17.03.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 161 / Tagesordnungspunkt 9

Fritz GüntzlerCDU/CSU - Abschlussprüfungsreformgesetz

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute über den Entwurf des Abschlussprüfungsreformgesetzes. In diesem Zusammenhang sollte man noch einmal erwähnen, dass wir im Dezember des letzten Jahres auch das Aufschlussprüferaufsichtsreformgesetz beschlossen haben, sodass die Tätigkeit des Abschlussprüfers, über die wir heute reden und bei der es auf Qualität ankommt, auch in einem Gesamtkontext gesehen wird.

Wir haben die Abschlussprüferaufsicht neu strukturiert und gestärkt, wir haben das Qualitätssicherungssystem bei den Wirtschaftsprüfern und den Abschlussprüfern verbessert, und wir haben die Berufsaufsicht neu geordnet. Von daher muss man, glaube ich, beide Projekte zusammen in den Blick nehmen.

Was machen wir? Wir übernehmen neue und geänderte europäische Vorgaben, die uns über die Abschlussprüferrichtlinie oder die Verordnung gemacht worden sind.

Ich glaube, es ist gut, dass wir uns angucken – das ist auch das Recht des nationalen Parlamentes –, was wir von den Richtlinien tatsächlich übernehmen, ob wir also die Wahlrechte ausüben, und dass wir entsprechende Erwägungen anstellen, wenn die Verordnung Erwägungsaufträge gibt. Aber danach müssen wir als nationaler Gesetzgeber entscheiden, was wir tun wollen. Von daher bin ich grundsätzlich sehr einverstanden damit, dass die Bundesregierung die Eins-zu-eins-Umsetzung gewählt hat.

(Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Haben Sie ja nicht!)

Herr Kollege Schick, Sie haben auf das Grünbuch hingewiesen, das Ausgangspunkt war. Wenn man sich das Grünbuch einmal angeschaut hat – als Berufsangehöriger habe ich das getan –, dann weiß man, dass es danach einen umfassenden Konsultationsprozess gegeben hat, bei dem es Tausende von Eingaben gab.

Lieber Herr Kollege Schick, es waren nicht nur die Big-Four-Gesellschaften, die sich in diesen Prozess eingebracht haben, sondern auch mittelständische Wirtschaftsprüfer, zu denen auch ich gehöre, Adressaten der Jahresabschlüsse und diejenigen, die die Abschlussprüfer beauftragen. Von daher greift es zu kurz, zu sagen, die Entwicklung, die es seit dem Grünbuch gegeben hat, sei alleine darauf zurückzuführen, dass sich die Big-Four-Gesellschaften eingebracht haben.

(Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Aber ganz falsch war es nicht!)

Das Grünbuch hatte die Überschrift „... Lehren aus der Krise“ und die Tendenz, zu sagen, dass die Abschlussprüfer eine erhebliche Mitverantwortung an der Finanzkrise tragen. Diese Behauptung lässt sich nach dem Konsultationsprozess im Zusammenhang mit diesem Grünbuch nicht aufrechterhalten, und sie wird auch nicht besser, wenn sie hier immer wieder – auch von Ihnen – wiederholt wird.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn man sich das genau anguckt, dann sieht man, dass es zwar Einzelfälle gab, die teilweise benannt worden sind, aber im Wesentlichen keine juristischen Konsequenzen, etwa dass Abschlussprüfer für ihr Verhalten zur Verantwortung gezogen wurden, weil es eben gar kein Fehlverhalten gab.

(Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Ja, genau, Ernst & Young usw. hat nicht stattgefunden!)

Um was geht es jetzt? Wir wollen die Qualität der Abschlussprüfung weiter verbessern – nichts ist so gut, dass es nicht noch verbessert werden könnte –, und es geht um die Steigerung der Aussagekraft des Prüfungsergebnisses.

Der Abschlussprüfer – Herr Hakverdi hat auf die Geschichte hingewiesen – ist eingeführt worden, um dem Aufsichtsrat zur Seite zu stehen. Er hat also eine Kon­trollfunktion. Darum ist es gut, dass wir den Prüfungsausschuss gestärkt haben und dass der Prüfungsausschuss zwei Vorschläge für die Wahl des Abschlussprüfers machen muss. Er hat auch die Möglichkeit, Vorschläge zu machen oder zuzustimmen, wenn es um die steuerliche Beratung geht. Der Prüfungsausschuss wurde also gestärkt – und die Kontrollfunktion des Abschlussprüfers dadurch auch.

Es gibt daneben eine Korrekturfunktion des Abschlussprüfers. Erkannte Fehler werden berichtigt. Außerdem gibt es die sogenannte Prophylaxefunktion des Abschlussprüfers. Ein Geschäftsführer, der weiß, dass sein Abschluss geprüft wird, hat die Sorge, dass Fehler erkannt werden und dann vom Kapitalmarkt negativ eingepreist werden könnten.

