17.03.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 161 / Tagesordnungspunkt 13

Günter BaumannCDU/CSU - Rechtshilfeübereinkommen mit Tschechien

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Grundbedürfnis der Menschen ist es, in Sicherheit zu leben. Der Staat hat für eine ausreichende Sicherheitsarchitektur zu sorgen. Dazu gehört natürlich – Kollegin Mittag, da sind wir der gleichen Meinung – eine personell und finanziell gut ausgestattete Polizei im Bund und in den Ländern im Zusammenspiel mit allen anderen Sicherheitsbehörden.

Leider mussten wir in den letzten Jahren einen Anstieg der Kriminalität auf den verschiedensten Gebieten feststellen. Die Politik war in besonderer Weise gefordert, hierauf zu reagieren. Wir dürfen der Kriminalität aber in keiner Weise nachgeben. Der Staat muss das Gewaltmonopol in seinen Händen behalten und mit allen Mitteln verteidigen.

Ein besonderes Problem ist – es ist bereits genannt worden – die Kriminalität im grenznahen Raum. Hier mussten wir in den letzten Jahren an der Grenze zu Tschechien, speziell in Gemeinden in Bayern und in Sachsen, einen Anstieg der Kriminalität feststellen. Den Menschen ist es vollkommen egal, wer für Sicherheit sorgt, ob Landespolizei, Bundespolizei oder Zoll. Sie wollen einfach sicher leben, und wir haben dafür zu sorgen.

Ich möchte deutlich sagen: Offene Grenzen von Deutschland zu Tschechien und auch zu Polen sind ein Zugewinn an Freiheit. Natürlich brachte die Öffnung der Grenzen einen Anstieg grenzübergreifender Kriminalität mit sich, der wir uns stellen müssen. Zahlreiche Beispiele aus den Grenzregionen wie Wohnungseinbrüche, Autodiebstähle, Diebstähle von Baumaschinen und Traktoren verunsichern die Bevölkerung. Die Menschen sagen: Der Staat muss hier handeln.

Als ein konkretes Beispiel möchte ich auf den erheblichen Anstieg bei den Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz eingehen; der Staatssekretär sprach bereits davon. Allein im Bereich der Bundespolizeidirektion Pirna, das heißt im Bereich des sächsisch-tschechischen Grenzgebietes, haben wir im letzten Jahr 6 475 Fahndungstreffer gehabt. Das ist schon erheblich. Auch das ist nur die Spitze des Eisberges. Wir wissen inzwischen, dass in tschechischen Drogenküchen zum Beispiel 2013 für den deutschen Markt 11 Tonnen Crystal Meth produziert wurden. Die deutschen Behörden haben es mit all ihren Möglichkeiten geschafft, davon 77 Kilogramm, also nur unter 1 Prozent, aufzugreifen. Meine Schlussfolgerung daraus ist: Die Zusammenarbeit von Bundespolizei, sächsischer und bayerischer Landespolizei, deutschem Zoll, tschechischer Polizei und tschechischem Zoll muss verstärkt und qualitativ verbessert werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Vertrag von 2000 regelt einiges. Ich sage Ihnen auch, dass in der Praxis vieles gemacht wird, was vertraglich gar nicht komplett geregelt ist, was die Kollegen auf beiden Seiten der Grenze aus ihrer Not heraus aber einfach durchführen. Dazu nenne ich einige Beispiele: Es gibt bereits gemeinsame Streifen, turnusmäßig gemeinsame Arbeitsbesprechungen, gemeinsame Schwerpunkt­einsätze, wenn die entsprechenden Erkenntnisse vorliegen, und einen Austausch von Daten und Informationen.

Der Vertrag aus dem Jahr 2000 – das ist bereits gesagt worden – stammt aus der Zeit vor dem Eintritt Tschechiens in die EU und vor dem Wegfall der Grenzkontrollen im Jahr 2007 und muss auf den Prüfstand gestellt und überholt werden. Darüber hinaus war es Ziel der Verhandlungen, den Zoll vollständig in die grenzüberschreitende Bekämpfung der Kriminalität mit einzubeziehen.

Wir beraten heute in zweiter und dritter Lesung einen neuen deutsch-tschechischen Polizeivertrag für eine noch effektivere Zusammenarbeit der Polizei-, Grenz- und Zollbehörden beider Länder. Wir sind froh, dass dieser Vertrag zustande kam. Es gibt auch ein Gemeinsames Zentrum der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzu­sammenarbeit Petrovice-Schwandorf.

Der Vertrag ist die Grundlage für die Verbrechensbekämpfung im Bereich der 646 Kilometer langen Grenze. Er umfasst Informationsaustausch, gemeinsame Streifen, Maßnahmen in Gefahrensituationen, Austausch von Verbindungsbeamten, operative Ermittlungsgruppen, Zusammenarbeit bei der Aus- und Fortbildung und die grenzüberschreitende Nacheile, die entscheidend ist, sowie das Gemeinsame Zentrum für Polizei und Zoll.

Entscheidend ist, dass mit Umsetzung des Abkommens die Zusammenarbeit verbessert wird und ein Handeln auf dem jeweils anderen Hoheitsgebiet möglich ist. Ob organisierte Kriminalität, Drogenkriminalität, Schleusungen, illegale Flüchtlingsströme, Rauschgiftdelikte, Diebstähle oder Einbrüche: Der Vertrag schafft neue Grundlagen für eine effektivere grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Mit dem Polizeivertrag mit Tschechien werden wie bereits mit dem Polizeivertrag mit Polen, den wir im letzten Jahr verabschiedet haben, neue Handlungsspielräume für Polizei und Zoll eröffnet. Dies ist ein weiterer wichtiger Baustein für unsere Sicherheitsarchitektur – ich betone: ein Baustein; wir brauchen noch wesentlich mehr –, und die Bürger erwarten dies von uns.

Herr Präsident, ich sehe es hier leuchten. Deswegen mein letzter Satz: Ich möchte in dieser Debatte die Gelegenheit nutzen, mich bei den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten und bei den Zöllnern auf allen Seiten – Sachsen, Bayern, Bund und Tschechien – ganz herzlich für ihre Arbeit zu bedanken, die sie jeden Tag für uns alle leisten.

Herzlichen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6678753
Wahlperiode 18
Sitzung 161
Tagesordnungspunkt Rechtshilfeübereinkommen mit Tschechien
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