17.03.2016 | Deutscher Bundestag / 18. EP / Session 161 / Tagesordnungspunkt 9

Volker UllrichCDU/CSU - Abschlussprüfungsreformgesetz

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir entscheiden heute über das Recht der Abschlussprüfer. Es geht um die Frage: Wie werden die großen Unternehmen, die Banken und die Versicherungen durch Wirtschaftsprüfer kontrolliert? Das ist keine triviale und leichtzunehmende Frage, sondern es geht im Kern um über 1 000 Unternehmen. In dem Zusammenhang geht es darum, wie Wirtschaftsprüfer diese Unternehmen testieren und damit eine wichtige Währung, nämlich Vertrauen in unsere Wirtschaftsordnung, sichern.

Dieses Vertrauen ist in der Tat in Teilbereichen erschüttert worden. Darüber brauchen wir nicht zu debattieren. Gerade im Bereich der Banken bzw. der Finanzwirtschaft sind Fälle zutage getreten, wo Wirtschaftsprüfer nicht ordentlich prüfen konnten oder wollten. Deswegen hat die Europäische Union mit dem Grünbuch einen Prozess eingeleitet, das Recht der Abschlussprüfer zu reformieren. Sie hat den Mitgliedstaaten durch eine Richtlinie die Möglichkeit gegeben, eigenständige rechtliche Regelungen zu schaffen. Diese rechtlichen Regelungen treffen wir heute. Und ich meine, wir treffen sie gut.

Einerseits wird Vertrauen in die Branchenkenntnis – dabei geht es um die Frage, wie der Prüfende das prüfende Unternehmen kennt – sichergestellt. Andererseits wird durch Rotation bzw. Wechsel des Abschlussprüfers sichergestellt, dass keine Betriebsblindheit entsteht. Deswegen sind bei Banken und Versicherungen zwingend nach zehn Jahren, bei anderen Unternehmen zwingend nach 20 Jahren die Wirtschafts- und Abschlussprüfer zu wechseln.

Das bedeutet aber nicht, dass ein Wechsel vor der Zeit nicht möglich ist. Der Aufsichtsrat und sogar schon Minderheitsgesellschafter können jederzeit einen Wechsel der Abschlussprüfer erzwingen. Das ist gelebte Subsidiarität. Der Staat sollte den Unternehmen nicht per se vorschreiben, wann sie zu wechseln haben. Das ist unternehmerische Entscheidung.

(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Richtig!)

Wir geben eine Maximalgrenze vor. Ich glaube, die ist gut gewählt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte auch erwähnen, dass wir mit diesem Gesetzentwurf eine besondere Regelung für unsere kleineren Banken, für Sparkassen und Genossenschaftsbanken, beibehalten.

(Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Das stimmt!)

Diese bekommen nämlich die Möglichkeit, dass sie durch ihre eigenen Verbände geprüft werden. Wer festgestellt hat, dass sich in der Finanzkrise Sparkassen und Genossenschaftsbanken eher mustergültig verhalten haben, der weiß, dass sich dieses System bewährt hat und dass wir deswegen die Prüfung durch die Genossenschafts- und Sparkassenprüfungsverbände zu Recht beibehalten.

Ich will aber nicht verhehlen, dass zwei Probleme bleiben. Das erste Problem ist, dass im Bereich der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durch die Marktmacht von insgesamt vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften tatsächlich ein Oligopol besteht. Überall dort, wo Marktmacht entsteht, muss Marktmacht begrenzt werden; das ist gar keine Frage. Aber das richtige Instrument zur Bekämpfung von Marktmacht ist nicht allein das HGB, das nur das Wie der Prüfung regelt, sondern das ist das Kartellrecht. Deswegen muss das Kartellrecht überall dort, wo Marktkonzentrationen nicht mehr rechtmäßig sind, angewandt werden. Das ist die viel bessere Möglichkeit, in diesem Bereich gegen Marktmacht vorzugehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der zweite Aspekt betrifft die Struktur der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Es beinhaltet ein gewisses systemisches Risiko, wenn auf der einen Seite innerhalb der gleichen Gesellschaft geprüft wird und auf der anderen Seite Steuerberatungs-, wirtschaftsberatende und rechtsberatende Leistungen erbracht werden. Wir können aber heute mit diesem Gesetzentwurf diese Struktur von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nicht ändern, weil wir dazu eine europa-, vielleicht sogar eine weltweite Regelung bräuchten. Diese Themen müssen die OECD und die EU regeln.

Wir müssen uns auch überlegen, ob es mit dem Eigentumsgrundrecht und mit der unternehmerischen Freiheit tatsächlich in Einklang zu bringen ist, dass wir Gesellschaften bis ins Detail vorschreiben, wie sie sich aufzustellen haben. Das ist ein Prozess, über den wir noch zu reden haben. Aber dass wir aggressive Steuervermeidungsstrategien nicht ausblenden und damit nicht zulassen, dass Unternehmen, die ein anderes Unternehmen mit Blick auf Steuervermeidung beraten, genau dieses Unternehmen dann auch noch prüfen, ist ein wichtiger Fortschritt. Deswegen kann ich Ihnen heute empfehlen, diesem guten Gesetzentwurf zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

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Electoral Period 18
Session 161
Agenda Item Abschlussprüfungsreformgesetz
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