Schließlich haben wir – ich glaube, das ist hier das Entscheidende – eine Beglaubigungsfunktion des Abschlussprüfers. Er steht als Garant dafür ein, dass der Jahresabschluss einschließlich der Bilanz, der GuV, des Anhangs und des Lageberichts den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Dies kann er nur tun, wenn er unabhängig ist; das ist völlig unbestritten.

Aber mir ist wichtig, auch darauf hinzuweisen, dass die eigentliche Aufgabe des Abschlussprüfers ist, ein Testat über den Jahresabschluss und die Risiken, die dort benannt werden müssen, zu erteilen. Wenn Sie in den Prognosebericht des Lageberichtes gucken, dann sehen Sie, dass der Prognosezeitraum nicht bis in alle Ewigkeiten geht, sodass man nicht sagen kann, dass ein Abschlussprüfer auch das Geschäftsmodell und alle möglichen Geschäftsentwicklungen in der Zukunft beachten muss. Von daher gibt es Grenzen der Aussagekraft des Prüfungsberichtes eines Abschlussprüfers, die meines Erachtens hier in der politischen Diskussion mehrfach missachtet worden sind. Deshalb gibt es diese Erwartungslücke, über die im Berufsstand schon lange diskutiert worden ist. Aus diesem Grunde glaube ich, dass man mit dem Schwarzer-Peter-Spiel aufhören und dem Abschlussprüfer hier nicht die Verantwortung geben sollte. Vielleicht sollte man – das ist auch schon gesagt worden – doch eher den Handelnden, die dazu beigetragen haben, dass wir diese Probleme am Kapitalmarkt gehabt haben, diese Verantwortung zuschreiben.

Die einzelnen Punkte – zum Beispiel die Pflichtrotation – sind angesprochen worden. Es ist gesagt worden, dass wir die Versicherungs- und Kreditwirtschaft bei der Verlängerung der Höchstlaufzeiten herausgenommen haben. Und es ist geschildert worden, welche Probleme bestehen, wenn es einen Prüferwechsel gibt. Ich kann Ihnen aus der Prüferpraxis berichten, dass wir am Anfang bei jeder Prüfung eine erhebliche Lernkurve haben. Es ist natürlich einfacher, wenn man das Unternehmen kennt. Dann wissen Sie ja auch – neue Besen kehren gut, heißt es; aber die alten wissen, wo der Dreck liegt; auch das ist ein altes Sprichwort –, wo man genauer hingucken muss und was getan werden muss. Natürlich gibt es immer die Gefahr der Betriebsblindheit. Die große Zahl der Wirtschaftsprüfer aber, die ich kenne, wissen, dass sie – auch nach vielen Jahren – weiterhin den Grundsatz der Unabhängigkeit wahren müssen.

Ich will auch darauf hinweisen, dass der Aufsichtsrat oder die Gesellschafterversammlung nach wie vor frei sind, den Abschlussprüfer vorher zu wechseln. Wir haben ja nicht die mehrjährige Bestellung eingeführt, sondern es ist nach wie vor erforderlich, dass der Abschlussprüfer jährlich bestellt wird. Von daher kann er jederzeit, wenn das für notwendig erachtet wird, gewechselt werden.

Ich möchte eine letzte Bemerkung zu den prüfungsfremden Beratungsleistungen machen. Meine Damen und Herren, Sie beschreiben hier die Risiken, die darin bestehen, dass man Beratungsleistungen – sei es in der Steuerberatung, sei es in der Bewertung – erbringt. Zunächst einmal weise ich darauf hin, dass es ein Selbstprüfungsverbot gibt. Also, wenn es weitergehend ist, darf man sich gar nicht prüfen. Ich sage Ihnen aber: Teilweise ist es besser, die Beratung selber durchzuführen. Dann weiß man, was im Unternehmen umgesetzt wird. Das ist besser, als andere externe Berater zu haben, die nicht an die Wirtschaftsprüferordnung oder andere berufsrechtliche Aufsichtsregeln gebunden sind und dann alles machen, was sie sich vorstellen können. Als Wirtschaftsprüfer muss man erst einmal dahinterkommen, was da möglich ist. Der Wirtschaftsprüfer, wenn er denn steuerlich tätig ist, ist immer gehalten, auch in diesem Umfeld die Vorschriften der Wirtschaftsprüferordnung und andere Vorschriften einzuhalten. Von daher sollten Sie, Herr Schick, nicht so viele Sorgen haben, was den Abschlussprüfer bzw. Wirtschaftsprüfer angeht. Das ist ein lauterer Beruf; das sind gute Leute, die ihren Job sehr verantwortungsvoll machen.

Ich glaube, wir schaffen hier eine gute gesetzliche Grundlage. Es wäre schön, wenn Sie zustimmen könnten, Herr Schick.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. – Als letzter Redner in der Debatte hat Volker Ullrich das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6678174
Wahlperiode 18
Sitzung 161
Tagesordnungspunkt Abschlussprüfungsreformgesetz
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