Marina KermerSPD - Personalbemessung in Gesundheit und Pflege
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig und wichtig, hinzuschauen, wenn auf Probleme hingewiesen wird. Das tun Sie in dem von Ihnen vorgelegten Antrag mit Bezug auf einen Fernsehbericht. Das tun auch wir mit Blick auf Ihren Antrag. Im Ergebnis steht man vor einem bunten Mix aus Forderungen. Sieht man sich die Forderungen an, kommt man überwiegend zum Ergebnis: Wo Sie noch fordern, haben wir schon gehandelt.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn das mal so wäre!)
Wir haben im letzten Jahr das Krankenhausstrukturgesetz verabschiedet.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Damit sind die wichtigen und richtigen Weichen für die Zukunft unserer Krankenhäuser gestellt. Deshalb danke ich Ihnen, dass wir in der heutigen Debatte unsere Maßnahmen noch einmal darstellen können. Wir geben den Krankenhäusern erhebliche finanzielle Mittel, um die von Ihnen mit Recht noch einmal dargestellte Personalknappheit zu beenden.
Erstens – das hat auch Herr Riebsamen schon dargestellt – haben wir das Pflegestellenförderprogramm mit bis zu 660 Millionen Euro für drei Jahre aufgelegt. Diese Mittel sind ausschließlich für die Pflege am Bett vorgesehen, nämlich genau dort, wo wir sie brauchen.
Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung von Maria Klein-Schmeink?
Gerne.
Bitte schön.
Frau Kermer, wir sind durchaus bereit, Verbesserungen festzustellen, wenn sie denn da sind. Aber das jetzt aufgelegte Pflegestellenprogramm wird bestenfalls zwei Pflegekräfte zusätzlich pro Krankenhaus bringen. Das wird zu keiner entscheidenden Verbesserung auf den Stationen führen. Das wird wahrscheinlich nicht einmal bemerkbar sein. Das dazugehörige Gutachten, das dann endgültig die Lösung bringen soll, soll 2017 vorliegen. Das heißt, wir werden in dieser Wahlperiode keine entscheidende Verbesserung bei der Pflege im Krankenhaus haben.
(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das ist falsch!)
Eben wurde schon gesagt: In Bezug auf die Altenpflege werden erst 2020 Vorschläge vorgelegt. Gleichzeitig gibt es bei den Beitragssätzen eine Deckelung bis 2022, damit keine zusätzlichen Belastungen entstehen.
Müssen Sie nicht eingestehen, dass Sie heute den Pflegekräften in Deutschland eben nicht sagen können, dass sich ihre Rahmenbedingungen verändert haben und in dieser Wahlperiode entscheidend verbessern werden?
Ihre Bemerkung ist sicherlich richtig, aber aus meiner Sicht nur dann, wenn wir all die anderen Instrumente, die ich heute gerne noch vorstellen möchte, nicht beschlossen hätten. Insofern sollte man abwarten, wie diese Reform mit all den anderen Instrumenten läuft. Ich sehe in der Tat, dass wir mit den dafür zur Verfügung gestellten Millionen strukturelle Möglichkeiten geschaffen haben, in den Krankenhäusern weiter Pflegekräfte einzustellen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Zweitens bekommen die Krankenhäuser auch langfristig auf Dauer noch 500 Millionen Euro jährlich, und zwar über den Pflegezuschlag. Je mehr Personal die Krankenhäuser zukünftig aufbauen, desto höher wird also der Anteil aus dem Pflegezuschlag.
(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Das haben Sie im vergangenen Jahr nicht gehabt? Es ändert sich überhaupt nichts!)
Wir belohnen die Krankenhäuser, die genügend Pflegekräfte beschäftigen. Das sind häufig, aber nicht nur kommunale Krankenhäuser,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
und das sind natürlich auch die Fachbereiche, die einen hohen Personalaufwand haben, wie die Kinderkrankenhäuser. Mit dem Pflegezuschlag soll das Pflegepersonal aufgebaut werden; er ist mit einem wirkungsvollen Stopp für weiteren Personalabbau verbunden.
Drittens haben wir eine Expertenkommission eingesetzt. Die Kommission hat die Arbeit aufgenommen. Aufgabe der Kommission ist es, zu ermitteln, wie Personalkosten besser vergütet werden können. Und glauben Sie mir: Dort wird nicht nur geredet, sondern auch am Thema gearbeitet.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Die Kosten für Pflege werden in der Zukunft noch steigen. Die Menschen werden älter. Damit steigt auch der Bedarf an medizinischer Versorgung, und je älter die Patientinnen und Patienten sind, desto größer ist der Bedarf an Hilfe durch Pflegekräfte. Ja, das haben wir erkannt. Im Krankenhausstrukturgesetz sind die verschiedenen Steuerungsinstrumentarien enthalten. Ihre Forderung ist somit berücksichtigt.
