Dieter StierCDU/CSU - Zukunftsfähige Hühnerhaltung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Besuchertribüne! Zukunftsfähige Rahmenbedingungen zu setzen, damit sich Hühnerhaltung und Tierhaltung insgesamt gut entwickeln können, ist unser aller Ziel. Wir alle wollen die Praxis des Tötens von männlichen Eintagsküken schnellstmöglich beenden.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum tun Sie denn nichts!)
Mit Ihren Anträgen greifen Sie, geschätzte Vertreter der Opposition, ein Thema auf, dessen Problematik die Koalition, allen voran unser Bundesminister Christian Schmidt, längst erkannt hat.
(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das reicht aber nicht! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der macht aber nichts! Der kündigt nur an!)
Seit Monaten treibt sie die notwendigen Tierschutzlösungen erfolgreich und unbeirrt voran. Dass wir das Töten männlicher Küken nicht hinnehmen werden, daran haben wir von Beginn an keinen Zweifel gelassen
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie lassen es aber weiter zu!)
und haben ohne zu zögern die notwendigen Maßnahmen eingeleitet, um diese Praxis künftig zu beenden,
(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann wird was beendet?)
weil sie nicht zeitgemäß ist – auch aus tierethischen Gründen. Es ehrt Sie, sehr geehrter Herr Minister Remmel, dass Sie extra aus Nordrhein-Westfalen nach Berlin reisen, um hier im Hohen Haus vorzutragen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist es allemal wert!)
Ihren Weg zum Ziel teile ich allerdings nicht. Tierwohl verbessern geht nicht mit der Brechstange und nicht mit Verboten, sondern nur gemeinsam mit den Tierhaltern und praxisgerechten Lösungen, sonst verlagern wir die Tierhaltung ins Ausland.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Im Grünenantrag steht, dass Brütereien, die Sie übrigens abschätzig als „Geflügelindustrie“ beschreiben, alle männlichen Küken grundlos, also ohne vernünftigen Grund, in den Tod schicken würden.
(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Hier bitte ich Sie, bei der Wahrheit zu bleiben. Auch wenn es uns schwerfällt, meine Damen und Herren: Rechtlich gesehen liegt der vernünftige Grund vor,
(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn der Grund?)
den unser Tierschutzgesetz fordert. Wer hier das Kükenschicksal instrumentalisiert, um die Brütereien in unserem Land,
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn der Grund? Sagen Sie uns doch mal den Grund!)
die sich an Recht und Gesetz halten, zu kriminalisieren, der geht aus meiner Sicht den falschen Weg.
(Beifall bei der CDU/CSU – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo genau ist denn jetzt der Grund?)
So schwierig sich die Situation auch darstellt: Die Brütereien handeln nicht rechtswidrig. Diese Feststellung ist mir persönlich wichtig.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann ändern Sie das Recht! Dann ändern Sie es!)
Es ist gut, Herr Remmel, dass Sie das selbst erwähnt haben. Das Verwaltungsgericht Minden hat deshalb Ihren Erlass aus dem Jahr 2013 kassiert, und ich bin froh, dass auch das Landgericht Münster in der vergangenen Woche die Eröffnung eines Hauptverfahrens aufgrund einer Anzeige gegen eine Brüterei aus Ihrem Bundesland abgelehnt hat. Beide Gerichte haben Sie damit zurück auf den Boden des Rechtsstaates geholt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, weil Sie das Gesetz nicht ändern! Das ist doch das Problem!)
Nicht mit Schuldzuweisungen, sondern nur mit einer klugen Lösung kommen wir bei diesem sensiblen Thema weiter. Schauen wir uns nun die Lösungen an: Wir setzen hier auf die Methode, die derzeit machbar und auch zeitnah umsetzbar erscheint. Das ist die Geschlechtsbestimmung am befruchteten Hühnerei. Je früher das Geschlecht bestimmbar ist, desto eher kann das Ausbrüten männlicher Küken verhindert werden. Doch dazu bedarf es auch moderner Technik und Praxisreife, wofür Forschungsarbeit nötig war und auch noch nötig ist. Genau dort haben wir mit unserer Förderung angesetzt. Um die Praxisreife weiter voranzutreiben, sind letztes Jahr Zuwendungsbescheide von über 1 Million Euro vergeben worden. Sie haben ihren Ursprung direkt in der Tierwohl-Initiative des Ministeriums. Insgesamt sind sogar über 3 Millionen Euro in die Erforschung eines geeigneten Verfahrens geflossen.
