland vorhanden ist, wenn dies ein Nadelöhr darstellt, an dem es nicht weitergeht? Ich habe kürzlich wichtige Akteure aus dem Bereich Bauen in meinem Wahlkreis getroffen, von Architekten über Vertreter von Bauvereinen bis hin zu privaten Investoren. Eine Aussage hörte ich regelmäßig: Wir haben Ideen, aber wir haben keine Grundstücke, um diese zu realisieren. Deshalb ist ein Punkt besonders wichtig: Wir müssen Bauland mobilisieren.
(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Richtig!)
Der Bund geht mit gutem Beispiel voran. Er hat der verbilligten Abgabe von eigenen Liegenschaften bereits zugestimmt. Damit stehen den Kommunen Grundstücke und Liegenschaften mit deutlichen Preisabschlägen unter anderem für die Unterbringung von Flüchtlingen und für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung.
Jetzt sind Länder und Kommunen aufgefordert, Bauland auszuweisen und bereitzustellen, bei der Vergabe Konzeptqualität anstelle des Höchstpreises zu berücksichtigen und die vorhandenen Innenentwicklungspotenziale voranzutreiben. Allerdings: Nur mit Lückenbebauung werden 400 000 neue Wohnungen pro Jahr nicht zu schaffen sein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Noch eine Tatsache erschwert das Bauen: Es ist einfach zu teuer. Denn klar ist: Es wird nur gebaut, wenn eine Wirtschaftlichkeit gegeben ist. Somit ist Wohnen nur dann bezahlbar, wenn auch das Bauen bezahlbar ist. Die Baukostensenkungskommission hat hier gute, konkrete und realisierbare Punkte identifiziert:
Das Normungswesen muss auf den Prüfstand. Was ist sinnvoll? Was treibt nur die Kosten in die Höhe? Kosten- und Praxisaspekte müssen stärker berücksichtigt werden.
Ein weiterer Punkt ist die Energieeinsparverordnung. Hier muss das Ende der Fahnenstange erreicht sein. Mehr dämmen, verursacht nur noch mehr Kosten, steht aber in keinem Verhältnis zum Mehrnutzen.
Nächster Punkt: die Stellplatzverordnung. Berlin und Hamburg haben sie aus gutem Grund bereits abgeschafft. Häufig macht sie einfach keinen Sinn. Wir müssen auf Innovationen setzen und auch beim Bauen mit der Zeit gehen. Modulares und serielles Bauen werden in Zukunft wichtiger werden. Durch die Verwendung von Fertigteilen sind erhebliche Einsparungen möglich, selbstverständlich unter gleichzeitiger Berücksichtigung von baukulturellen Qualitäten.
Wir haben schon viel getan, aber es gibt immer noch viel zu tun. Das Bündnis hat gute Anregungen geliefert. Jetzt geht es an die Umsetzung. Jetzt beginnt die Arbeit.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6677456 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 161 |
Tagesordnungspunkt | Bezahlbares Wohnen und Bauen |