Ebenso haben wir das Hygieneförderprogramm verlängert, weil wir den besonderen Bedarf erkannt haben. Aber die Bekämpfung von sogenannten nosokomialen Infektionen, also den gefürchteten Krankenhauskeimen, kann nicht nur im Krankenhaus erfolgen. Die Erreger sind besonders gefährlich, weil sie nicht mit Antibiotika behandelt werden können. Sie sind resistent. Die steigende Antibiotikaresistenz hängt damit zusammen, dass zu viele Antibiotika verordnet werden. Das ist uns allen bekannt.
Wir begreifen die Krankenhausinfektionen als gesellschaftliches Problem und fordern mehr und bessere Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern, niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und Pflegeheimen und die stärkere Einbindung der Angehörigen.
Ja, es ist richtig, dass auch die Hygiene in Krankenhäusern mit mehr Personal verbessert werden kann. Deshalb wollen wir die Verbesserung der Krankenhaushygiene durch mehr Personal und mehr Geld für die Sicherung von Hygiene. Ihre Forderungen sind im Krankenhausstrukturgesetz enthalten.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Außerdem ist eine grundlegende Neuausrichtung der Krankenhausversorgung eingeleitet worden: Die gesamte stationäre Versorgung haben wir auf neuen Kurs gebracht, nämlich hin zu mehr Qualität. Mehr Qualität wird durch Zuschläge für gute Qualität und Abschläge bei schlechter Qualität erreicht.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ohne Fachkräfte ist alles nichts wert!)
Auch hierzu kann ich sagen: Wir haben die Sorgen der Patientinnen und Patienten gehört und darauf längst mit dem Krankenhausstrukturgesetz reagiert.
Und warum ist uns die Verbesserung der Qualität besonders wichtig? Weil sie vor allem jenen dient, um die es im Gesundheitswesen in erster Linie geht: den Patientinnen und Patienten. Wir stellen sie in den Mittelpunkt und stärken die Patientenrechte. Bevor man sich vertrauensvoll in ein Krankenhaus begibt, soll sich jeder informieren können, wie gut das Krankenhaus ist. Deshalb müssen die Qualitätsberichte der Krankenhäuser transparent und auch für Laien verständlich sein.
Man kann sagen: Qualitätszuschläge bedeuten für alle Krankenhäuser mit guter Qualität auch ein positives Qualitätssiegel. Für mich ist Gleichbehandlung wichtig, egal ob privat, kommunal oder freigemeinnützig. Somit gilt für alle: Wer auf Dauer schlechte Qualität liefert, hat eine Einjahresfrist, um die Mängel abzustellen.
Vor allem geben wir den Ländern damit eine Entscheidungshilfe. Denn sie stellen ihre Krankenhauspläne auf und können zukünftig bei schlechter Qualität Krankenhäuser aus dem Krankenhausplan nehmen. Denn schlechte Qualität ist auf Dauer selbst mit Abschlägen zu teuer und auch nicht zu verantworten.
Unsere wichtigsten Kriterien für die Zukunft eines Krankenhauses sind Versorgungssicherheit und Qualität. Gute Qualität ist nur mit ausreichendem und gut qualifiziertem Personal machbar; auch da stimmen wir mit Ihnen überein. Aus diesem Grund haben wir mit dem Krankenhausstrukturgesetz den Pflegezuschlag eingeführt, das Pflegestellenförderprogramm aufgelegt und – ganz wichtig – die Expertenkommission eingesetzt.
Es gibt Regionen in Deutschland, in denen es zu viele Krankenhäuser gibt. Dagegen gibt es in vielen ländlichen Regionen Gebiete, die genau das gegenteilige Problem haben. Also haben wir den Sicherstellungszuschlag verbessert, sodass Stationen oder Abteilungen weiterarbeiten können, die für die Region wichtig sind, auch wenn sie sich wirtschaftlich nicht rechnen. Mit unserem Krankenhausstrukturgesetz machen wir die Krankenhäuser zukunftssicher.
Wenn ich mir Ihren Antrag sorgfältig anschaue, dann stelle ich fest, dass Ihre Forderungen abgearbeitet sind.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 4 000 Fachkräfte statt der 80 000 notwendigen!)
Deshalb können wir ihn auch mit gutem Gewissen ablehnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin Kermer. – Der nächste Redner in der Debatte: Erich Irlstorfer.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6677690 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 161 |
Tagesordnungspunkt | Personalbemessung in Gesundheit und Pflege |