17.03.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 161 / Tagesordnungspunkt 9

Christian PetrySPD - Abschlussprüfungsreformgesetz

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Schick hat das gemacht, was er angekündigt hat: Er hat ein Worst-Case-Szenario an die Wand gemalt, das, was alles passieren kann.

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Manchmal ist Große Koalition Worst Case!)

Es wurde das Reich des Bösen beschworen. Das sind in diesem Fall nicht die Banken und Versicherungen, sondern die Prüfer, also diejenigen, die die Banken und Versicherungen prüfen.

(Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Das ist schlimmer noch!)

Wir müssen natürlich aufpassen – die Negativbeispiele sind ja genannt worden –; das ist doch klar. Aber der Gesetzentwurf, der heute vorliegt, beinhaltet Regelungen und Vorschriften, die über den zeitlichen Rahmen hinausgehen. Ich möchte daran erinnern, dass es nun grundsätzlich einen Prüfungsausschuss geben muss; diese Aufgabe kann natürlich auch der Verwaltungsrat übernehmen. Ein Fehlverhalten in diesem Zusammenhang ist jetzt auch strafbewehrt. Es wird nicht wie ein Vergehen, sondern wie ein Verbrechen behandelt und mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet. Es ist auch kein Vergleich möglich. Vielmehr muss man einen Prozess führen, der in der Öffentlichkeit stattfindet; auch das ist eingebracht worden. Es geht also nicht nur um die Laufzeiten.

Allerdings kann man durchaus über sie diskutieren. Wenn man hört, dass es 20 Jahre sind, dann hat man den Eindruck: Das ist natürlich sehr lange. – Aber es darf aufgrund einer ideologisch begründeten Verkürzungspflicht nicht dazu kommen, dass die Prüfleistung schwächer wird. Fritz Güntzler wird nach mir reden; er kommt aus diesem Metier. Natürlich sind Erfahrung und Kenntnis der Unternehmen wichtig, wenn es um eine intensive Prüfung geht. Wenn man es positiv betrachtet, muss man davon ausgehen, dass ein Prüfer, der eine große Sachkompetenz mitbringt, natürlich auch seiner Verpflichtung sehr konkret nachkommen kann, unabhängig und unparteiisch die wesentlichen Merkmale des betreffenden Unternehmens zu prüfen. Dem trägt dieser Gesetzentwurf Rechnung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es sind schon einige Beispiele genannt worden, warum diese Regelungen erforderlich sind, zum Beispiel die HSH Nordbank. Metin Hakverdi hat diesen Fall nicht nur heute vorgetragen, sondern in seiner damaligen Funktion als Mitglied der Hamburger Bürgerschaft bei der Aufarbeitung dieser Sache auch hautnah miterleben können, was da schieflaufen kann. Insoweit ist wichtig, dass die externe Rotation festgeschrieben wird. Der Zeitraum von zehn Jahren ist natürlich ein Kompromiss. Ich habe bei Ihnen, Herr Hirte, ein bisschen Trauer herausgehört; Sie hätten wahrscheinlich gerne ein bisschen mehr gehabt. Aber ich glaube, zehn Jahre sind tatsächlich angemessen.

Dass wir, wenn wir von der Systemrelevanz abrücken, bei großen Unternehmen nun die Zugeständnisse gemacht haben, in dem einen Fall bis 20 Jahre, in dem anderen Fall sogar bis 24 Jahre zu gehen, ist, glaube ich, eine saubere Sache. Hier können wir eine stabile Prüf­ebene einziehen, damit die Prüfer auch ihren Aufgaben gerecht werden können. Wir können ferner die Unabhängigkeit wahren.

Herr Dr. Schick, es ist notwendig, ein Auge darauf zu haben. Es ist auch gut, dass Sie – ich sage es einmal so – das Negativste, was denkbar ist, dargestellt haben; das ist ja Ihre Aufgabe als Opposition. Es ist unsere Aufgabe und die Aufgabe aller, aufzupassen, ein Auge darauf zu haben, Öffentlichkeit herzustellen, etwa in Versammlungen, die Entwicklungen zu beobachten, Kritikpunkte anzusprechen und Fehlentwicklungen festzustellen. Es ist Aufgabe der Prüfer, dies insgesamt entsprechend darzustellen.

Eines muss man aber auch sehen: Wer Regelungen missbrauchen möchte, der kann auch diese Regelung missbrauchen. Wenn nach zehn Jahren Schluss sein soll und 30 Beschäftigte von der Firma A zur Firma B gehen und den gleichen Betrieb mit einer anderen Prüffirma prüfen, dann ist auch dies eine Verlängerung. Das alles wird auch durch diesen Gesetzentwurf nicht ausgeschlossen. Aber ich denke, er ist ein ganz wichtiger Schritt, um mehr Transparenz zu schaffen und die Unabhängigkeit der Prüfungen sicherzustellen. Wir hoffen, dass damit ein Schritt getan ist, die Fehlentwicklungen vergangener Jahre zu minimieren.

Der zweite Punkt – auch er wurde schon genannt – ist das Verbot der aggressiven Steuerberatung. Auch die Verlagerung von Gewinnen ins Ausland ist genannt worden. Selbstverständlich zielen wir auch darauf ab. Herr Professor Hirte hat vollkommen recht: Das ist nur Symptomdoktorei. Natürlich müssen wir international dazu kommen, Steuerschlupflöcher zu schließen, sodass entsprechende Möglichkeiten auch in der Beratung nicht mehr gegeben werden können. Auch daran arbeiten wir. Es ist ja nicht so, dass dieses Thema ein Solitär ist. Es ist ein Gesamtprojekt auf europäischer und internationaler Ebene, Steuerschlupflöcher zu schließen. Wenn dem Prüfwesen im Hinblick auf aggressive Steuerberatung eine Schranke gesetzt wird, dann ist das in Ordnung. Das ist zwar ein Bestandteil, aber nur ein Teil des Gesamtkonzeptes. Dazu gehört natürlich mehr.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich bin natürlich froh, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und den Änderungsanträgen der Regierungsfraktionen einen ausgewogenen Kompromiss erzielt haben. Ich bin mir sicher, dass wir dies in den nächsten Jahren kontrollieren können, und hoffe, dass die Ziele, die wir uns gesteckt haben, nämlich die Stärkung von Stabilität, Transparenz und damit letztlich auch von Verbraucherschutz in diesem Bereich, erreicht werden.

In diesem Sinne: Glück auf!

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als nächster Redner spricht Fritz Güntzler von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6678122
Wahlperiode 18
Sitzung 161
Tagesordnungspunkt Abschlussprüfungsreformgesetz
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