Herr Kollege, Frau Kollegin Haßelmann hätte den Wunsch einer Zwischenfrage. Wollen Sie diese zulassen?
Bitte schön, Frau Kollegin Haßelmann.
Bitte schön, Frau Kollegin.
Vielen Dank, Herr Präsident. Vielen Dank auch Ihnen, Kollege Stier. – Meine Frage an Sie ist folgende: Wenn Sie als Koalition das Problem erkannt haben, wie Sie gesagt haben – Sie haben ja gerade auch noch den Minister genannt –, warum legen Sie dem Deutschen Bundestag keine gesetzliche Initiative im Bereich des Tierschutzgesetzes vor? Sie wissen ja ganz genau, wo der Fall, die dramatische Situation, die Herr Remmel beschrieben hat, zu regeln wäre. Warum legen Sie also dem Bundestag keinen Gesetzentwurf vor, wenn klar ist, dass das Töten von männlichen Küken sofort abgestellt werden kann, und wenn Sie der gleichen Auffassung sind wie wir, dass das eigentlich ein untragbarer Zustand ist?
Liebe Frau Kollegin, dazu kann ich Ihnen ganz kurz entgegnen, dass diese gesetzliche Lösung nicht erforderlich ist, weil sie automatisch greift, wenn das Verfahren praxisreif ist. Mehr will ich dazu gar nicht sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das denn für eine Logik? – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was für ein Verfahren?)
Wir werden dann, meine Damen und Herren – ich bin zuversichtlich, dass das zeitnah sein wird –, einen Prototyp für das Gerät haben, der das Geschlecht im nur drei Tage bebrüteten Ei bestimmen und die Eier entsprechend automatisch sortieren kann. Sobald das Gerät auf dem Markt verfügbar ist, steht einer serienmäßigen und flächendeckenden Anwendung seitens der Wirtschaft nichts mehr im Wege. Für uns heißt das: Das Töten männlicher Küken hat dann endlich ein Ende.
Als Alternative zu dieser Kükentötung gibt es weiterhin das Zweinutzungshuhn, also Kreuzungszuchtlinien oder Rassen, bei denen beide Geschlechter aufgezogen werden. Ich habe hier mehrfach auf die Initiative Bruderhahn hingewiesen. Maximalerträge, meine Damen und Herren, sind damit aber nicht zu erreichen, und genau darin liegt das große Dilemma. Hinzu kommt: Hähnchenfleisch und Eier sind hierbei wesentlich teurer. Dennoch haben wir uns auch diesem Ansatz nicht verschlossen und in die Forschung zur Zucht des Zweinutzungshuhnes 1,8 Millionen Euro fließen lassen.
Wie Sie also sehen können, beschreiten wir gleich mehrere Wege. Trotzdem bleibt im Falle des Zweinutzungshuhnes künftig gerade auch der Konsument gefordert, nicht nur obligatorische Lippenbekenntnisse zum Tierschutz abzugeben, sondern auch einen höheren Preis zu akzeptieren.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Der Ausstieg aus der Kükentötung ist beschlossen,
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist beschlossen? Nicht im Bundestag! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht im Bundestag!)
das technische Verfahren hierzu ist auf dem besten Wege, und die Zielstellung, es 2018 erstmals im Markt zu etablieren, ist unumkehrbar.
Meine Damen und Herren, wir haben die letzte Sitzungswoche vor Ostern. Jedes Jahr zu dieser Zeit stellen Sie hier Anträge zu Hasen, Eiern und Geflügel und wollen damit das Thema emotional besetzen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, weil Sie nichts tun! Das ist immer gleich! Das ist Ihr Problem! – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Es geht um Hühner und nicht um Hasen!)
Das ist Ihre Strategie.
(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir werden nächstes Jahr wieder einen Antrag stellen, weil Sie nichts tun!)
Wir arbeiten lösungsorientiert.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, jedes Jahr aufs Neue!)
In diesem Sinne lade ich Sie zu einer lösungsorientierten Mitarbeit ein, und ich wünsche Ihnen schon heute von diesem Pult ein frohes Osterfest.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6678818 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 161 |
Tagesordnungspunkt | Zukunftsfähige Hühnerhaltung |