17.03.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 161 / Tagesordnungspunkt 15

Helmut BrandtCDU/CSU - Änderung des Bundeswahlgesetzes

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Damit es besser verständlich ist: Wir reden jetzt über den Zuschnitt der Wahlkreise bei der nächsten Bundestagswahl. Wie in jeder Legislaturperiode wird der Deutsche Bundestag über Änderungen der Bevölkerungszahlen im Wahlgebiet unterrichtet. In dem Bericht legt die Wahlkreiskommission dar, ob Änderungen im Zuschnitt und in der Einteilung der Bundeswahlkreise notwendig sind, damit die Bevölkerungszahl eines Wahlkreises nicht zu stark von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl in den übrigen Wahlkreisen abweicht.

Das Bundeswahlgesetz sieht vor, dass dort, wo die Bevölkerungszahl eines Wahlkreises um mehr als 15 Prozent von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl der Wahlkreise abweicht, eine Neuabgrenzung vorgenommen werden soll. Beträgt der Abweichungsgrad sogar 25 Prozent oder mehr, muss eine Neuabgrenzung vorgenommen werden. Damit soll gewährleistet werden, dass die Stimmen tatsächlich gleichwertig gewichtet werden.

Um die Einschnitte in den betroffenen Wahlkreisen so gering wie möglich zu halten, haben wir uns mit unserem Koalitionspartner, letztlich aber auch mit den übrigen Fraktionen dahin gehend verständigt, möglichst schonend und den bisherigen Bestand schützend vorzugehen. Kleinere Änderungen nehmen wir in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Hamburg, Brandenburg und Baden-Württemberg vor. Die gravierendsten Änderungen, die wir im Zuge der Wahlkreisneueinteilung vornehmen müssen, betreffen die Länder Thüringen und Bayern.

Die Anzahl der Wahlkreise eines Bundeslandes muss nach dem Bundeswahlgesetz dem Anteil der Einwohnerzahl dieses Landes an der Gesamtbevölkerung Deutschlands entsprechen. Das ist in Thüringen nicht mehr der Fall. Nach den Bevölkerungszahlen, und zwar den gesicherten vom 31. Juli 2015, die uns erst seit drei Wochen vorliegen, steht nun fest, dass das Bundesland Thüringen einen Wahlkreis abgeben muss. Im Gegenzug erhält Bayern aufgrund seines Bevölkerungszuwachses einen Wahlkreis zusätzlich. Dieser wird im Südwesten des Regierungsbezirks Oberbayern angesiedelt und gehört im Wesentlichen zum sogenannten Speckgürtel von München.

Richtig ist, dass die Wahlkreiskommission in ihrem ersten Bericht noch davon ausging, dass Hessen einen Wahlkreis abgeben muss. Dass es jetzt Thüringen trifft, hat nicht nur bei den betroffenen Abgeordneten zu Irritationen geführt. In der Presse war gar zu lesen, unser Bundesinnenminister de Maizière hätte die Wahlkreiskommission um einen ergänzenden Bericht auf Basis neuerer Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung gebeten, um so Hessen vor einem Verlust des Wahlkreises zu schützen. Ich will hier klarstellen: Das ist kompletter Unsinn.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir, die Berichterstatter der Fraktionen, wurden bereits im Oktober 2015 vom Bundeswahlleiter informiert, dass sich die Bevölkerungszahlen im Laufe der nächsten Monate voraussichtlich zuungunsten Thüringens noch verschieben werden. Auch wenn die Zeit drängt – die Vorbereitungen für die Bundestagswahl 2017 beginnen ja in diesen Tagen –, so haben wir uns dennoch gemeinsam entschlossen, so lange wie möglich zu warten, um einen Gesetzentwurf auf der Grundlage gesicherter Zahlen einbringen zu können. Dieses Verfahren ist üblich, aber auch notwendig. Denn die im Gesetzentwurf enthaltenen Veränderungen müssen nicht nur zum Zeitpunkt seiner Verabschiedung, sondern – das ist das Entscheidende – auch noch in einer Zukunftsperspektive, zum Zeitpunkt der Bundestagswahl, den Vorgaben des Bundeswahlgesetzes entsprechen. Nur so können wir gewährleisten, dass die Bundestagswahl 2017 eine verfassungsgemäße ist. Daran müssen wir alle interessiert sein.

Ich bedaure die Entwicklung für Thüringen. Weder Einwohner noch Bundestagsabgeordnete sind glücklich, wenn sich ihr Wahlkreis verkleinert oder gar auflöst. Änderungen im Zuschnitt der Wahlkreise oder der Verlust eines Wahlkreises bedeuten immer einen teils nicht unerheblichen Eingriff in bestehende Strukturen. Das haben wir besonders in den Gesprächen auch mit den bayerischen Kollegen erlebt. Gestern war noch eine Delegation aus Bayern da und hat dies noch einmal plastisch deutlich gemacht. Deshalb haben wir uns – ich sagte es vorhin schon – entschlossen, die Eingriffe so minimalinvasiv wie möglich zu halten.

Nach dem Bundeswahlgesetz und den Zahlen, die uns vom Büro des Bundeswahlleiters übermittelt wurden, besteht jedoch Handlungsbedarf. Lassen Sie mich an dieser Stelle eines ganz deutlich sagen: Ob ein Bundesland und, wenn ja, welches einen Wahlkreis abgeben muss, ist keine Frage eines politischen Ermessensspielraums, sondern vielmehr das Ergebnis von Berechnungen, die die Wahlkreiskommission vorgenommen hat. Das haben wir, das Parlament, aber auch die Regierung natürlich zu beachten. Da besteht auch keine Einwirkungsmöglichkeit.

Alles in allem haben wir, glaube ich, eine gute, tragfähige Lösung gefunden. Lassen Sie mich, Herr Präsident, zum Schluss noch ein Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wahlkreiskommission sagen, die uns während des gesamten Prozesses hervorragend begleitet haben und immer unsere Fragen beantworten konnten. An dieser Stelle, wie gesagt, ein herzliches Dankeschön.

Ihnen danke ich für Ihre Aufmerksamkeit. Besten Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Frank Tempel, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6678835
Wahlperiode 18
Sitzung 161
Tagesordnungspunkt Änderung des Bundeswahlgesetzes
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine