17.03.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 161 / Tagesordnungspunkt 6

Erwin RüddelCDU/CSU - Personalbemessung in Gesundheit und Pflege

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Gerade in dieser Legislaturperiode haben wir die Qualitätsstandards in der Versorgung besonders in den Mittelpunkt gestellt und haben hier große Fortschritte erreicht. Eine gute Versorgung ist ohne eine gute Pflege nicht möglich. Ich denke, dadurch werden auch die Bedeutung und die Wertigkeit der Pflege besonders in den Mittelpunkt gerückt. Wir haben in Deutschland eine gute Pflege. Ich danke allen Pflegekräften für ihre motivierte und kompetente Arbeit. Ich denke, viele Länder können sich ein Beispiel an der Pflege, die wir in Deutschland anbieten, nehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Bis 2030 wird die Zahl der Pflegebedürftigen um die Hälfte auf etwa 3,5 Millionen Menschen steigen. 2050 sind bereits 4,5 Millionen Pflegebedürftige prognostiziert. Gerade die Altenpflege ist sehr personalintensiv. Durch den demografischen Wandel und die gestiegenen Leistungsangebote werden wir in Zukunft deutlich mehr Pflegekräfte benötigen. Bis hierhin gehe ich mit dem Antrag der Linken einig, aber dann hört die Übereinstimmung auch auf.

Die Frage ist doch: Was müssen wir konkret tun, um Abhilfe zu schaffen? Mit einem Wünsch-dir-was-Katalog kommen wir da nicht weiter. Stattdessen müssen wir uns die Mühe machen, an den verschiedensten Stellschrauben konkret anzusetzen und durch geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, dass sich künftig deutlich mehr Menschen als bisher für die Pflege entscheiden. Das heißt: Wir müssen Anreize schaffen, um die Motivation für den Pflegeberuf zu stärken, um die Ausbildung zu verbessern und um die Arbeitsbedingungen attraktiver zu gestalten. Und genau das tun wir.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der nächsten Wahlperiode!)

Wir senken den Schlüssel für die Betreuungskräfte in der Altenpflege. Wir reduzieren überflüssige Bürokratie und überbordende Dokumentationspflichten.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit habt ihr euch die ganze letzte Legislaturperiode erfolglos beschäftigt!)

Wir reformieren grundlegend den Pflege-TÜV, und wir werden ein neues Pflegeberufegesetz verabschieden. Morgen werden wir bereits die Gelegenheit haben, hier in diesem Haus darüber zu debattieren.

Bereits im letzten Jahr hat die Altenpflege in Deutschland so viele Ausbildungsplätze angeboten wie nie zuvor. Insgesamt standen knapp 29 000 Plätze zur Verfügung. Das ist ein schöner Erfolg für die Ausbildungs- und Qualitätsoffensive in der Altenpflege,

(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Frage ist, warum die jetzt eingestampft wird! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie haben doch eine Antwort gekriegt!)

die gemeinsam von der Bundesregierung, den Arbeitgebern und den Gewerkschaften ins Leben gerufen wurde.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Hilde Mattheis [SPD] – Zuruf von der CDU/CSU: Jawohl! Wichtige Einrichtung!)

Ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass wir bald vermehrt junge Flüchtlinge ausbilden können, zumal gerade die Altenpflege in den letzten Jahren positive Erfahrungen mit der Ausbildung von Menschen aus Drittstaaten gemacht hat. Dabei steht selbstverständlich fest, dass die Beherrschung der deutschen Sprache gerade für den Umgang mit alten und pflegebedürftigen Menschen eine Grundvoraussetzung ist.

Um möglichst viele junge Leute für den ebenso anspruchsvollen wie zukunftssicheren Pflegeberuf zu gewinnen, werden wir das Schulgeld in der Ausbildung abschaffen. Unabhängig davon müssen sich aber auch die Arbeitsbedingungen in der Pflege weiter verbessern. Denn leider gilt nach wie vor, dass gerade viele jüngere Menschen nicht dauerhaft im Pflegeberuf bleiben.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie recht!)

Hier sind zuvörderst die Arbeitgeber in der Pflicht, anständige Tariflöhne zu zahlen, um den Pflegeberuf attraktiver zu machen. Deshalb gilt den Sozialleistungsträgern der Appell, ordentliche Pflegesätze zu vereinbaren, damit die Pflegeeinrichtungen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch angemessen bezahlen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Bei den kommunalen Spitzenverbänden gab es bekanntlich gewisse Begehrlichkeiten mit Blick auf den von uns vorangetriebenen Bürokratieabbau. Die Dividende aus dem Bürokratieabbau steht aber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Pflege zu und kommt auf diese Weise dort an, wo sie hingehört, nämlich bei den pflegebedürftigen Menschen.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre ja noch schöner! Wir reden hier über Beitragsgelder!)

Mit Blick auf Länder und Kommunen füge ich hinzu: Es geht grundsätzlich nicht an, dass die Pflegeversicherung für etwas bezahlt, was bisher von anderen finanziert wurde. Das heißt: Jeder zusätzliche Euro muss am Bett ankommen. Das gilt im Übrigen genauso für die Krankenhäuser. Die in die Fallpauschalen eingestellten Anteile für die Pflege müssen auch genau dort ankommen.

(Beifall des Abg. Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es muss Schluss sein mit der Praxis von Krankenhausverwaltungen, Mittel aus den Pflegetöpfen in Richtung Investitionen umzuleiten, weil sie von Länderseite chronisch unterfinanziert sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch nur ein Teil des Problems! Nicht immer nur auf andere zeigen! Erst mal selber Hausaufgaben machen!)

Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, die Krankenhäuser zu verpflichten, die Mittel für das Pflegepersonal nicht für andere Zwecke zu entfremden. In diesem Sinne braucht die Pflege insgesamt von uns allen einen Schutzschirm. Das bedeutet selbstverständlich auch, dass Mittel zur Erhöhung der Tariflöhne in der Pflege eins zu eins den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugutekommen müssen.

Meine Damen und Herren, mit Blick auf die anstehende Reform der Pflegeberufe werden wir dafür sorgen, dass keiner der drei Pflegebereiche Schaden nimmt, indem wir sicherstellen, dass keine wichtigen Ausbildungsinhalte verloren gehen.

Angesichts der demografischen Entwicklung und der von uns deutlich ausgeweiteten Leistungen in der Pflege können wir es uns umso weniger leisten, potenzielle Kräfte gerade in der Altenpflege zu verlieren. Deshalb wird auch gewährleistet bleiben, dass für Hauptschulabsolventen in Verbindung mit einer abgeschlossenen Ausbildung – beispielsweise einer einjährigen Pflegehelferausbildung – der Zugang zur Ausbildung bestehen bleibt und diese auch erfolgreich nach insgesamt drei Jahren absolviert werden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Da die Pflegeversicherung jährlich bis zu 300 Millionen Euro für die generalistische Ausbildung zusätzlich zur Verfügung stellen soll, werden die Interessen der Altenpflege keinesfalls zu kurz kommen. Denn unsere Aufgabe besteht darin, Versorgungsprobleme zu lösen.

Gestatten Sie mir abschließend noch den Hinweis auf einige wichtige flankierende Maßnahmen, die wir auch mit dem Ziel einer Stärkung der Pflege beschlossen haben:

Künftig haben Senioren und pflegebedürftige Menschen einen verbrieften Anspruch auf einen einheitlichen Medikationsplan und Zugang zu einer spürbar besseren Hospizarbeit und einer flächendeckenden Palliativversor­gung.

Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Palliativ- und Hospizversorgung haben wir außerdem die Voraussetzungen für Verträge zwischen Heimträgern und Ärzten geschaffen. Bislang waren Heimbewohner gerade von fachärztlicher Versorgung häufig abgehängt oder wurden viel zu oft und völlig unnötig in Kliniken eingewiesen, vor allem nachts und an Wochenenden. Zudem werden Zahnärzte künftig häufiger zu Vorsorgeuntersuchungen in Pflegeheime kommen. Wir unterstützen auch den Ausbau der Ärztenetze und machen die Förderung von Praxisnetzen mit den anderen an der Versorgung beteiligten Berufsgruppen und Versorgungseinrichtungen verbindlich.

Das alles verbessert nachhaltig die Versorgung pflegebedürftiger Menschen, entlastet die Pflegekräfte und schafft mehr Zeit für pflegerische Betreuung und menschliche Zuwendung. Darauf kommt es uns besonders an.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Rüddel. – Der Nächste in der Debatte ist Harald Weinberg für die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6677751
Wahlperiode 18
Sitzung 161
Tagesordnungspunkt Personalbemessung in Gesundheit und Pflege
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